Schwarzer Engel auf 4 Pfoten

  • Wenn man sich ein Tier zulegt, dann macht man sich darüber normalerweise lange Gedanken. Was für ein Tier soll es sein? Wo holt man sich dieses Tier? Kann man es sich leisten? Was braucht das Tier alles? Habe ich die Zeit dafür?, sind sicherlich nur einige der aufkommenden Fragen.
    Bei mir und meinem Mischlingsrüden war das anders. Es waren nicht die besten Vorausetzungen gegeben, um einen Hund ins Haus zu holen. Ich war bei weitem nicht in der Verfassung, mich um ein Tier kümmern zu können. Ich war zu dem Zeitpunkt schwer drogenabhängig und habe mich nach jemandem gesehnt, der bei mir ist. Eines Tages sah ich an einer Laterne einen Zettel. Jemand hatte einen Hund "umständehalber abzugeben". Ich habe die Frau angerufen und mich mit ihr verabredet. Sie ließ mich nicht in die Wohnung, aber sie zeigte mir vor der Tür den Hund. Ein recht großer, pechschwarzer, langhaariger Hund mit weißem Brustfleck kam in den Hausflur, leckte mir die Hand und sprang an mir hoch. Die Frau sagte, daß sie keine Zeit und keine Lust mehr hat, sich um den Hund zu kümmern, er macht ihr zu viel Arbeit und außerdem wollte sie ihn nicht haben. Es war der Hund ihres Sohnes, den sie aufgenommen hat. Ich meine, mich zu erinnern, daß es etwas mit einer Allergie zu tun hatte. Mir war das aber auch egal. Ich wollte den Hund haben, also habe ich der Frau EUR50 gegeben und dafür den Hund mit Leine und Halsband bekommen.
    Der Hund war zu dem Zeitpunkt 6 Jahre alt, ein Mischling aus Border Collie und Labrador. Er zog nicht an der Leine, hatte keine Angst vor dem Straßenverkehr, war stubenrein und machte sich nichts draus, wenn ich den ganzen Tag zugedröhnt in der Wohnung lag und ihm einmal am Tag was in den Napf kippte. Ich war sicherlich das schlechteste Herrchen der Welt. Mein Partner, der zu dem Zeitpunkt nicht bei mir wohnte, erfuhr über Freunde erst, daß ich einen Hund geholt hatte und er war entsprechend wütend. Aber ich brauchte diesen Hund. Er war bei mir, wenn ich Paranoia hatte, nachts nicht schlafen konnte, wenn ich Schmerzen hatte. Von der ersten Sekunde an war er mein Freund und er wich nicht von meiner Seite, auch, wenn er bei mir nicht das Leben eines glücklichen Hundes hatte. Einmal hat er sogar Drogen gefressen und ein Freund hat ihn zum Tierarzt gebracht.
    Der Hund hat oft mal was angekaut. Er konnte nie allein bleiben und fraß, was er zwischen die Kiefer bekam, sobald ich auch nur den Raum verließ. Wenn er nicht gerade die Nachbarschaft zusammenbellte und heulte.
    Zwei Monate, nachdem der Hund bei mir eingezogen war, ging ich in den Entzug. Mein Partner zog in meine Wohnung ein und versprach, sich um den Hund zu kümmern. Während des Entzugs und der darauf folgenden Langzeittherapie hatte ich wenig Kontakt zu meinem Partner und dem Hund. Das war Teil der Therapie und sicherlich auch hilfreich. Fast ein ganzes Jahr war ich weg von zu Hause und vermisste meinen schwarzfelligen Freund sehr. Ich wollte alles dafür tun, ihm irgendwann ein angemessenes Herrchen sein zu können.
    Mein Partner hingegen hatte alle Hände voll zu tun. Er wollte nie einen Hund haben. Aber er beschäftigte sich jeden Tag intensiv mit dem Tier und arbeitete mit ihm. Bald konnte der Hund allein bleiben, beherrschte Befehle, machte nichts mehr kaputt, lernte Tricks. Mein Partner musste beruflich in eine ländlichere Gegend ziehen und nahm den Hund mit. Hier konnte er durch Wälder und Felder laufen, in Bächen und kleinen Teichen schwimmen und er bekam von meinem Partner jeden Tag frisches Fleisch zu fressen. Endlich bekam mein Tier das Leben, das es verdient hatte.
    Die Bindung zwischen meinem Hund und mir ist nicht so intensiv wie die zwischen meinem Partner und ihm. Wie auch? Immerhin haben die beiden die allermeiste Zeit miteinander verbracht.
    Ich bin mittlerweile seit über zwei Jahren clean, ich wohne mit meinem Partner recht beschaulich ländlich, unsere "Familie" hat sich vergrößert, als im Januar ein tschechoslowakischer Wolfhundwelpe bei uns eingezogen ist. Mein Partner ist der absolute Hundemensch geworden und hat ein feines Händchen in der Hundeerziehung entwickelt. Buster, mein schwarzer Engel, gehorcht meinem Mann ohne Worte, aber wenn es mir mal schlecht geht, kommt er immer noch zu mir ins Bett und weicht mir nicht von der Seite.


    Ohne meinen Hund hätte ich die schwierigen Phasen in meinem Leben wahrscheinlich nicht überlebt. Und seither sehe ich auch Hunde, die mit ihren Herrchen und Frauchen auf der Straße leben, mit ganz anderen Augen.
    Das wollte ich nur mal mit euch teilen. :-)

  • Da hat sich ja euer Leben für alle in eine positive Richtung gewandt. Glückwunsch! :gut:


    Gut allerdings, dass dein Engel nicht zu lange unter diesen, wie ich finde, wirklich schlimmen Anfangsbedingungen bei dir leben musste.


    Und dein Partner verdient alle Hochachtung, dass er dich so enorm unterstützt hat. Er hätte Hundi ja auch ins TH geben können (und es hätte sicher jeder verstanden). Umso schöner, dass er sich auch mit dem "Virus Hund" infiziert hat. :D


    Viel Glück euch allen weiterhin. :smile:

  • Danke!


    Ich hätte ihm nie verziehen, wenn er Buster ins Tierheim gebracht hätte. Er ist mein Schicksalshund und das Schicksal wollte, daß wir einander haben. Ich hoffe sehr, daß ich noch ein paar Jahre an ihm habe. Mit seinen 9 Jahren ist er ja fast schon ein Senior.

  • Respekt, dein 'Leid' so offen mit allen zu teilen. Da sieht man immer mal wieder, in vereinzelten Fällen, dass Tiere IMMER ein treuer Begleiter des Menschen sind und sogut es für sie geht versuchen bei einem zu sein. Mich freut es unglaublich so eine Erfolgsgeschichte lesen zu können und das es Dir UND deinem Hund jetzt gut geht. :) Das habt ihr euch einfach beide verdient. Er wird es dir sein Leben lang danken, dass Du ihn trotz deiner damaligen schweren Situation bei dir aufgenommen hast und er nicht im Tierheim im Zwinger landen musste! :gut: Ich wünsche euch und eurer 'kleinen Familie' nur das Beste, Gesundheit und dass ihr weiterhin Spaß an den Wuffis habt. Nicht viele Menschen verdienen so meinen Respekt und hochachtung, Du schon! :gut:

  • Ich danke dir. :smile: Mir war es ein Bedürfnis, es einmal aufzuschreiben. Von Menschen bin ich im Leben oft enttäuscht worden und nicht jeder hat es gut mit mir gemeint. Aber auf meine Tiere konnte ich mich immer verlassen.


    Schönen Abend!


    Jo

  • Zitat

    . Und seither sehe ich auch Hunde, die mit ihren Herrchen und Frauchen auf der Straße leben, mit ganz anderen Augen.
    Das wollte ich nur mal mit euch teilen. :-)


    :gut: :gut:

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