Das Grüne Band - 1400km* an der ehemaligen deutschen Grenze entlang

  • Tag 2
    Nach einer unbequemen Nacht und nur wenig Schlaf stehe ich morgens früh auf und stelle fest, dass eine der beiden mitgeführten Powerbanks (10 000mAh, also eigentlich ausreichend) defekt ist. Mein Wischding wurde in der Nacht nur zu 60% geladen. Tolle Aussicht, denn die zweite aus Übervorsicht mitgeführte Powerbank hat nur 4000mAh und damit soll ich mit dem Schmierding als Navi drei Tage schaffen? Prima! Läuft!
    Genervt packe zusammen und gehe weiter. Ich frühstücke immer gerne erst, wenn ich schon ein paar Kilometer gemacht habe. Damit bin ich in den letzten Jahren besser zurecht gekommen, als direkt noch an Ort und Stelle etwas zu essen. Ich finde, das hält unglaublich lange auf und es ist dann einfach schon relativ spät bis man los kommt. Ich bin gerne zwischen halb acht und acht schon wieder auf den Socken.
    Zunächst sieht es so aus als hätten wir tolles Wetter, aber das täuscht. Schon bald wird es wechselhaft und windig.


    Kurz nach meinem Aufbruch fallen mir rechterhand wieder Fundamentrest auf. Kurz darauf weist links ein Schild auf die ehemalige Siedlung „Hasenreuth“ hin. Zur Herstellung der Grenzsicherheit wurden hier 1952 alle Bewohner zwangsumgesiedelt und die Gebäude abgerissen.


    Nach etwa 5 Kilometern entdecke ich ein nettes Frühstücksplätzchen – sogar mit Bank. Der Hound schlottert, also bekommt er den Mantel an. „Schlittenhund!“, denke ich mal wieder.
    Durch mein Rumgezapple im Graben hat auch der Hound nicht viel Schlaf abbekommen und so legt er sich im warmen Mantel schließlich hin und döst noch ein wenig, während ich einen Kampf mit dem Wind ausfechte und etwas länger brauche, um den Gaskocher anzuzünden. Als der Kocher endlich brennt, fällt mir zu allem Überfluss das Feuerzeug in den Kocher. „Oh shit!“ denke ich im ersten Moment, im zweiten drehe ich das Gas aus und wünsche mir, dass das das nächste Mal anders läuft – erst Gas ausdrehen, dann innerlich fluchen erscheint mir irgendwie klüger. Nachdem ich mich von meinem Schreck erholt habe, stelle ich mich erneut dem Kampf gegen den Wind und gewinne. Niemand stellt sich zwischen mich und meinen Kaffee!


    Nach zwei Tassen Kaffee und zwei Broten geht es weiter. So langsam geht der Wasservorrat zur Neige. Die meisten Dörfer sind allerdings relativ weit weg vom Grenzweg, also beschließe ich, weiterzulaufen bis ich ein Dorf sehe, das nicht zu weit weg vom Weg ist. Nach einigen Kilometern sehe ich unweit des Grenzwegs das Dorf Ullitz und beschließe, dort mein Glück zu versuchen. Am Haus direkt am Ortseingang hängt ein großes Warnschild vor einem Hund, da muss ich mit Hund nicht mein Glück versuchen..., also gehe ich weiter in das Dorf hinein. Beim nächsten Haus finde ich keine Haustür?! Also klingle ich an der nächsten Türe. Leider öffnet niemand. Ich versuche also nochmal die Haustür des anderen Hauses zu finden. Aussichtslos. Sehr seltsam. Also gehe ich noch weiter, wo mir eine ältere Dame die Tür öffnet. Sie füllt unsere Wasserflaschen und -beutel auf und Bones staubt zwei Kaustangen ab. Nach einem kurzen Gespräch mit der Frau gehe ich zurück auf den Grenzweg. Während ich einen Tierschädel anschaue, findet Bones Fellreste, die er begeistert zerpflückt. Igitt!


    Es ist kalt und ungemütlich und die Regenwolken hängen uns im Nacken. Etwa eineinhalb Kilometer vor einer Autobahnbrücke beginnt es zu regnen. Ich lande in einem kleinen Zauberwäldchen, große Steine mit Moos überzogen mit vielen Birken und einem Hochsitz auf einem großen Stein. Obwohl es ungemütlich ist und regnet, muss ich an einem kleinen Zauberwäldchen kurz einen Halt einlegen und ein paar Fotos knipsen... sooo zauberhauft!



    Da offensichtlich ist, dass der Kolonnenweg kurz vor Heinersgrün zwar weitergeht, jedoch durch die Autobahn durchtrennt ist, muss ich kurz vom Kolonnenweg abgehen. Unter der Autobahnbrücke machen wir erstmal Pause und warten darauf, dass es etwas besser wird. Ich hoffe auf etwas Windschutz, doch der Wind pfeift nur so unter der Brücke durch.
    Bis auf einen Hundehalter und die Frau, die das Wasser aufgefüllt hat, haben wir heute noch keinen Menschen getroffen. Herrlich! Adé Großstadttrubel! Ich packe den Schlotterheini gut ein und koche mir einen Tee und eine Tassenmahlzeit.
    Kaum fange ich an zu essen, trudelt eine Sauf-Wandergruppe ein und es ist vorbei mit der Ruhe.Die feuchtfröhliche Truppe zieht nach ein paar Gruppenfotos weiter. Ich beschließe, ihnen etwas Vorsprung zu lassen, denn deren Gegröle brauche ich auf meiner schönen, ruhigen Wanderung bestimmt nicht. Nach ein paar Minuten hoffe ich, dass der Vorsprung reicht und packe langsam ein. Es hat aufgehört zu regnen und ich gehe weiter. Leider führt der Weg für kurze Zeit direkt an der Autobahn entlang, was natürlich wenig attraktiv ist. Weiter vorne sehe ich noch einen gelben Regenschirm meiner trinkenden Freunde. Der Sicherheitsabstand ist aber ausreichend.
    Plötzlich knallt es. Bones und ich zucken zusammen. Da haben diese Idioten doch glatt mitten im Naturschutzgebiet einen Böller gezündet. Zum Glück bleibt es bei einem und die Wandergruppe löst sich irgendwie in Luft auf. Zum Glück, denn hätten sie noch einen Böller gezündet, hätte ich sie eingeholt und sie gefragt, ob sie noch ganz richtig ticken. :motzen:

  • Das Forum hat gemosert, mein Beitrag sei zu lang. Tz, dabei habe ich mich so kurz gefasst. :D


    Es ist weiterhin windig und ungemütlich, gelegentlich regnet es leicht. Auch hier muss ich irgendwann den Kolonnenweg verlassen, denn er wird von einer Bahnstrecke durchtrennt. Für mich bedeutet das einen 1,5km langen wenig schönen Umweg entlang der Bahnstrecke. Dann wird die Strecke wieder schön, doch die Regenwolken werden immer dunkler. Trotz des ungemütlichen Wetters, treffe ich einen älteren Nordic Walker, den ich freundlich grüße.
    Da ich erwarte, dass es sehr bald anfängt ordentlich zu regnen, beginne ich, nach einem Übernachtungsplatz zu suchen, was sich erneut als schwierig erweist. Ich muss Prioritäten setzen. Ist es mir wichtiger, so wenig wie möglich in den Lebensraum der Tiere einzudringen oder ist es mir wichtiger, nicht gesehen zu werden? Ich entscheide mich abermals für den Tierschutz. Einen Platz, an dem man unentdeckt schlafen kann, gibt es hier nur direkt im Wald, alles andere ist recht gut einsehbar, gerade, da auch die Büsche aktuell noch keine Blätter haben. An jeder Ecke sind Hochsitze. Selbst mit einem Zelt, das nicht bunt ist, wäre es schwierig, sich hier wirklich zu verstecken. Neben dem Weg stehen ein paar Büsche. Es ist nicht optimal, das Zelt hier aufzustellen, aber es erscheint mir als meine beste Option. Ich lege den Rucksack ab und setze mich erstmal auf die Wiese. Bones setzt sich auf meinen Schoß (wer kann dem Hund eigentlich mal sagen, dass man mit 21kg nicht mehr unter dem Begriff „Schoßhund“ läuft?). Ich beobachte erstmal die Umgebung. Die Wetterlage erlaubt es, noch etwas abzuwarten. Die nächsten Ortschaften sind von hier aus mehrere km weit weg und als ich wirklich den Eindruck habe, dass hier niemand mehr kommt, baue ich trotz der frühen Stunde mein Zelt auf. Solange das Wetter halbwegs hält, möchte ich allerdings draußen sitzen und weiterhin beobachten, was so vor sich geht. Ich bin etwas überrascht, als der Nordic Walker zurück kommt, doch er marschiert einfach an mir vorbei. Gesehen hat er mein Zelt gewiss.





    Ich entscheide mich, in mein Zelt zu gehen, denn es wird immer ungemütlicher und beginnt zu regnen. Im Zelt sortiere ich mein Zeug und überlege, was ich heute Abend essen soll. So richtig Hunger habe ich nicht. Eher aus Vernunft entscheide ich mich für warmen Milchreis. Ich fülle das Wasser in den Topf. Mangels Platz überlege ich, ihn kurz auf meinem Bein abzustellen und denke mir „nee, blöde Idee, das kippt sicher um“. Weil ich manchmal einfach ein Held bin, mache ich es trotzdem. Und was passiert? Richtig, ein halber Liter Wasser läuft durch mein Zelt. Toll, wirklich ganz toll! Bei einer Trekkingtour, auf der ich nicht die geringste Chance auf eine Dusche habe nehme ich natürlich auch kein Handtuch mit, sodass ich einfach alles auf die Suppe schmeiße, nur um meinen Schlafsack noch halbwegs vor der Flut zu retten. Prima Ulli, jetzt hast du deine einzigen Ersatzsocken nass gemacht und eigentlich wolltest du die jetzt dann anziehen! Manchmal bin ich schon wirklich glorreich... Matte nass, Schlafsack nass, Socken nass, Wetter bäh und keine Ahnung, ob der Herr von vorhin mich irgendwo meldet. Der Abend ist doch richtig super! Da ich es jetzt ohnehin nicht ändern kann, versuche ich mein Glück nochmal und setze erneut Wasser auf. Siehe da, es kocht... und plötzlich ist der Kocher aus. Das Gas ist leer. Das darf doch bitte einfach nicht wahr sein! Ich habe 1x im Leben keine zweite Kartusche dabei und dann geht mir das blöde Gas aus? Zuhause hatte ich wenig vernünftig die Kartusche geschüttelt und mir gedacht „passt schon“. Tja, das habe ich nun davon. Alles nass, Gas leer, Handyakku auch nicht sehr voll (auch hier habe ich mich dieses Mal gegen ein Backup entschieden und mein GPS-Gerät mal daheim gelassen) und die Aussicht auf zwei koffeinfrei Tage. Wow, ich bin ja wirklich ein Pechmagnet! Normalerweise trägt diesen Titel einzig und allein meine zottelige Blondine, doch die liegt bei den Hundesittern auf der Couch und ich bin offensichtlich die nächste in der Warteschlange.
    Der Milchreis ist warm, aber besonders schmackhaft ist er nicht. Und da ich ohnehin kein Gas mehr habe und den Kocher deshalb nicht mehr brauche, stelle ich Bones gleich den ganzen Topf hin. Mahlzeit!
    Ich vergrabe mich in meinem Schlafsack und warte darauf, dass es endlich dunkel wird. Als es dunkel ist, versuche ich Frostie noch einmal dazu zu bewegen, seine Blase auszuwinden. Doch er hat scheinbar genauso wenig Lust, aus dem Zelt zu krabbeln, wie ich. Wir bleiben also beide liegen und versuchen zu schlafen.

  • Auch wenn das nicht so schön klingt, finde ich deine Erzählung trotzdem super. Gerade diese Sachen, die schief laufen, gehören ja dazu. Und ich kann mir richtig gut vorstellen, wie du da in deinem Zelt vor dich hin fluchst.


    Aber die Bilder sind trotzdem traumhaft :herzen1:

  • Auch wenn das nicht so schön klingt, finde ich deine Erzählung trotzdem super. Gerade diese Sachen, die schief laufen, gehören ja dazu. Und ich kann mir richtig gut vorstellen, wie du da in deinem Zelt vor dich hin fluchst.

    :lachtot: Gut, dass die nächsten Dörfer so weit weg waren.


    Ach, Pleiten, Pech und Pannen gehören dazu.


    Wenn ich an meine Kocheltour denke, wo ich am ersten Tag gleich mal 10km Umweg gelaufen bin und am Abend nach 38km dachte, ich breche zusammen... trotzdem war es eine der schönsten Touren, die ich je mit Ali gemacht habe. :herzen1:
    Chaos gehört dazu. Wenn's kein Chaos gibt, dann war ich nicht dabei. :lol:

  • Wie auch schon beim letzten mal, du schreibst echt klasse. Man kann sich das sehr schön bildlich vorstellen. Und Pleiten, Pech und Pannen gehören dazu...eine längere andertour ohne währe doch wesentlich "unspannender" :-)



    Das Forum hat gemosert, mein Beitrag sei zu lang. Tz, dabei habe ich mich so kurz gefasst. :D

    Und nein, ich finde nicht das deine Beiträge zu lang sind, sie haben eine gute länge um das abends auf der couch zu lesen während der Hud auf meinem Schoß liegt.
    Währe Nala nicht schon 12 und hätte HD und den ganzen Mist würde ich auch noch einmal eine solche Tpur machen. Als Bushcrafter würde ich warscheinlich ohne Zelt gehen und mir für Nachts ein kleines Naturshelter bauen. Aber irgendwie finde ich dein Zelt schon cool, gerade dieses queetsch Gelbe hat irgendwie etwas :-)
    Ich freue mich schon auf das nächste Stück zum lesen...weiter so.


    mögen Euch Stock und Stein, nicht brechen Euer Gebein!

  • Aber irgendwie finde ich dein Zelt schon cool, gerade dieses queetsch Gelbe hat irgendwie etwas :-)

    Mein Zelt ist vor allem irgendwie anders, so wie ich auch.
    Dank Bones ist das Loch in der Innenzelttür inzwischen nämlich so groß, dass ich die Tür eigentlich auch ganz offen lassen könnte. :hust:
    Das wird nächstes Wochenende bestimmt lustig, wenn ich 4 Tage auf Kanutour bin und wegen diesem Sack von einem Hund von Mücken aufgefressen werde.

  • Das wird nächstes Wochenende bestimmt lustig, wenn ich 4 Tage auf Kanutour bin

    Oh ne Kanutour...ich will auch.


    Ich beneide ja jeden der mit seinem Hund noch richtige Wandertouren machen kann. Durch Nalas HD, Arthrose und Lendenwirbelprobleme wird das bei uns wohl nix mehr...und ohne Nala wandern?....nein das mag ich nicht, der Hund müsste schon mit können...aber das tu ich Nala nicht an, nicht bei ihre gesundheitlichen Probleme.

  • Ja, kenne ich, aber ich muss ab und zu los, sonst drehe ich durch.


    Aber ne Kanutour könntest du mit Nala doch machen? Das steckt Ebby immer ziemlich gut weg, da ist es fast egal, in welcher Verfassung sie ist. Sie liegt da wie die Queen im Boot und beansprucht den meisten Platz für sich. Wenn sie mies drauf ist, mache ich halt keine Mehrtagestouren, weil ich dann nicht möchte, dass sie auf dem kalten Boden übernachtet.


  • Aber ne Kanutour könntest du mit Nala doch machen?

    Nala ist so nen Zappelfillip, ich würde am laufendem Band kentern :D
    Hab schon überlegt nen Fahrradanhänger zu besorgen wo der Hund rein kann und den man zu machen kann, damit ich mit Nala mal eine Radtour machen kann.


    Aber die Dinger sind ja so teuer :|

  • Nala ist so nen Zappelfillip, ich würde am laufendem Band kentern :-DHab schon überlegt nen Fahrradanhänger zu besorgen wo der Hund rein kann und den man zu machen kann, damit ich mit Nala mal eine Radtour machen kann.


    Aber die Dinger sind ja so teuer :|


    Ich dachte überhaupt nicht, dass Ebby im Kanu liegen bleibt, weil sie ja so eine furchtbare Wasserratte ist, aber sie war total entspannt. Am WE hab ich dann ne neue Chance zu kentern, denn Bones wird in die Kunst des Kanufahrens (äh Kenterns) eingeweiht. :D


    Nen Fahrradanhänger hab ich auch kürzlich gekauft.



    Stimmt, die sind teuer, aber es gibt sie in unterschiedlichen Preiskategorien. Ich hab mich am Ende tatsächlich für ein recht teures gebrauchtes Modell entschieden, weil Ebby keine wabbeligen Böden mag.


    Und um den Bogen zum Kolonnenweg wieder zu schlagen:
    Es ist total schade, dass der Kolonnenweg so fahrraduntauglich ist, sonst hätte ich die Grunzessin im Anhänger mitgenommen.

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