Unser JRT-Mix Gasthund ist ähnlich gestrickt wie deine Hündin, zu wenig klare und zielgerichtete Beschäftigung, zu wenig Alltagsgewöhnung ausserhalb der eigenen vier Wände, fährt schnell hoch, reagiert stark auf Bewegungsreize, lässt sich fast nicht bzw. nur mit Schreckreiz abbrechen (das will keiner, ab und zu ist es aber notwendig bei ihm weil er sich mit der Leine selbst strangulieren würde sobald er im Tunnel ist). Er ist aber ein unheimlich lieber, verschmuster, braver Kerl im Haus, da klappt fast alles (ausser, dass er halt inneinigen Dingen recht unerzogen ist, aber das ist eine andere Geschichte).
Erste Maßnahme, wenn er bei mir ist, ist ein vernünftiges Geschirr beim spazieren gehen damit ich ihn sicher und schmerzfrei halten kann (die Besitzerin verwendet leider nur Halsband). Weiters abseits der hauptfrequentierten Gassiwege Strecke machen damit die Lernzeit in der "Hunde-Rush hour" kurz und aushaltbar für ihn bleibt. Er braucht unheimlich viel Individualdistanz. Das heisst für mich extrem vorausschauend agieren, große Bögen laufen, immer auf die vom Auslöser angewandte Seite nehmen.
Ich hab mich mit ihm, bewaffnet mit einer Leberwursttube, zu Beginn einfach auf eine Bank beim Bahnhof gesetzt und nur beobachtet und geschaut. Und jedes Mal, wenn er ansprechbar war (da musste ich früh genug erkennen und schnell agieren): große Party. Wenn er sich selbst fortbewegt hat, war er komplett "on". Ruhig sitzen und nur gucken war viel besser für ihn.
Am Anfang war jede kleine Bewegung im Radius von 20 m "whow" für ihn. Andere Hunde: kläffend in der Leine hängen. Radfahrer, Inlineskater, Jogger, rollende Koffer, Kinderwägen, LKWs usw. nicht viel besser. Dadurch, dass er die Situation immer und immer wieder hatte, mit genug Abstand und ohne dass sich starker Frust und Stress aufgebaut hat, hat er tatsächlich gelernt, wie er Bewegungsreize und Ungewohntes besser aushalten kann und dass es eine Superbelohnung gibt, wenn er die Nerven behält.
Jack Russels sind, wie soll ich das formulieren, kleine Biester. Unglaublich selbstständig, schnell im lernen (vor allem die menschlichen Schwachstellen werden ohne Skrupel zum eigenen Vorteil genutzt), leicht cholerisch veranlagt, kleine Napoleons, aber auch wahnsinnig anhänglich und durch präsente und sichere Führung absolut gut zur Zusammenarbeit zu bewegen. Man braucht ein Quäntchen Humor und viel innere Ruhe bei ihnen, dann sind das total witzige Hunde.
Was du schreibst, klingt jetzt nicht ungewöhnlich und unmachbar. Ein guter Trainer, ein guter Trainingsplan, viel Routine und Kontinuität im Alltagstraining, gute Nerven und ein bisschen Schokolade für dich, dann wird das schon!
