Dass wir dem Problem hier beikommen oder es auch nur umfassen können, glaube ich nicht.
Das Problem TS und das Problem gefährlicher Hund ist einfach nur eine Facette von allen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte.
Bevor es als selbstherrlich verunglimpft wird, ich gebe hier nur meine Erfahrung wider. Was anderes möchte ich auch nicht, da ich dafür nicht die ausreichenden Statistiken und Studien anführen kann.
Bei uns gab es in der Umgebung wenige Hunde. Die Halter kannten sich. Man traf sich hier und da mal, aber lief sich nicht täglich über den Weg. Kfz-Werkstatt und Autohändler: zwei Rottweiler. Auf Spaziergängen waren die lammfromm. Im Dienst auf dem Hof - selbst schuld, wer da lang lief. Da waren sie im Dienst. Dobermann vom direkten Nachbarn kam nie vom Grundstück. Wen sie kannte, fand sie toll. Irish Setter vom TA in der gleichen Straße - der ging nie Gassi, der Hund war extrem lieb, war teilweise Monate lang kahl und hatte eine Matte im Hof. Keine Hütte, durfte nicht ins Haus. Traurig, aber war so. Ein Pudel, der den Besitzern vom Schuhgeschäft gehörte. Ein Chow-Chow von Leuten, die den nie vom Hof ließen, weil das nach hinten losgegangen wäre.
Das war es außer unseren Hunden. Wir waren die Exoten weil mehrere Hunde und auch noch jeden Tag Gassi.
Wer mit dem Hund rausging: Sind die sich grün? Nö = ausweichen. Ansonsten sagten sich die Menschen hallo und gut. Vielleicht mal ein Plausch. Aber weder gab es Hundewiesen noch Playdates noch der muss hallo sagen noch Social Walks noch ständig Begegnungen.
Kleiner Zeitsprung: Wenn ich nicht möchte, dass meine Hunde 30 Hallo sagende Hunde, vom Chi bis zum Cane Carso, bis zum Feld aushalten, dann muss ich verdammt früh aufstehen. Denn die Menschendichte und die Hundedichte sind explodiert. Ebenso wie die Vielfalt an Rassen und Mixen. Ebenso wie die Vielfalt an Einstellungen zum Hund. "Mein Hund muss sich entfalten können!" - das kannte ich von einem vor über 30 Jahren. Jetzt müssen sich sehr sehr viele Hunde entfalten können. Bei dem nächsten soll man sich gefälligst richtig weit weg beamen, denn der reagiert auch schon auf 50 Meter mit in der Leine hängen.
Es gibt mehr Menschen, mehr Hunde, mehr verschiedene Einstellungen, mehr Stress. Mehr Auswahlmöglichkeiten, mehr Rassen, mehr Haltungsformen...
Ich will damit nicht sagen, früher war es besser. Aber es war eben anders. Menschen und Hunde haben sich anders verteilt. Selbst, wenn ein Hund hochgradig unverträglich war, dann war der abgeschirmt von anderen oder er war nicht tragbar. Aber man hat nicht angefangen mit "Na dann wird er halt noch mehr in den Stress von zig Begegnungen gehauen. Dann werfen wir Trainer, Hundeschule und Park drauf und irgendwann wird der schon einknicken und wir verlassen uns darauf, dass er jetzt alles erträgt und wundern uns, wenn ihm der Kragen platzt."
Hunde, die ich erlebt habe, waren da auch kein Streichelzoo für alle und jeden. Es war "VORSICHT HUND" nicht "Hunde lassen sich alles gefallen, bitte greifen Sie durch den Zaun, im Spazieren danach, joggen Sie so nah wie möglich vorbei, schicken Sie Ihre Kinder hin"
Für mich sind Hunde heute nicht gefährlicher als vor 40 Jahren. Menschen sind nur realitätsferner.