Ganz generell finde ich es eine gute Sache, wenn man sich vorher genau überlegt was einem wichtig ist. Auf diese Art kann man so manche spätere Enttäuschung vermeiden, und ich finde auch nichts verwerfliches daran, wenn man einen Hund sucht der möglichst gut zu den eigenen Vorstellungen passt.
Allerdings ist es wichtig, auch den anderen Schritt zu tun und sich klar zu machen, dass es nicht um ein Auto mit Wunschausstattung geht. Sondern eben um ein Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen - und diese Bedürfnisse sind nicht immer vollumfänglich deckungsgleich mit denen des Menschen. Vor allem kann man die Eigenschaften nicht beliebig kombinieren, und auch nicht beliebig an- und ausknipsen. Wenn man sich einen intelligenten Hund wünscht, dann muss man damit leben, dass er in vielen Bereichen schlaue Schlüsse zieht - das macht die Erziehung alles andere als einfach. (Ich werde wohl nie verstehen, wie so viele Menschen darauf kommen, ein intelligenter Hund sei leicht zu erziehen?) Möchte man einen Hund, der nicht bzw. kaum haart, dann muss man entweder anderweitig in die Fellpflege investieren (trimmen, scheren...), oder bzw. manchmal sogar und damit leben, dass er weniger witterungsfest ist als andere. Ein Hund, der sehr sportlich sein soll, ist das auch dann, wenn Familienfeiern anstehen, man mit Grippe im Bett liegt oder den Knöchel verstaucht hat.
Vor allem aber: Auch der perfektest ausgesuchte Hund ist zunächst Welpe und Junghund, und muss in dieser Zeit mit Geduld auf seinen späteren Job vorbereitet werden. Also ist erst mal ohnehin mindestens ein Jahr lang nix mit den erträumten Jogging- und Radrunden, und dann muss der Hund allmählich daran gewöhnt werden. Und ein paar Jahre später wird der Hund irgendwann älter, und ob er es nun einsieht oder nicht, dann sollte er auch nicht mehr so Volldampf machen wie in jüngeren Jahren: Wieder sollte der Mensch dann darauf Rücksicht nehmen, und dem Oldie - der sein Programm ja über viele Jahre gewohnt war! - regelmäßig sein reduziertes, zumutbares Programm ermöglichen. Und zwar ohne ihn spüren zu lassen, dass er nicht mehr so leistungsfähig ist wie früher! Bedeutet dann wiederum eine Zeit, in der man die Jogging- und Radrunden, für die der Hund angeschafft wurde, nicht (mehr) im gewünschten Maß zusammen ausüben kann. Einmal ganz abgesehen davon, dass auch im besten Alter Dinge passieren können, die die ganzen schönen Pläne über den Haufen werfen: Einmal beim Sprint über die Wiese blöd in ein Kaninchenloch getreten, Kreuzbandriss, und das wars dann erst mal mit dem Sport...
Von daher stellt sich die wichtige Frage: Wie perfekt muss der Hund sein, damit man ihn lieben und schätzen kann? Denn ich persönlich finde, jeder Hund hat das Recht darauf, um seiner selbst willen geliebt und gewollt zu werden. Der Rest ist ein Bonus, prima wenn es so kommt - aber es darf niemals so im Mittelpunkt stehen, dass die Freude am Zusammenleben in den Hintergrund rückt. Genau genommen sollte es für die Haltung eines "Familien- und Freizeithundes" nämlich nur einen einzigen guten Grund geben: Die völlig zielfreie Freue am Leben mit diesem Wesen. Der Rest wächst gemeinsam. Wer dagegen nur seine Wunschvorstellungen im Fokus hat, der wird mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit an der einen oder anderen Stelle unangenehm mit dem Boden der Tatsachen Bekanntschaft machen. Und es dann hoffentlich nicht am Hund auslassen, der diesen Traumvorstellungen auf die eine oder andere Art nicht gewachsen war, nicht gewachsen sein konnte.