Zur Wohnsituation: Wird jetzt ein bisschen länger. 
Mein Rottweiler kommt ebenfalls vom Vermehrer und ist vermutlich nicht optimal aufgewachsen. Sie kam als unsicherer Hund zu mir, was ich aber auch erst spät bemerkt bzw. akzeptiert habe. Als Welpe zwar sie zum Glück echt einfach, hat schnell durchgeschlafen, war fix stubenrein, hat schnell gelernt, aber je älter sie wurde, desto schlimmer war für sie unsere Umgebung. Es fing an, als sie ein paar Monate alt war. Vielleicht ein halbes Jahr? Da hatte sie plötzlich vor allem und jedem Angst. Damals hieß es noch, dass wäre ganz typisch, eine kleine Angstphase. Aber es blieb nicht bei einer Phase.
Wir haben damals noch in Hannover gewohnt. Für meine damaligen Begriffe eigentlich recht grün, direkt am Fluss, mit vielen Parkanlagen, Hundewiesen etc. Für unkomplizierte, gut gezogene, nervenstarke Hunde sicher gar kein Problem, aber für Anju gings ab einem gewissen Punkt gar nicht mehr. Teilweise musste ich sie doppelt sichern, weil sie selbst bei kleinen Löserunden in einem Tunnel war und einfach nur versucht hat, irgendwie zu fliehen. (Dabei ist sie mir leider auch einmal unter ein Auto geraten. Zum Glück fuhr es eh schon extrem langsam und hat Anju gesehen und dementsprechend rechtzeitig gehalten)
Viele Ecken und Uhrzeiten mussten wir meiden. Annähernd entspannt war Anju draußen immer erst Sonntags zwischen 6-9 Uhr. Wenn die besoffenen grade nach Hause getorkelt sind und bis dann langsam die ersten Hundehalter und Frühsportler vor die Tür getreten sind. In diesem kleinen, dreistündigem Zeitraum war Anju aufnahmefähig und konnte Spaziergänge genießen. Ansonsten mussten wir für solche Wertvollen Spaziergänge immer raus aufs Land fahren, wo meine Großeltern zum Glück einen Garten haben. Im Sommer waren wir demnach mehr im Garten, als Zuhause, haben da auch viel übernachtet und im Winter konnten wir zur frühen Stunde immer ganz gut gehen, weil im Winter verkriechen sich ja meist eh alle in ihren Wohnungen. Es gab auch gute Tage, manchmal sogar Wochen, wo man mit Anju ganz gut spazieren und sogar trainieren konnte. Aber das war eben kein Dauerzustand, deshalb sind wir, als Anju 2 Jahre alt war, in eine Kleinstadt im Harz gezogen. Sehr ruhig, überwiegend freundliche Rentner, keine Partymöglichkeit und auch keine besonders Jugendfreundliche Stadt (Keine Partymöglichkeiten).
Umgeben von Bergwäldern, also so richtig grün und keinerlei "Hotspots" für Hundehalter, da wir hier keine Hundewiesen oder sonstige ausgewiesene Hundeflächen haben.
Hier hatte ich erst richtig die Chance, mit einer super tollen Trainerin an Anjus Unsicherheiten zu arbeiten, weil Anju hier vom ersten Tag an wie ausgewechselt war. Auch in der neuen Wohnung hat sie sich vom 1. Tag an wie Zuhause gefühlt.
Mittlerweile ist sie in manchen Situationen immer noch unsicher, aber absolut händelbar. Wir können auch durch kleinere Menschenmengen ohne Probleme gehen, über die Bummelmeile schlendern, in Gruppen wandern gehen etc. Das war und ist in Hannover gar nicht denkbar. Sobald wir dort zu Besuch sind, verfällt sie sofort wieder in alte Verhaltensmuster. Gassi ist dort zu normalen Uhrzeiten nicht möglich.
Wir müssen auch heute, wo Anju schon 8 Jahre alt ist, stetig an ihren Unsicherheiten arbeiten, weil sie sich ohne Unterstützung wieder verlieren würde. Nicht so schlimm, wie in der Großstadt natürlich, aber man möchte ja, dass sein Hund sich rundum wohlfühlt.
Für mich ist das mittlerweile ein ganz angenehmer Alltag, für andere wäre Anju ein anstrengender Hund.
Deshalb könnte ich mir hier auch gut vorstellen, dass man auf kurz oder lang um einen Umzug gar nicht herumkommen wird und ich bin mir ziemlich sicher, dass die kleine Nala wieder ganz am Anfang steht, sobald ihr in eure Wohnung zurückkehrt und die Auszeit bei Mama vorbei ist.