Ich habe nicht alles durchgelesen, wurde aber hierher bestellt.
Also gebe ich mal meinen Senf dazu:
Dein Hund ist nun in dem Alter, in dem du wunderbar an seiner Pöbelei arbeiten kannst: er steckt zwar in der Pubertät, ist aber erwachsen genug, um schon stückweise konzentriert arbeiten zu können - trotz Ablenkung.
Ich habe hier selber ein Exemplar sitzen, mit dem ich immer noch sehr hart an der Unsicherheit gepaart mit Territorialverhalten und Pöbelei arbeite.
Balou wird in zwei Monaten zwei Jahre alt, ist ein Golden Retriever aus der AL und mag keine anderen Menschen. Es gibt welche, die er ok findet, aber die kann ich an einer Hand abzählen.
Als er klein war, fiddelte er und versuchte Abstand zu Menschen reinzubringen. Diese ließen ihn aber leider auch nach mehrfacher Aufforderung nicht in Ruhe. Mit der Zeit war er draußen deutlich angespannt und scannte die Gegend ab - das ging schon mit vier Monaten los. Mit fünf Monaten fing er an zu melden - auch wenn wir uns nicht auf unserem Grundstück befanden - sein Territorialverhalten erwachte.
Mit sieben Monaten stellte er das erste Mal einen Mann im Wald, der im Gehölz unterwegs war.
Mit einem Jahr ging neben dem Fixieren an der Leine plus Anspannung die Pöbelei los.
Er stellte noch einmal einen Mann im Wald.
Ich trainiere so:
Gäste, Nachbarn usw dürfen Balou nicht anfassen. Nie. Ich unterhalte mich mit Nachbarn nur aus der Entfernung und bleibe in Bewegung, wenn ich Balou dabei habe. Wollen die Nachbarn länger quatschen, bringe ich ihn ins Haus und komme allein wieder raus. Mit genügend abstand lege ich ihn ab, trete auf die Leine und rede dann.
Gäste dürfen Balou auch nicht ansehen oder ansprechen. Balou liegt auf seinem Platz. Sind es Gäste, die er ok findet und demnach ignoriert, wird er nach einiger Zeit freigegeben und geht nach Lust und Laune einmal schnuppern oder auch nicht und entspannt sich dann irgendwo. Kontrollierendes Verhalten wird von mir unterbunden.
Draußen wechsle ich generell die Straßenseite, außer die Person taucht plötzlich auf. Balou geht immer auf der abgewandten Seite (das hilft ihm sehr) und läuft im "Hier-Kommando" maximal mit Kopflänge vor mir, seitlich darf er weiter ausweichen. Fuß ist bei uns kontraproduktiv, er braucht etwas Spielraum. Balou darf schauen - ich lenke seinen Blick mittlerweile mit "weiter" - das geht aber erst seit kurzem und auch nicht durchgehend. "Schau" war nicht machbar für uns, er muss seine Umgebung im Blick behalten dürfen.
Das sind meine Präventivmaßnahmen.
Läuft es nicht so tutti, weil der Mensch Balou anquatscht oder Balou warum auch immer keifend in der Leine hängt, gibt es ein "Nein", ich blocke ihn, drehe mit ihm um und versuche erneut, anständig an den Menschen vorbeizugehen. Ich spreche nicht mit den Menschen und Grüße nicht etc, wenn Balou so drauf ist.
Während wir vorbeigehen, lobe ich ihn überschwänglich. Auch wenn das den Leuten doof vorkommt.
Nähert sich jemand frontal und spricht Balou an und möchte eindeutig Kontakt aufnehmen, darf Balou knurren und auch bellen. Er muss aber sofort aufhören, sobald der Mensch sich wieder zurücknimmt. Das macht er auch sehr gut.
Außerdem gehen wir vermehrt - seit er oft ohne Pöbeln vorbei läuft - an belebten Orten spazieren. Dort haben die Menschen besseres zu tun, als meinen Hund zu belästigen und er macht positive Erfahrungen - Menschen, die ihn ignorieren.
Mittlerweile sind wir so weit, dass er an belebten Orten schnüffelnd seines Weges läuft und an der 2 m Leine an den Leuten einfach vorbeigeht - ohne zu gucken.
Sehen Menschen so aus, als könnten Sie Kontakt aufnehmen wollen, nehme ich ihn immer neben mich.
In deinem Beispiel aus dem Eingangspost hätte ich nicht diskutiert. Ich hätte direkt geblockt (den Hund) und eine Kehrtwende hingelegt. Dann wäre ich erneut an dem Menschen vorbei gegangen. Wenn jemand so dicht ist, dass er sich über deinen Hund beugen kann, bist du viel zu zögerlich und langsam gewesen. Denk nicht darüber nach, was der andere denken könnte, sondern mach dein Ding. Zeig deinem Hund, wie man souverän an nervigen Leuten vorbei geht - indem man diese nicht beachtet.
Und wenn es richtig übel ist, hat es noch niemandem wehgetan zu fragen, ob die Leute Platz machen können, damit du vorbei kommst. Selbst auf einem engen Wegg kann sich der andere wegdrehen und an den Rand stellen. Und dann nimm dir die Zeit, die du brauchst, Hektik macht bloß deinen Hund wuschig und unsicher.
Habe leider gerade keine Zeit mehr, die Mittagspause ist rum.
Du kannst mich auch gerne per PN anschreiben.