Es wäre für mich etwas tolles, wenn mir der eigene Hund etwas bieten kann, was mir ein zutraulicher Hund in der Stadt nicht bieten kann.
Du hast eine seltsame Vorstellung von "dir etwas bieten" .
Also erstmal, sind Fremdhunde fremde Hunde und nicht deine. Bindung zum eigenen Hund und damit das, was dein Leben bereichert, wächst, braucht Arbeit und wachsendes Verständnis für das Individuum, das du vor dir hast.
Ich hab zum Teil widerwärtig menschenfreundliche Hunde. Die begrüßen, lassen sich streicheln usw. Versuch mal irgendeinen von denen, mitzunehmen. I dare you. Solange ich nämlich nicht mein Okay dazu gebe, funktioniert das nur mit Gegenwehr. Gebe ich mein Okay, gehen sie hingegen mit. Das macht vieles, vieles einfacher für die Hunde und für mich.
Sind sie in Fremdbetreuung, kann ich am Telefon zur Betreuungsperson sagen, dass ich sie gleich abholen komme: Die rennen zur Tür und wenn sie könnten, würden sie sich auch alleine auf den Heimweg begeben. Die Nasen leiden dort nicht. Die spielen oder pennen, sind generell entspannt.
Aber nichtsdestotrotz ist zu Hause eben zu Hause und auch wenn sie andere Menschen mögen, bin ich dennoch Hauptbezugsperson. Wir haben die stärkste Bindung.
Eine meiner Hündinnen kann ich hingegen nur dann anderen mitgeben, wenn das Rudel mitkommt und auch dann kann mit ihr keiner außer mir Gassi. Sie kann nur doppelt und dreifach gesichert (und so muss sie im übrigen angezogen bleiben), zum Lösen auf die Terrasse. Alles andere traut sich kein Mensch zu, denn sie erwürgt sich beim Versuch, zu mir zu kommen. Koste es, was es wolle. Dass sie überhaupt "abgegeben" werden kann - das hat 4 Jahre gedauert. Vorher hätte sie sich nämlich auch durch Wände gefressen.
Die Vorstellung, dass der Hund nur auf dich fixiert ist und nur dich toll findet - die ist in der Realität für Mensch und Hund extrem belastend. Etwas aufgeschlossenere Hunde sind deswegen trotzdem nicht wahllos darin, mit wem sie mitgehen.
Auf was bezieht sich das? Der Jagttrieb ist in den seltensten Fällen erwünscht. Ein Paar Ecken und Kanten hat jeder Hund, und das gehört für mich auch einfach dazu.
Ja, ein paar Ecken und Kanten und grundlegendes Training ist aber das eine.
Sich bewusst für Rasseeigenschaften zu entscheiden, die nicht ins Leben passen, nicht in den Alltag passen, und dann versuchen, diese grundlegenden, genetisch veranlagten Eigenschaften aus dem Hund rauszutrainieren - das ist etwas vollkommen anderes.
Es heißt: Man kann sich das Leben auch schwer machen.
Entscheidet man sich für einen Hund, der schlichtweg nicht passt, macht man sich aber nicht nur selbst das Leben schwer. Man macht es auch dem Hund unfassbar schwer, weil er etwas leisten soll, was er nicht leisten kann.
Per se habe ich nichts gegen einen ständigen Begleiter. Ich denke, dass ich dem Hund jetzt und auch in Zukunft täglich mehrere zumindest einstündige Spaziergänge mit Auslauf ermöglichen kann, ich bin sonst aber auch viel an meinen Tisch gebunden. An Wochenenden lässt sich da auch noch mehr machen.
Das stellst du dir unter dem Hund etwas bieten vor?
Gassi und Auslauf sind Teil der Basis. Ebenso wie füttern, Pflege, tierärztliche Betreuung.
Damit bietest du jetzt quasi - ich bin da mal ganz krass:
- keine Erfahrung
- schwammige Vorstellungen
- Mindestanforderungen an das am Lebenerhalten
Hm.
Weil du ja unbedingt erst Bindung erarbeiten möchtest und direkt beim ersten Hund "eine Aufgabe" suchst:
Geh hier mal in irgendeinen "Hilfe, meine Welpe..."-Thread rein. Davon gibt es reichlich. Und dann lies dir mal durch, wie Menschen an stinknormalen Welpen deutlich unkomplizierterer Rassen verzweifeln und an den Rande des Nervenzusammenbruchs kommen oder schon darüber hinaus sind. Dein erster Hund WIRD eine Aufgabe, weil alles neu, du musst dich erst einmal reinfitzen, hast dir mit einer Garantie von 110 Prozent ganz viel ganz anders vorgestellt...
Oder geh in ein Tierheim und nimm den Hund mit, der Aufgrund verschiedener Baustellen schon am längsten dort sitzt. Und ich wette mit dir darauf, nach zwei Wochen möchtest du dir allein bei der Erinnerung daran "dass du dir Respekt und Bindung erarbeiten willst" gewaltig auf die Zunge beißen.