Ich meine, diese Diskussion macht ja wenig Sinn, wenn wir nicht definieren, worüber wir eigentlich sprechen, sonst sind Begriffe wie "gleichwertig" und "moralisch" ja vollkommen schwammig.
Ich habe ein persönliches Bedürfnis, nämlich einen Hund zu haben. Da ist jetzt erst einmal der Hund der am direktesten Beteiligte, deshalb ist die dringendste Frage, wie es dem Hund dabei geht. Kann ich einem Hund ein gutes Leben bieten? Ist es eine wirklich nach allen Kriterien gute Zucht, oder eine der vielen Rassen die leidet, früh stirbt, krank wird etc? Falls ich eine der wirklich tatsächlich guten Züchte (ist das der Plural?) habe und meinem Hund ein gutes Leben biete, habe ich auf der Front auf jeden Fall schonmal keinen Schaden angerichtet. Habe ich was Gutes getan? Dem Hund nicht unbedingt, den gebe es (wenn wir jetzt rein von einem Angebot - Nachfragemarkt ausgehen) ohne mein Verlangen nicht. Der Welt? Nun ja, da es in Deutschland mittlerweile rund zehn Millionen(!) Hunde gibt, wird der Faktor Hund allmählich ein entscheidender Umweltfaktor. Hunde konsumieren Fleisch (es leiden also wiederum andere Tiere), und haben zusammen einen CO2-Ausstoß der so groß ist wie die Hälfte(!) allen deutschen Flugverkehrs. Hätte ich altruistischere Handlungsoptionen gehabt?
Nun, verzichte ich, bin ich Schaden-Nutzenmäßig bei Null.
Nehme ich einen TS-Hund auf, wieder die erste Frage, kann ich dem Hund ein gutes Leben bieten? Nicht unbedingt? Dann kann ich also theoretisch wieder verzichten. Kann ich dem Hund ein gutes Leben bieten? Dann habe ich auf jeden Fall einem Wesen etwas Gutes getan. (Auch hier wieder, wir nehmen gerade sowohl verantwortungsvolle Zucht als auch verantwortungsvollen Tierschutz als Beispiel). Habe ich der Welt damit etwas gutes getan? Nun, ich habe zumindest nichts neues produziert, also keinen Schaden angerichtet.
Also das ist jetzt vereinfacht, ich kann noch hundert andere Fragen stellen. Man kann sie auch je nach eigener Wertvorstellung anders beantworten. Als radikale Umweltschützer:in würde man wahrscheinlich sogar für den Verzicht plädieren. Für mich persönlich würde überwiegen einem Tierheim-Hund, falls möglich, ein gutes zuhause zu bieten. Ein altruistisches Argument für den produzierten Hund sehe ich jetzt nicht, außer dass ich dem Hund nicht schade, schade ich ja immer noch aus egoistischen Gründen latent der Welt (und habe, wenn! ich die Möglichkeiten habe, die Chance jemandem zu helfen ungenutzt gelassen). Mir persönlich widerstrebt auch der Warencharakter des fürs Hobby produzierten Lebewesens, aber das würde ich jetzt eher unter persönliche Befindlichkeit einordnen.
Aber diese Überlegungen lassen sich ja auf jeden Lebensbereich und jede Entscheidung übertragen. Also ich glaube schon dass es zu unser aller Vorteil das beste ist, wenn wir so oft und viel wie möglich versuchen altruistisch zu handeln und ich glaube auch, dass man laut aussprechen darf, was man für die beste Handlungsoption hält.
Aber andersherum wählt man als Mensch doch aus hunderten von Gründen oft nicht die beste Handlungsoption, und wenns nur ist weil Menschen einfach auch in sich fehlerhafte Wesen sind. Ich hatte die hehresten Pläne ein second hand Sofa zu kaufen und habe mir dann noch tapfer eingeredet dass ich mit meinem jetzt doch für mich extra produzierten Sofa ein lokales Geschäft unterstütze, aber im Grunde wollte ich es einfach wirklich haben und war dann noch zu faul mich ansonsten um den Transport kümmern zu müssen.
Ich kann immer nicht so ganz einordnen, woher diese Angst vor solchen Gedankengängen kommt, die auch DerFrechdax grade wieder angesprochen hat. Wenn ich jetzt morgen aus Trotz losrenne und mir zwei neue Sofas kaufe, weil ich von jemandem gelesen habe dass er es moralisch nicht richtig findet ständig neue Sachen produzieren zu lassen, dann hatte ich glaube ich von vornherein ein ganz anderes Problem. Ich bin mir auch nicht sicher wer die "falschen Leute" für ein schlechtes Gewissen sind, aber ich geh davon aus ich bin die richtige, ich kann da mit meiner eigenen Fehlerhaftigkeit ganz gut umgehen ohne zu verzweifeln, und bin wenn ich was Gutes dazu lese noch motivierter da wo es Sinn macht das nächste Mal doch second hand Sachen zu kaufen. Von dieser Reife gehe ich auch erst einmal bei allen meinen Gesprächspartnern aus.