Beiträge von jUmOs

    Diese Art von Interaktion von zumeist fremden Hunden miteinander auf so genannten Hundewiesen oder in Auslaufgebieten entspricht nicht dem Bedürfnis von Hunden nach sozialer Interaktion mit Artgenossen - es ist Stress, mit dem unterschiedliche Hunde unterschiedlich gut zurechtkommen. Es herrscht meistens das Recht des Stärkeren, es wird gemobbt und provoziert, oft erlernt in schlecht oder gar nicht regulierten Welpenspielgruppen. Hunde entwickeln Strategien, mit der für sie unangenehmen Situation fertig zu werden - gehen nach vorne, oder ziehen sich zurück, je nach dem. Unbestritten gibt es Nuancen (wie in allen anderen Lebensbereichen auch) aber der Großteil dieser Hunde-Hotspots und die meisten Interaktionen von Hunden an solchen Orten geben lediglich dem unwissenden Hundehalter das Gefühl, ihr Hund amüsiere sich stets königlich - die Hunde selbst wären meist lieber woanders.

    Und das ist weniger meine Meinung als eine - vielleicht zu kurze - Zusammenfassung aktueller Erkenntnissen von Verhaltensbiolog:innen, Trainer:innen und Veterinärmediziner:innen, von denen ich ausgehe, dass sie wissen, was sie tun. Und nein, ich habe nicht alles gelesen, was zu dem Thema publiziert wurde und habe auch noch nicht die Methodik der erwähnten Paper bis ins letzte Detail hinterfragt.

    Im Folgenden ein wenig was zu lesen zum Thema (hab ich vor kurzem ein wenig recherchiert, weil mir das „die müssen doch spielen“ mal wieder sehr auf die Nerven ging), das ist mir jedenfalls lieber als nur Meinung. Es sind wissenschaftliche Paper und auch Blogs dabei, von Anne Bucher weiß ich zum Beispiel, dass sie sich bei ihren Aussagen auf entsprechende Publikationen beruft - also nicht nur eine Meinung zum Thema hat.

    Bauer, E. B., & Smuts, B. B. (2007). Cooperation and competition during dyadic play in domestic dogs, Canis familiaris. Animal Behaviour, 73(3), 489–499. https://doi.org/10.1016/j.anbehav.2006.09.006

    Blaschke-Berthold, U. (2017). Welpenspielstunden aus verhaltensbiologischer Sicht. Schweizer Hunde Magazin 1/17, 12–16.

    Bucher, A. (2021, März 12). Mein Hund will zu jedem Hund hin—Anders mit Hund Podcast #34 [Podcast]. https://annebucher.com/blog/34-mein-h…-jedem-hund-hin

    Bucher, A. (2021, April 18). Mobbing auf der Hundewiese und in der Hundeschule | Anne Bucher. https://annebucher.com/blog/mobbing-auf-der-hundewiese

    Byosiere, S.-E., Espinosa, J., & Smuts, B. (2016). Investigating the function of play bows in adult pet dogs (Canis lupus familiaris). Behavioural Processes, 125, 106–113. https://doi.org/10.1016/j.beproc.2016.02.007

    Gansloßer, U., & Käufer, M. (2022). Und sie spielen doch! die Wissenschaft vom Hundespiel: Kommunikation, Kontext, Konsequenzen. Kosmos Verlag

    Howse, M. S., Anderson, R. E., & Walsh, C. J. (2018). Social behaviour of domestic dogs (Canis familiaris) in a public off-leash dog park. Behavioural Processes, 157, 691–701. https://doi.org/10.1016/j.beproc.2018.03.016

    Kobelt, A. J., Hemsworth, P. H., Barnett, J. L., Coleman, G. J., & Butler, K. L. (2007). The behaviour of Labrador retrievers in suburban backyards: The relationships between the backyard environment and dog behaviour. Applied Animal Behaviour Science, 106(1–3), 70–84.

    Mariti, C., Falaschi, C., Zilocchi, M., Fatjó, J., Sighieri, C., Ogi, A., & Gazzano, A. (2017). Analysis of the intraspecific visual communication in the domestic dog (Canis familiaris): A pilot study on the case of calming signals. Journal of Veterinary Behavior, 18, 49–55. https://doi.org/10.1016/j.jveb.2016.12.009

    McEvoy, V., Espinosa, U., Crump, A., & Arnott, G. (2022). Canine Socialisation: A Narrative Systematic Review. Animals, 12(21), 2895. https://doi.org/10.3390/ani12212895

    Tami, G., & Gallagher, A. (2009). Description of the behaviour of domestic dog (Canis familiaris) by experienced and inexperienced people. Applied Animal Behaviour Science, 120(3–4), 159–169.

    Vékony, K., Prónik, F., & Pongrácz, P. (2022). Personalized dominance – a questionnaire-based analysis of the associations among personality traits and social rank of companion dogs. Applied Animal Behaviour Science, 247, 105544. https://doi.org/10.1016/j.applanim.2022.105544

    @Cindychill Die Zusammenfassung finde ich etwas unterkomplex. Kann sein, dass das Video + Diskussion hier nicht reinpasst, aber auf Hundebegegnungen solcher Art kann ich gut verzichten. Hat null Wert für den Hund außer unnötigen Stress.

    Ich wundere mich nur noch..

    Und zur Aussage "über dem Teich blablub"...ja geht Mal in die durchschnittliche deutsche Rauferstunde, vermutlich fallt ihr da in Ohnmacht oder gleich ins Koma :rolling_on_the_floor_laughing:

    Oder in die Bundeshauptstadt an den Grunewaldsee, vorzugsweise am Wochenende, nachmittags bei gutem Wetter. Es gibt Gerüchte aus diesem Hundeauslaufgebiet, dass es „fast jede Woche“ schwer verletzte Hunden und/oder Totbisse gibt. The Place to Go, wenn man seinen Hund loswerden oder traumatisieren möchte. Solche Alphamännchen ganz so wie im Video gibts da auch. Und einen selbsternannten Regional-CM ham wir in Berlin auch, einen richtigen Rudelführer mit gaaannnz toller total männlicher Filosofi. Genau.

    Studie zu Lebenserwartung und Todesursachen bei Berner Sennenhunden in der Schweiz

    Masterarbeit Michael Klopfenstein

    Hier Zitate aus der Studie von Klopfenstein (2016):

    Zitat

    Jüngste neue Vorschriften wurden vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärmedizin (FSVO) eingeführt, um die Zucht von Tieren mit vererbten Defekten, die mit Schmerzen oder Leiden verbunden sind, einzuschränken. Diese neue Verwaltungsverordnung verpflichtet auch Rassenorganisationen, die Gesundheit ihrer Rasse systematisch zu überwachen und Maßnahmen zu ergreifen, um die Zucht von Merkmalen zu reduzieren oder zu verhindern, die sich negativ auf die Gesundheit der Rasse auswirken können. Infolgedessen startete der

    Schweizerische Klub für Berner Sennenhunde

    einen Aufruf, den aktuellen Gesundheitszustand der Rasse in der Schweiz zu untersuchen und ein Erhebungssystem einzurichten, um epidemiologische Gesundheitsdaten prospektiv zu sammeln. Ziel dieser Studie war es, die Lebenserwartung und Todesursachen von in der Schweiz geborenen Berner Sennenhunden zu untersuchen.

    Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen eine hohe Prävalenz von Neoplasien (Neubildung von Körpergewebe, gebräuchlich als Synonym für Krebs) und die damit verbundene niedrige Lebenserwartung bei Berner Sennenhunden. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer breiteren präzisen Diagnostik und weiterer Forschung zu bösartigen Tumoren in dieser Rasse, um die allgemeine Gesundheit der Rasse zu verbessern.

    Passt nicht ganz zur Angst vor Krebs. Was Hinweise auf hinreichend belegte gesundheitliche Probleme der Rasse mit madig machen zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Fakten vertragen sich aber offensichtlich nicht mit Meinungen und Ansichten im postfaktischen Zeitalter.

    Des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Nicht unbedingt das des kranken Hundes, aber nun denn.

    network Ganz genau so.

    Neala

    Gern. Zuerst der wichtigste Punkt:

    Ich kann die Nutzung und damit Relativierung des Begriffs rassistisch außerhalb der Bedeutung, die der Begriff hat – Ausgrenzung, Diskriminierung und Herabwürdigung von Menschen und die damit verbundenen entsetzlichen Folgen – nicht ertragen.

    Zweitens finde ich den Begriff Listi bescheuert. Ebenso die damit verbundene „humorvolle“ Verharmlosung der unter diesem oder dem Begriff Kampfhunde zusammengefassten Hunderassen und deren Mischlingen.

    Drittens können diese Hunde gefährlich sein und sind es sehr häufig auch, weil sie aus meiner Sicht in 99% der Fälle von unkundigen Menschen gehalten werden, Stichwort status dog, die DF bubble vielleicht ausgenommen. Für die Hunde selbst bedauernswert, weil sie zumeist als Ego Booster genutzt werden – weil’s so krasse Hunde sind oder wegen des Kampfschmuser-hab‘-ich-gerettet-Gedöns – beide Motive verkennen den Hund und sind deshalb häufig gefährlich für Menschen und andere Lebewesen. Dies aufgrund meiner eigenen Erfahrung mit Hunden dieser Art, die ohne Ausnahme miserabel sind. Ohne Ausnahme. Das sind eigene Erfahrungen ohne Anspruch auf Übertragbarkeit oder Allgemeingültigkeit.

    Daher habe ich weder Interesse an Kampfhunden noch Geld für wenig qualifizierte Aufklärung (siehe Punkt 1) übrig.

    Hier (Berlin-Mitte) gibt es etliche bedauernswerte Kreaturen dieser Art, bevorzugt Blue Line, mit überzeichnet klischeehaften Besitzern, Realsatire, wenn es nicht so gefährlich wäre. Alle sind artgenossenaggressiv, werden mit Ballwerfen ausgelastet und laufen z.T. unangeleint mit den vollkrassen superlässigen Jungs herum, die im Park Rauschmittel aller Art verticken. Herrlich. Da nutzt die Entvölkerung des Viertels durch Mietenexplosion, Wohnungsprivatisierung und Luxusneubau auch nix, weil der erholungsuchende Pöbel mit Kampfschmuser erstens auch eine weitere Anreise in Kauf nimmt, um an der Spree zu hocken und sich und andere zu berauschen und zweitens die Verbindung von neuem Geld und absurden Statussymbolen aller Art (krasser Hund, krasses Auto, krasser Schmuck etc) eben auch prototypisch ist. Es ist zum Heulen und hysterisch Kichern, je nach Tagesform.

    Ob ich mich zu den Helikopter-Muddis zähle? Kommt darauf an. Orientiere ich mich an der "da müssense durch", "dit ham wa imma schon so jemacht"-Fraktion definitiv ja. Gehe ich auf der anderen Seite davon aus, dass es essentiell ist, bedürfnisorientiert mit Hunden zu leben, d.h. für mich, die Bedürfnisse des Hundes bestmöglich zu kennen, diesen Bedürfnissen in Alltag, Sport und Arbeit weitestgehend zu entsprechen und Gesundheitsvorsorge zu betreiben. Dies schließt ausdrücklich mit ein, dass ich möglichst niemanden mit meiner Hundehaltung belästige - Menschen, andere Hunde, Katzen, Pferde, Nutz- und Wildtiere. Auf der anderen Seite aber dafür sorge, dass mein Hund nicht belästigt wird (@ChatSauvagee Aufzählung kann ich voll und ganz unterschreiben: Familienfeiern, Fokus auf den Hund bei Spaziergängen (das ist meine quality time mit dem Hund und keine Menschenbespassung), Alleinlassen).

    Mein Hund soll sich innerhalb dieses Rahmens so frei wie möglich bewegen können - ohne übertriebene Fürsorge und ohne fahrlässiges Risiko. Daran arbeite ich, die Umsetzung ist noch nicht 100%ig gelungen.

    Klar ist auch, dass Fehler passieren können und ich fehlbar bin, im Freilauf unaufmerksam bin oder so - aus diesem Grund trägt mein Hund z.B. einen GPS-Tracker. Ein Smartphone habe ich sowieso immer dabei. Aufgrund der hohen Dichte von ignoranten Hundehalter*innen in meinem Wohnort habe ich meistens Tierabwehrspray dabei. Da ich auch mitunter mehrere Stunden und auch Tage in abgelegeneren Gebieten (Trekking mit Hund) unterwegs bin, habe ich ein Erste-Hilfe-Set für Hund und Mensch dabei. Auch eine Notfallkarte mit Hinweis auf den Hund ist dabei, damit sie für den Fall der Fälle versorgt ist. Und Wasser hab ich auch mit, weil die Belastung mit Cyanobakterien in den hiesigen Gewässern hoch sein kann und ich das Risiko einer Vergiftung nicht unnötig eingehen will.

    Bin ich also eine Helikopter-Muddi, weil ich das o.g. Equipment dabei habe und/oder auf bestimmte Umstände sehr genau achte? Eher nicht, meine ich. Es ist aus meiner Sicht vielmehr so, dass ich versuche im Bewusstsein zu handeln, dass ich eine hohe Verantwortung einem Lebewesen gegenüber habe, über dessen Leben ich mit meinen Entscheidungen vollumfänglich bestimme.