Beiträge von Awa1

    "Kloppis" - zynische Selbstbezeichnung für Menschen, die als behindert gelten. Wenn zB ein Kollege berichtet, dass er in einer ungünstigen Situation in einen Meltdown gekommen ist, meinte er mal "Ich hab den Vollkloppi gemacht". Ist ein bisschen wie Galgenhumor.

    Vielleicht ist die Kommunikation ja auch etwas " gewöhnungsbedürftig " ;)

    Definitiv immer ein Problem. Ich schätze, genau so wie ich hie teils sitze und denke "Himmelhergott, wie konnte denn aus meiner eindeutigen Formulierung so etwas entstehen" obwohl ich mir sau viel Mühe gebe, klar zu formulieren, und im Nachhinein zu verstehen, wie man es auch hätte lesen können, geht es vermutlich anderen auch. Hier hätten wir ein spezifisches Problem, für das es leider kein Hilfsmittel gibt. So ein Analysetool wäre praktisch.

    Dann raff ich das Prinzip Assistenzhund an der Stelle bei deiner Bekannten entweder nicht, oder es kriegt einen mega-unangenehmen Touch… aber ich will da jetzt auch nicht zu sehr drauf rumreiten, ist ja Reden über Dritte.

    Wenn du möchtest, kann ich dir das erklären, per PN oder so.

    Ich sichere mir den Abstand schlicht und ergreifend mit einem einkaufswagen

    Den hab ich nach vorne. Oder Hund nach vorne, Einkaufswagen hinten - wir werden sehen. Klientel ist hier soweit ich das überblicken kann unproblemtisch, hängt immer von der Gegend ab. Gibt hier zB keinen Bahnhof, und der Supermarkt liegt so dass nur Autofahrer dort sind. Also zumindest der, zu dem ich dann immer gehen würde. Abgesehen davon hab ich ja sowieso auch immer noch ein Interesse an Eigenschutz neben dem Schutz meines Hundes - bedeutet ich werd sicher nicht hingehen, wenn grad der erste Tag von angeboten ist oder wenn es nachmittags ist oder wenn es vor einem Feiertag ist - ich bin ja nicht blöd. Ich kann MIT Hund dorthin, wenn es leer und ruhig ist. Sonst reite ich mich selber ja sehenden Auges in die Sch...

    Und nicht inklusiv gedacht ist für mich doch eher der "Luxus " Assistenzhund

    Wenn ich kein Geld habe (oder bekomme von einer Stiftung oder andere spenden)

    Hab ich halt Pech gehabt?

    Ist schon heftig, "nicht inklusiv" mit Luxus gleichzusetzen. Möchte ich nicht weiter drauf eingehen.

    Ja, richtig, wenn man kein Geld beschaffen kann, hat man Pech, egal wie sehr ein Hund helfen würde oder Teilhabe ermöglicht. Kloppis haben halt keine starke Lobby, weil sie mit Alltag beschäftigt sind ;-)

    Dann würde es auch bedeuten Kostenübernahme und der Hund darf überall hin mit?

    Hund darf überallhin mit ja, Kostenübernahme nein. So ein Assistenzhund ist halt wirklich nur Hilfsmittel. Er ermöglicht mehr Teilhabe, das kommt niemals an komplette Teilhabe heran, das ist völlig klar. Aber ein bisschen mehr. Und das bisschen ist unglaublich wertvoll. So wertvoll, dass viele Leute den Hund komplett selber finanzieren, wenn keine Stiftung einspringt, und sei es nur für 5 oder 6 Jahre, die der Hund arbeitet.

    Ich schreibe jetzt zum 3. Mal, dass ich das ganze Threadthema nicht auf dich beziehe und dich nicht als Person anspreche.

    Und ich habe meine Aussage auch nicht auf dich gemünzt ;-) Sondern auf denjenigen, der hier im Thread auf exakt meine Aussage so reagiert hat. Der einzige Grund, warum ich überhaupt so viel über mich persönlich schreibe.

    Heißt das, ohne den Hund geht deine Bekannte schwimmen, obwohl sie Angst vor Wasser hat?

    Ja. Man setzt sich ja nun mit seinen Problemen auseinander und sagt nicht "Och nee, da hab ich Angst, das mach ich nie wieder."

    Dein "bedarf " erfordert doch eigentlich kein permanentes Vorhandensein des "Hilfsmittel hund "

    So schwarz weiß ist es eben nicht. Das ist ein generelles Problem, das deutlich zu machen, bei einem Rollstuhlfahrer ist halt klar, der kann nicht laufen, fertig. Bei den ganzen mentalen Geschichten ist es etwas komplexer als "der kann dies und das aber nicht". Da ist alles und jedes, was man tut, eine Kosten-/Nutzen Rechnung. Im Prinzip bin ich theoretisch zu nahezu allem in der Lage. Ich hab auch schon Schulklassen mit 40 Kindern einfühlsam, aufmerksam, geduldig und liebevoll unterrichtet. Und bin danach eben gestorben. Der Hund ermöglicht es, unterm Strich mehr zu schaffen, weil er bestimmte Probleme lösen kann, beispielsweise eben Abstand herstellen zu nachfolgenden Kunden im Supermarkt - sagen wir, das erspart jemandem 40-50 Prozent der Energiekosten eines Supermarktbesuches, und mit dem Teil der Energie kann derjenige etwas anderes machen. Auch ein Blinder überlebt ohne Blindenführhund, es ermöglicht ihm nur, sich freier zu bewegen. Man könnte ja auch sagen, Ja dann geh eben nur dahin wo du dich auskennst, reicht doch. Wäre halt nicht inklusiv gedacht.

    Also wir sind uns einig, dass es Situationen gibt, meinetwegen auch einige, in denen Hunde mit ihren Aufgaben überfordert werden. Ich möchte das aber nicht auf alle Assistenzhunde in dem Bereich übertragen, weil ich davon überzeugt bin, dass es Gegenbeispiele gibt und ich halte mich dafür und kenne 3 weitere persönlich in meinem Umfeld. Von denen ich zugegebenermaßen auch nur Ausschnitte sehe.

    Und ich halte Assistenzhunde auch nicht für die Lösung für Menschen, die gar nicht in der Lage sind einen Hund zu führen, ich würde grundsätzlich voraus setzen, dass jemand der einen Assistenzhund führen möchte, generell in der Lage ist einen Hund zu führen - wenn man fremdausbilden lässt, muss man die Erziehung/Ausbildung nicht leisten, aber zumindest erhalten können, also da anknüpfen wenn man den Hund übernimmt.

    Ein Mensch, der kognitiv so wenig zu Überblick und Selbstkontrolle fähig ist, dass er sein Zimmer nicht verlassen kann weil ein Hund gestorben ist, wär auch nicht mein Kandidat für ein Haustier. Weil so wenig vorausschauend und selbstregulierend, dass ich die Versorgung allein schon in Gefahr sehen würde.

    Es ist eben so, dass Hunde damit ein Problem haben können, einerseits ihre Aufgaben zu anspruchsvoll sind, sie entweder zu viel zu lange arbeiten sollen (und viele Hunde bieten das ja gerade über ihr Limit hinaus an) oder die wechselnden emotionalen oder organisatorischen Umstände den Hund jedes Mal raushauen. Das ist ein riesen Thema im Bereich Assistenzhund, dessen muss man sich bewusst sein.

    Ja. Bewusstsein dafür schaffen find ich gut. Im Auge behalten auch. Ehrliche Gespräche darüber führen, wie man sich selber einschätzt etc auch (und wesentlich mehr Aufklärung, was es bedeutet, wenn man einen Assistenzhund hat wäre mir auch wichtig, denn ich hatte keine Ahnung, was passiert, niemand warnt einen, dass der Anfang ultra hart sein kann! Und dass man die Freiheit aufgibt, nachlässig mit sich selber umzugehen, und ggf noch andere Freiheiten - Bekannte hat einen PTBS Hund, der merkt dass sie Angst vor Wasser hat, also geht sie nicht mehr schwimmen wenn der Hund in der Nähe ist, das ist halt auch der Preis.) . Nicht gut finde ich Anschuldigungen a la "Weißt du überhaupt, was du deinem Hund da alles zumutest" ohne mich, meinen Hund und unsere Lebensumstände zu kennen.

    Ist es nicht Teil des Assistenzhunde-Trainings, dem Besitzer des Hundes auch zu vermitteln, wann der Hund Pausen braucht, wie man diese Pausen aufbaut, wie man für den Hund klar macht wann er arbeitet und wann nicht, wann der Hund in Rente muss usw.?

    Ich kann dir nicht sagen, wie es bei anderen Teams ist - bei Blindenführhunden ist es ja etwas anders gelagert.

    Ich hab gelernt zu erkennen wann der Hund müde ist, und generell wie anstrengend für den Hund was ist von dem was wir so machen. Insgesamt, also auch Gassi gehen wie lang, bekannte oder unbekannte Gegend, was an Pensum für den Hund okay ist, was zu viel. Wenn ich was hab wo ich mir nicht sicher bin, frag ich halt und sie sagt "Mach" oder "Warte damit noch" oder "Das ist zu anstrengend".

    Wie Pausen aufgebaut werden haben wir gemacht, ja, und auch wie viel am Tag an Gesamtpensum okay ist. Das war so das erste was wir gemacht haben, erstmal runter kommen üben, Pausen installieren. Ist aber normal denk ich in dem Alter, dass das dran ist. Mir wurde mal gesagt das ist das wichtigste und einzige, was der Hund im ersten Jahr lernen MUSS: zur Ruhe kommen, Langeweile ertragen, abschalten. Alles andere ist Bonus. Okay, Leinenführung und Rückruf ist mir persönlich sehr wichtig, weil ich furchtbar gern raus gehe uns das stressfrei haben will, und Impulskontrolle zum Thema Vögel sind keine Spielzeuge und keine Jagdbeute. Zum Thema Rente haben wir bisher noch nichts besprochen/ gemacht, wir sind aber halt auch noch im ersten Jahr, also haben kein spezifisches Training angefangen. Nur umrissen, was ich will, und geschaut, wie sie reagiert auf Dinge, die den Bereich betreffen, den ich später von ihr will. Aber wenn es mal so weit ist, dass wir prüfungsreif sind, dann werd ich sie das fragen. Ich find die Idee, wenn möglich den Ausbilder des Hundes ab und zu weiterhin drüber schauen zu lassen, echt ziemlich gut.

    Aber nach Abschluss des Trainings fällt diese Instanz ja nunmal weg.

    Stimmt, dann bleiben noch die regelmäßigen Überprüfungen, die dann vorgeschrieben sein werden. Aber ich glaube, dass ich dann bei diesem einen Hund doch sehen kann, was Sache ist, dann waren wir anderthalb Jahre oder so im intensiven Einzeltraining, ich glaube, dass ich gehen wird. Hab neulich mit einer Kollegin gesprochen die ihren Assistenzhund mit 6 in Rente schickt, der bleibt bei ihr, aber bekommt schon den zweiten Hund. Ich denke schon, dass den Haltern ihre Tiere sehr am Herzen liegen und sie ein Auge darauf haben. Möglich, dass man betriebsblind wird, macht vielleicht tatsächlich Sinn auch danach in regelmäßigen Abständen die Trainerin, die diesen Hund so gut kennt drüber schauen zu lassen. Guter Punkt.

    Aber es liefe für dich doch nicht darauf hinaus, dass eine Form der Ausbeutung andere Ausbeutungsweisen relativiert oder?

    Ich glaube, das kommt darauf an, wo Ausbeutung beginnt. Wenn ich für mich zB Milch trinken ethisch vertretbar finde, in dem Wissen, dass dafür Kälber von ihren Müttern getrennt werden und die Kälber/Kühe auch bei Unproduktivität geschlachtet werden, ist das für dich mit Sicherheit Ausbeutung. Für mich ist es Nutzen, das an gewisse Regeln gekoppelt sein muss (Haltungsbedingungden, Lebensqualität der Nutztiere). Ich möchte also nicht relativieren, sondern in Relation stellen. Weil für mich jedes Leid gleich viel Wert ist und es unterm Strich darum geht, das kleinste Maß an Leid für alle Beteiligten zu erstreben, das aber auch wieder in Relation zum Aufwand. Hab zB eine Weile Milch vermieden oder zumindest stark reduziert und Alternativen ausprobiert, war für mich damals ein riesen Problem (Umstellungsprobleme, damals auch finanzielle Probleme, sowas), heute hab ich teils teils, verzichte aber immer noch nicht komplett. Und finds auch ethisch okay, sofern ich mit dem Standard des Biolabels konform gehe. Noch weniger Tierprodukte verbrauchen fänd ich gut. Ist Thema, aber nicht mein ganz akutes.

    Und ich bezeweifle einfach, dass die Person, die von diesem Angebot profitiert bzw darauf angewiesen ist, die richtige Instanz ist, um zu bewerten, wann es den Hund überfordert.

    Das kann ich nachvollziehen. Dafür stehen wir ja auch nicht alleine da, sondern mit einer Trainerin, die mir die Dinge beibringt zu verstehen und zu lenken. Alleine wär ich aufgeschmissen!