Ich erkenne meinen Hund in deinen Worten fast 1:1 wieder.
Bei ihr hat es ebenso angefangen und ich habe die Zeichen auch zu spät erkannt. Kaya ist eine kompromisslose Jägerin, die auf jeden Fall packt und meiner Ansicht nach auch ein Reh töten würde. Dass es bis jetzt nicht dazu kam, ist einerseits Glück und andererseits ein Stück weit der Umstand, dass ich sie kenne, auf der Hut bin und ggf. schnell reagiere.
Ich kann nur sagen, wie ich damit umgehe: Ich nehme sie als potentielle Killerin wahr und bin mir bewusst, dass das in ihr drinsteckt. (Inwieweit ich diese Entwicklung mit mehr Erfahrung mit Jagdhunden in der Jugend anders hätte steuern und kontrollieren können und müssen, ist eine interessante, aber Stand jetzt müssige Frage).
Ich habe mit ihr und arbeite noch an Gehorsam in allen Lebenslagen und Erregungszuständen. Mir ist wichtig, dass ich ihr Erregungslevel gut einschätzen und regulieren kann. Ich habe immer ein waches Auge auf ihre Körpersprache und breche Orientierung auf Wild sofort ab. Kommt sie mir "on" vor, leine ich sie an. Ich leine sie auch da an, wo erfahrungsgemäß viel Wild unterwegs ist. Ich habe mit der Schleppleine eine gute Wegtreue aufgebaut und sie muss auf den Wegen bleiben und darf nicht in Büsche usw. Sie darf aber auf abgemähte Wiesen und brache Äcker. Im Wald ist sie immer an der Schlepp.
Mir ist allerdings bewusst, dass alle diese Maßnahmen nicht 100% verhindern können, dass sie mir aus der Hand geht. Es bleibt ein Restrisiko, das bei meinem Hund nicht ohne ist, weil u.U. ein Reh dran glauben müsste. Ich gehe dieses Restrisiko ein. Ob man das tut, ist eine persönliche Gewissensentscheidung.
Kaya ist jetzt 5,5 Jahre und vor einem halben Jahr hab ich sie von einem Reh runtergezogen, das in der Wiese neben dem Weg geruht hat. Das Reh war nicht sichtbar verletzt und ist davon, aber auch das war Glück.
Mein Weg ist, dass ich immer weiter dranbleibe, den Hund versuche geistig auszulasten, weiter den Gehorsam festige und in der Achtsamkeit nicht nachlasse. Sie wird immer eine Jägerin bleiben, die es ernst meint.
Heute war ich mit ihr 14 km Wandern und sie lief in unbekanntem Gebiet frei auf Flurwegen durch Felder und in den Weinbergen. Sie war heute top, immer ansprechbar, gut abzubrechen, wenn doch einmal eine interessante Spur oder Witterung aufkam, und sehr gehorsam. Sie war aber auch stellenweise an der 5m -Schlepp, wenn sie mir zu aufgeregt schien. Es war heute alles perfekt. Das kann aber morgen schon wieder anders aussehen.
Mir hilft, dass ich sie immer besser lesen und einschätzen lerne, aber -wie gesagt- auch das ist keine Garantie, dass nie wieder etwas passiert.