Ich habe viele Jahre auf meinen Hund warten müssen und dementsprechend viel Zeit gehabt, mir einen Alltag mit Hund genaustens vorzustellen.
Es ist anders gekommen. Manches nicht so rosig und anderes besser, als ich es mir je hätte erträumen können.
Mit Anju wollte ich Schutzhundesport machen. Sie ist ein Rottweiler, daher war das für mich selbstverständlich. Nur habe ich mich so gut wie gar nicht über den Sport informiert, nur mal ein paar Videos in Rottweiler Gruppen auf Facebook gesehen... Wir standen genau ein einziges mal auf dem Hundeplatz. Nicht mal zur Schnupperstunde oder so, sondern "nur mal gucken"... und waren danach nie wieder dort.
Anstelle von Schutzhundesport haben wir uns dann relativ schnell bei der Dummyarbeit wieder gefunden und sind auch dort geblieben. Bis heute macht es uns großen Spaß.
Wenn man sich eine Rasse mit so schlechtem Ruf anschafft, werden einem von allen Seiten die schlimmsten Prophezeiungen entgegen geschleudert. Vor allem, wenn man wie ich damals erst 19 Jahre alt ist und noch nie vorher einen eigenen Hund hatte. Ich habe also beim Thema Erziehung mit dem schlimmsten gerechnet, aber quasi einen Selbstläufer erhalten. Dieser Hund hat so vieles von sich aus angeboten, ich musste es nur annehmen. Die Welpenzeit war entspannt, Anju hatte nie die gefürchtete Pubertät und als erwachsener Hund war dann tatsächlich meistens alles rosig.
Das einzige, was ich lange Zeit schade fand war, dass sie sich nicht von jedem anfassen lassen mag. Also auch innerhalb der Familie nicht. Aber das ist nun auch schon seit 7 Jahren so und es haben sich alle damit arrangiert. Dadurch kann ich sie aber leider auch nicht fremdbetreuen lassen, was teilweise schon einschränkend ist.
Natürlich gab es hin und wieder Momente, in denen Anju mich wütend gemacht hat... verglichen mit anderen Welpen/Junghunden hat sie eher wenig kaputt gemacht, trotzdem war es jedes mal unschön. Sie hatte recht lange eine Vorliebe für löchrige Bettwäsche. Aber sie hat in mir sehr viel mehr Freude geweckt, als Zorn und selbst wenn ich mal zornig war, musste ich bald darauf darüber lachen, weil sie Dummheiten so charmant dargebracht hat.
Das hat sich auch bis heute nicht geändert. Sie macht immer noch gerne Blödsinn und bringt mich damit so gut wie immer zum lachen.
Sie ist auch draußen ein sehr angenehmer Begleiter. Sie kann so gut wie überall ohne Leine laufen, jagt nicht, rennt nicht einfach zu anderen Menschen/Hunden. Sie beschäftigt sich sehr gut selbst, ohne mich dabei aus den Augen zu verlieren. Sie hat im Freilauf einen recht kleinen Radius, sodass ich auch ohne Leine jederzeit schnell an sie rankomme und sie nicht ständig näher zu mir rufen muss (unsere Waldwege sind sehr kurvig, da trifft man schnell unverhofft auf Forstarbeiter, Jäger und Reiter) Nur wälzen im Tierkot und fressen von Menschenkot habe ich in den fast 10 Jahren nie aus ihr rausbekommen. Ich wollte nie so genau wissen, wo Menschen überall hinmachen...
Alles in allem kann ich aber sagen, dass Anju meinen Traumhund und meine Vorstellungen vom Alltag mit Hund weit übertroffen hat.
Ein Leben ohne Hund kann ich mir überhaupt nicht mehr vorstellen.