Kannst du noch ein paar Worte dazu sagen, wie dein Erziehungsansatz war? Ich weiß, dass das nicht so einfach zu erklären ist, aber mich würde besonders interessieren, wie ihr an der Ruhe gearbeitet habt.
Also ich kann dir mal erzählen, was ich falsch gemacht habe. 
Erstmal zwei Bereiche: Ruhe im Sinne von Abschalten/Schlafen können und Ruhe im Sinne von Entspannung draußen/Pfote vom Gas.
Ove hat einen Aus- und Anschalter. Der war hier wirklich vorinstalliert. Deswegen kann ich dir gar nicht genau sagen, was ich da gemacht habe, sondern hatte wahrscheinlich Glück mit der Werkseinstellung. Wenn er müde ist, schläft er. Da war es auch schon im Welpenalter egal, ob ihn die Müdigkeit zu Hause, in der Welpenschule oder in der U-Bahn überkommt. Er neigt auch in diesem Kontext überhaupt nicht zu zwanghaftem Verhalten oder diesem inneren Hochpushen, was man von (jungen) Hütehunden teilweise mitbekommt. Da ist er deutlich mehr "bei sich" und findet seine eigenen Ideen und seine Wünsche für die Tagesgestaltung viel zu wichtig, um sich davon abbringen zu lassen. Ich bin aber auch nicht so die Verfechterin von "Ruhe lernen", auch wenn ich mich selbst damit in der Anfangszeit etwas unter Druck gesetzt habe. Aber ein schlafender Hund war hier einfach ein Hund, der sich viel frei bewegen konnte und bei dem ich eine gute Balance getroffen habe zwischen Seele baumeln lassen, im eigenen Tempo Hundedinge im Freilauf tun und ein bisschen was für die Nase. Da muss man sich natürlich eingrooven und da hatte ich hin und wieder auch meine Unsicherheiten in der Anfangszeit. Das Thema war aber relativ schnell erledigt bzw. kam rückblickend nie so richtig auf. Jetzt ist Ove wirklich ein Hund, der sehr anpassungsfähig ist, auch mit sehr wenig Routine klar kommt und sich Ruhe immer noch nimmt, wenn und wo er sie braucht.
Zweiter Bereich beim Thema Ruhe draußen und "Pfote runter vom Gas", ja, da hab ich einen Fehler gemacht, der uns in einigen Situationen immer noch nachhängt: Ove kann man mit dem kleinsten Zucken zur Zusammenarbeit motivieren. Kekse rein, Quietschestimme und der Junghund lief im Fuß, flog auf Rückruf zu mir und war richtig angeknipst. Als Ersthundehalterin habe ich viel zu spät gecheckt, dass sich das zwar gut auf dem Hundeplatz macht, aber im Alltag einfach überhaupt nicht nachhaltig ist, Alltagserziehung über so ein hohes Erregungslevel aufzubauen. Da fehlte mir schlicht die Erfahrung. Zum Beispiel "Leinenführigkeit" über so hohe Erregung aufgebaut, das hält dir kein Hund durch und soll er ja auch nicht. Der Alltagsmodus soll ja ein anderer, die Draußenzeit soll entspannt sein für den Hund. Hier habe ich dann etwas gebraucht, um das für mich zu bemerken, zu durchdenken und mein Verhalten anzupassen. Es gibt immer noch Momente an der Leine, in denen wir da zurückfallen in alte, erlernte Muster und in denen es mir schwer fällt, diese goldene Mitte zwischen "bleib mit einem Schlappohr bei mir" und "mach dein Ding ohne dich hochzupushen" zu treffen.
Der Schlüssel für mich wäre nun: Themen wie z.B. Leinenführigkeit über Ruhe aufbauen. ( flying-paws hier aus dem Forum ist Hundetrainerin und hat einen Onlinekurs auf ihrer gleichnamigen Website, den ich sehr passend fand für uns)
Angeknipst mitarbeiten, das schenken dir die Lagotti sowieso! Fördern, dass sich Reize ruhig angeschaut werden, Umorientierung bestärken. Jeden Ansatz von "erst denken, dann tun" belohnen. Aus einer generellen Ruhe heraus ist es dann auch viel leichter zu vermitteln, dass z.B. Hundekontakte ruhig, höflich und gesittet ablaufen können (unsere große Schwierigkeit bei neuen, unbekannten Hunden. Da wird erstmal gewuselt, was das Zeug hält aus Unsicherheit.) In meinem Fall war beim angeknipsten Hund dann die Mischung aus Hemmen, diese übertriebenen Aufregungsspitzen unterbinden und parallel Ruhe fördern der Weg.
Weil du vorher von Konsequenz sprachst: ich bin ehrlich gesagt ziemlich inkonsequent. Ich wurschtel mich so durch in der Hundeerziehung. Learning by doing — was ja ehrlich gesagt bei jeder noch so gut informierten Ersthundehalterin der Fall ist. Hier läuft wenig über klare Kommandos, ich rede den Hund mit ganzen Sätzen zu. Ich habe manchmal das Gefühl, hier sitzt eine Hundepersönlichkeit, mit der man wirklich gut Kompromisse finden kann. Die durch ihre sensible Art, sehr daran interessiert ist, dass wir "cool" sind miteinander, aber die sich trotzdem nicht davor scheut, augenzwinkernd eigene Vorschläge zu machen. Es ist sehr partnerschaftlich und wir gehen häufig beide einen Schritt aufeinander zu. Ich mag das so und ich mag es, dass man so mit einem Lagotto leben kann. Womit er gar nicht kann (und obwohl ich das weiß, schaffe ich es manchmal nicht besser) ist Fahrigkeit. Wenn ich unkoordiniert, verunsichert, frustriert, unter Druck oder angespannt bin, dann hält er mich nicht für kompetent und das wiederum stresst ihn. Wenn ich wiederum versuche, das nur zu überspielen, dann nimmt er mich aber auch nicht für voll und lässt sich von mir in dem Moment, in dem er mir nicht vertrauen kann, auch nichts sagen. Lagotti haben sehr feine Antennen, die durchschauen das alles.
Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ganz im Gegenteil: wir wurden von mehreren Züchtern, mit denen wir Telefonkontakt hatten, schon in den ersten 10 Sätzen am Telefon darauf hingewiesen. Viele Züchter bieten auch extra Grooming-Seminare an, die 1-2 Monate nach dem Kauf stattfinden.
Hierzu noch kurz: das ist genau auch meine Erfahrung. Ich habe bei der Hundesuche kaum ein Züchtergespräch geführt, in dem nicht betont wurde, dass diese Hunde Pflege brauchen. Es sollte außerdem selbstverständlich sein, dass man einen Hund einer Scherrasse an besondere Pflege, die über das Krallenschneiden hinaus geht, gewöhnen muss. Das liegt in der Verantwortung der Besitzer, genauso wie jeder Hund meines Erachtens nach in den Genuss von Medical Training kommen sollte.
Von einer Zucht, die verwahrloste Hunde hat, kaufe ich keinen Hund. So einfach ist das doch. Und nur weil Lagottifrisuren nicht so aufwendig sind, wie bei den Pudeln, werden diese Hunde dennoch für Ausstellungen gebadet, geblowert und mit der Schere in Ausstellungsfrisuren geschnitten. Für den Alltag reicht mir auch oft die Schermaschine und eine an die Jahreszeit angepasste Haarlänge.