In meinen Augen und auch denen meiner TA-Praxis ist Dauerstress durchaus eine med. Indikation.
Struktur hilft sicherlich, aber was willst du trainieren, wenn dein Hund nicht (mehr) alleine bleiben kann, ständig fiept/heult, oft einen Ständer hat, Vorhautentzündungen/Ausfluss, draußen kaum konzentriert ist, schäumt und klappert vor Pipischleckschnüffeln, nicht mehr oder reduziert frisst usw?
Apropos:
Wie (un-)normal ist eine Erektion beim Rüden Zuhause ohne anwesende Hündinnen?
Ich lese jetzt schon eine Weile mit. Scheint ein wenig wie bei uns zu sein.
Zu Deiner letzten Frage: Unser Zweithund hatte vor seiner Kastration bestimmt alle zwei Tage eine wirklich (offensichtlich) schmerzhafte und lang andauernde Erektion mit Ejakulation. Sorry für die Details.
Ob das normal ist? Also keine Ahnung, aber ich denke in der Intensität und Häufigkeit wie bei uns eher nicht.
Ansonsten:
Dauerstress hat sich mit absolutem Koma abgewechselt.
Der Stress durch läufige Hündinnen (im Radius von 300m wohnen bei uns ca. 30 Hunde, so gut wie alle nicht kastriert) äußerte sich in kompletter Futterverweigerung, das wiederum führte irgendwann dazu, dass er sich quasi selbst verdaut und erst Magensäure, dann nur noch Blut gekotzt hat.
Er wog keine 6kg bei 40cm Rückenhöhe.
Man konnte mit ihm überhaupt nichts mehr machen. Das meine ich jetzt nicht egoistisch, wir hatten gar keine Ambitionen wie Hundesport oder so, ich meine nur den ganz normalen Alltag. Er schlief eigentlich nur, und wenn er wach war, dann heulte er oft wie ein Wolf in die Richtung des jeweiligen Hauses, wo wieder eine Hündin läufig war.
An Hundeschule war überhaupt nicht mehr zu denken (wir waren sehr gerne dort), weil immer irgendeine läufige Hündin dabei war).
Seine Vorhautentzündung war nicht mehr behandelbar, er schlief nur noch mit Leckschutz, weil er sich bereits anfing in den Penis zu beißen.
Das Kuriose: Sein Verhalten uns gegenüber war traumhaft. Ein lieber, sensibler Hund, nie aufmüpfig. Anderen Hunden (auch Rüden) gegenüber freundlich-zurückhaltend.
Der TA meinte mehrmals, wir sollen ihn mit einem Jahr kastrieren lassen, eine andere Möglichkeit sah er bei den körperlichen Symptomen nicht.
Wir hatten große Angst, dass sich sein Wesen verändert, aber die anderen Dinge haben uns einfach besorgt.
Irgendwann fing es abrupt an, dass sich sein Stress dem Ersthund gegenüber entladen hat. Er hat ihm 24 Stunden nachgestellt, ihn von Kopf bis Fuß abschlecken wollen, durchgeweint, wenn er nicht da war etc.
Dann fing unser Ersthund an, ab und zu ins Haus zu machen, weil ihn das Ganze natürlich auch gestresst hat (man kann keine zwei Hunde dauerhaft trennen!).
Jedenfalls habe ich dann einen Termin ausgemacht, und er wurde mit einem Jahr bereits kastriert.
ALLE o.g. Dinge hörten mit einem Schlag auf!
Jetzt ist er ein lebensfroher und ausgeglichener Hund, seine (starke!!!) Unsicherheit ist sogar besser geworden. Ich denke, dass seine Ängste und die Schreckhaftigkeit mitunter dadurch kamen, dass er ständig Bauchschmerzen und Stress hatte.
Wie man rauslesen kann, habe ich es keinen Tag lang bereut. Allerdings rate ich anderen, so lange wie möglich abzuwarten und ggf. erst den Chip auszuprobieren (davon haben wir abgesehen, weil es da häufig eine Erstverschlechterung gibt, und die wollten wir uns nicht ausmalen...).