Hier im Revier trifft man überwiegend Kleinhunde, und da habe ich manchmal das Gefühl, es ist ein Geschäftsmodell der nahen Hundeschule, jede Lebensregung als "überdreht" und folglich therapiebedürftig zu verkaufen.
Ein ganz normaler Westiewelpe zum Beispiel wurde von seiner Besitzerin ständig aus jeder Aktivität rausgerissen, damit er nicht überdreht, und das so lange, bis her beim Spielverderben nach ihr biß. Dann durfte er nicht mehr von der Leine, und es war ein Dauergejammer, dass dieser Hund ja so viel zu wild sei und nie zur Ruhe käme. Mit meinem Jungterrier durften einige dieser Kanidaten eh nicht spielen, weil wirklich jede fröhliche Rennerei "hyperaktiv" war.
Nur eine kleine Momentaufnahme, und ich will hier keinsfalls dem dauernden Aufdrehen von Hunden das Wort reden - aber manchmal frage ich mich schon, ob die nicht auch oft so überdreht sind, weil sie nirgendwo mehr Hund sein und auch mal über die Stränge schlagen dürfen. Irgendwo muß das angeborene Temperament ja nun mal hin.
Ruhe halte, konzentrieren und nicht ausflippen ist ja für einen Terrier auch sowas wie ein Lebensthema, aber bei uns klappt das immer am besten, wenn der Hund zwischendurch auch mal richtig aufdrehen darf. Nicht dauernd, aber ab und zu mal. Desto besser klappt das dann auch mit dem Runterfahren.
Dieses zwanghafte Ruhe halten beim Welpen finde ich auch oft befremdlich. Für mich ist nomal, dass Welpen und Junghunde mal abspacken und die Sau rauslassen.
Ich erwarte da auch gar nicht, dass sie das schon packen, immer das Hirn anzuhaben. Die sind jung, die dürfen auch mal abdrehen. Das heisst aber nicht, dass ich da nicht schon langsam dran arbeite, dass die Aussetzer weniger werden, dass sie lernen, dass man auch drei Gehirnzellen auf Empfang haben kann, wenn man in Action ist. Dass man sich nicht endlos hochdrehen muss. Aber das ist m. E. auch ein Entwicklungsprozess.
Ich finde oft, dass es ein Problem ist, dass viele zu schnell zu viel erwarten. Und weil es dann nicht sofort 100% funktioniert oder es Ausreisser gibt, verliert man die Geduld und bleibt nicht konsequent dran. Dass man mit Aufregung umgehen lernt, sich zurücknehmen kann, trotz starker Impulse auf Empfang bleibt und Kommandos annimmt, das muss sich erst mit der Zeit festigen. Auch Hunde reifen mit dem Älterwerden und können manches erst dann zuverlässig umsetzen.