Beiträge von Montagsmodell

    Ich habe bei Airdales schon beides gesehen, sowohl die super zu führenden freundlichen (immer natürlich vorausgesetzt, man beachtet die terriertypische "Denke" - mit Druck und Kasernenhofton geht auch bei diesen Exemplaren gar nix!) wie auch die heftig nach vorne gehenden, die auch gerne Artgenossen schreddern würden. Ob das nun an den Linien liegt oder an der Aufzucht, das kann ich nicht genau sagen. :ka:

    Kann man durch gewisse Kreuzungen nicht auch Erfolg haben und man bekommt einen gesunden Hund?

    Das denken sich sehr viele. Ich seh da halt nur zwei kleine Haken:

    1. Wenn ich schon zwei Ausgangsrassen mit gesundheitlichem Problempotential habe, wie sollen daraus kerngesunde Nachzuchten entstehen?
    2. Selbstverständlich, so gehen die meisten davon aus, erben die Nachkommen natürlich die jeweils guten Eigenschafen beider Elternteile! Bloß, wer genau informiert sie vorher darüber welches nun die guten Eigenschaften genau sind? |)

    Die Qualzucht kommt jedenfalls nciht nur, weil der Mops, Frenchie, HZ-Schäferhund keine Aufgabe mehr hat. Wenn Hütehunde jetzt arbeitslos werden würde, weil niemand mehr Schafe so hält, das man dafür einen Hund benötigt , würden die dann auch Plattnasen bekommen, Schrägheck oder andere Deformationen ? Vielleicht mehr Fell, weil manche Fellberge schön finden...

    Spekulation: Selbst wenn die Züchter dem Drang widerstehen könnten, auf rein optische Kriterien zu züchten und damit Ärger zusammenzubrauen, würde zuerst mal das feine Zusammenspiel der Talente verloren gehen. Je nach Zufall würde ein Verhaltensteil plötzlich wegbrechen, ein anderes sich in den Vordergrund schieben, mit dem Ergebnis, dass die Hunde zunächst mal in sich selbst unausgewogen werden. Mit Glück ein "können, nicht wollen" - mit Pech aber "viel wollen, aber nix können". Oder ein Hervorbrechen von Verhaltensweisen an völlig ungeeigneter Stelle.

    Das pendelt sich vielleicht(!) wieder irgendwie auf ein brauchbares Mittelmaß ein. Was aber mit ziemlicher Sicherheit passiert ist, dass sich irgendwelche Veränderungen ergeben, die normalerweise den Einsatz der Hunde erschwert und sie damit aus der Zucht gekegelt hätten. So was wie einfach nur schwächere Bänder zum Beispiel, oder ein kleines Gelenkproblem, oder was mit der Verdauung, oder... Das ist bei einem Begleithund natürlich nicht so schlimm, so lange er sonst lieb und brav ist, also was macht's? Es wird auch mit diesen Hunden weiter gezüchtet, und bevor man sich richtig umguckt hat man plötzlich quer durch die Rasse das eine oder andere dicke Problem...

    Leider keine reine Fantasie, sondern bei etlichen Rassen ein Erfahrungswert.

    Was die Zucht der schon vorhandenen Begleithundrassen angeht, nehmen wir doch mal den momentan auch allseits so beliebten Chihuahua. Selbst wenn man von den Gesundheitsproblemen durch die optische Extremzucht völlig absieht: Charakterlich wüsste ich beim Chi echt nicht, wie ich sie als Rasse beschreiben sollte. Na gut, vielleicht mit: Lass dich überraschen? Ich kenne Chis ohne einen Hauch von Jagdinteresse und solche, die einem sämtliches Kleingetier vor die Füße legen. Ich kenne urgemütliche Typen und völlig hochgedrehte. Ich kenne total verspielte und andere, die das völlig blöd finden. Manche sitzen jedem Menschen sofort auf dem Schoß, andere wollen nicht mal angeschaut werden. Die einen lieben andere Hunde, die nächsten finden jegliche anderen Vierbeiner komplett überflüssig. Und diese Liste ließe sich fortsetzen, ich kenne nur wenige Rassen die im "Komplettbild" derartig unberechenbar sind. Und diejenigen, die eine ähnliche "guckst du halt was du kriegst" Bandbreite aufweisen, gehören allesamt ebenfalls zu den Begleithundrassen...

    Stelle ich mir das nun in groß vor dann bin ich nicht wirklich sicher, ob das die Menschen wirklich glücklicher machen würde. :pfeif:

    Ich schmeiße da mal einfach eine kleine Anekdote in den Raum, mir vor kurzem selbst passiert.

    Eine entfernte Bekannte fragte mich um Rat, weil ihr Golden draußen ins Wasser ging und einfach nicht mehr rauszukriegen war. Nähere Nachfragen ergaben dann weitere "Probleme" wie die Tatsache, dass er auch im Wald nicht unbedingt brav mitlaufen wollte. Als ich dann die Haltungsbedingungen näher hinterfragt habe kam raus, der Hund ging am Wochenende mit in den Wald zum Familienausflug und sollte dann brav sein. Ansonsten durfte er mal mit durch die Straßen, mal auch nur auf kleine Runden und sonst regelmäßig in den Garten. Auf meinen Hinweis, dass das alles diesem Hund so gar nicht gerecht wird und er schon ein wenig mehr Beschäftigung braucht, sowohl für den Körper wie auch für den Kopf, kam dann die völlig entgeisterte Antwort: Aber sie haben doch extra einen Familienhund gesucht, und jeder, der Züchter eingeschlossen, hat ihnen gesagt dass die Golden tolle Familienhunde wären! Wieso also hörte der dann nicht mehr sobald Wasser im Spiel war?

    Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Für viele, sehr viele gerade Ersthundehalter bedeutet "Familien-" bzw. "Begleithund" eben wirklich, dass der Hund ohne weitere Umstände in der Familie funktionieren soll. Und zwar ohne, dass man die andere Seite "und was braucht der Hund um glücklich zu sein" da weiter differenziert einbeziehen würde.

    Ich kenne eine Menge Hunde verschiedenster Rassen, die super im Familienalltag funktionieren. Aber immer nur unter der Voraussetzung, dass ihre jeweiligen Bedürfnisse wahrgenommen und erfüllt werden. Und aus diesen Erfahrungen heraus habe ich eben Bauchschmerzen bei dem Gedanken, wenn Hunde - übrigens egal welcher Größe - als einfache Familien- oder Begleithunde angepriesen werden.

    Denn eine weitere Beobachtung, die ich bisher mit Hunden der reinen Begleithundrassen gemacht habe: Die haben zwar keine Spezialbegabung, die man drigend bedienen sollte. Dafür sind sie aber oft genug eben nicht mehr auf auf innerliche Ausgewogenheit selektiert, sondern echte Ü-Eier. Da gibt es innerhalb einer Rasse "alle Sorten" im Charakter, was halt aufgrund der Größe nicht so wirklich viel ausmacht... Zumindest dem Menschen nicht.

    Es geht hier gerade eben darum, dass es ja bereits einige Rassen gibt, die sich als Begleithund eignen - wenn man auf ihre Ursprungseigenschaften, die gar nicht mehr in vollem Umfang vorliegen, einzugehen bereit ist. Der Ruf nach einer reinen Begleithundrasse ist aber noch mal was anderes, nämlich der Wunsch nach einem Hund ohne diese "Herkunftslasten".

    Und sind wir doch mal ehrlich: Wie viele kleine Begleithunde wären um einiges glücklicher, wenn die Menschen mehr darauf eingehen würden dass sie im Grunde eben doch Hunde sind? Nur, weil man ihre Bedürfnisse leichter übergehen kann, macht das die Sache nicht besser :( :

    Alles kann, nix muss

    Das ist eine sehr zentrale Formulierung. Wenn die Menschen das lesen würden als "alles mögliche kann, nix spezielles muss" - dann wäre ich damit absolut einverstanden. Leider wird das aber viel zu oft verstanden als "wenn ich will geht alles, und wenn ich nicht will braucht er gar nix". Und diesen Anspruch empfinde ich persönlich eben als extrem unfair gegenüber dem Lebewesen Hund.

    Das mit der Motivation ist aber schon ein wichtiger Punkt. Da soll der Traum-Familienhund selbstverständlich gerne mit den Kindern spielen und Bällchen holen, aber bitte keinem Jogger nachlaufen und bloß bitte nicht auf die Idee kommen irgendwas lebendiges zu jagen. Er soll im Urlaub die Familienwanderungen mitmachen, aber bitte zufrieden sein zu Arbeitszeiten nur kleine Runden um die Häuser zu laufen. Nur so als Beispiel dafür, was man tatsächlich sehr oft zu hören bekommt...

    Das Problem mit den Hunden "ohne Spezialisierung" ist ja, dass da eben nicht mehr gezielt bestimmte Anlagen selektiert werden. Oft genug mit dem Ergebnis, dass dann beim Individuum eben irgend was mehr oder weniger zufällig zum Vorschein kommt. Außer, man selektiert gezielt auf "will gar nix außer meditative Ruhe halten". Das wiederum ist dann aber auch nicht recht, weil so ein Hund dann ja nicht so richtig zu motivieren ist wenn man doch mal was machen möchte. :ka:

    Hunde sind nun mal keine Autos, die man versucht zu optimieren damit sie mit möglichst wenig Sprit möglichst bequem und wartungsfrei fahren. Sondern Lebewesen, die Bedürfnisse haben - haben sollten. Macht nicht genau das die eigentliche Faszinatioin an der Hundehaltung aus? Der Kontakt, das Lernendürfen von einem anders gearteten Lebewesen?

    Was ich halt immer bedenklich finde: Es gibt von den meisten Menschen eine lange Liste, was ein Hund alles mitbringen soll. Und diese Liste läuft im Grunde oft darauf raus, dass er die Bedürfnisse des Menschen erfüllen und dabei möglichst wenig Umstände und Arbeit erfordern soll. Was ich mir dabei viel mehr wünschen würde wäre eine Liste, was man dem Lebewesen Hund ermöglichen kann, um sich dann ehrlich zu fragen, welcher Hund dazu passen würde. Und im Zweifelsfall eben auch entscheiden, das reicht fairerweise nicht.