Millemaus hat ne griechische Hirtenhündin und könnte bestimmt mal erzählen, was da auf euch zu kommen könnte. Dann könnt ihr entscheiden, ob das wirklich ist, was ihr euch vom Zusammenleben mit einem Hund wünscht.
Ohne den Thread gelesen zu haben platze ich dann hier mal rein und erzähle ein bisschen was von Nala.
Also... Nala ist mittlerweile fast 6,5 Jahre alt und davon 6 Jahre bei mir. Sie wurde in Griechenland auf einem Parkplatz gefunden und passt phänotypisch und auch vom Verhalten her ziemlich gut zum Hellenikos Poimenikos, also "dem" geriechischen Hirtenhund. Sie sieht auf den Bildern recht klein aus, deswegen: ca 60cm Schulterhöhe und 26kg.
Ich beschreibe sie immer gerne als "Herdenschützer light" und damit als für mich perfekten Hund. Im selben Atemzug sage ich aber auch immer dazu, dass sie bei anderen Leuten mit relativ hoher Sicherheit problematisch bis gefährlich hätte werden können.
Ich mache mit ihr (hobby mäßiges) Rally Obedience und kann sie ohne Leine laufen lassen. Sie fährt problemlos im Auto mit, liebt den Tierarzt und kann einfach überall chillen. Sie braucht keinerlei Beschäftigungsprogramm, nimmt aber alles, was ich ihr anbiete gerne an. In der Wohnung merkt man sie fast gar nicht. Sie liegt im Sommer zu 95% am kältesten Ort der Wohnung, im Winter liegt sie gerne stundenweise bei uns. Ist draußen auf der Straße "Radau" schaut sie aus dem Fenster und wufft und knurrt gelegentlich mal. Genau so, wenn im Treppenhaus was anderes passiert, als dass unsere Nachbarn nach Hause kommen. Vögel sind ihr vollkommen egal (bis auf Krähen), mit Kühen, Pferden etc. pp. hat sie kein Problem, genau so wenig mit Rollstühlen, rennenden Kindern, ... Sie kann wahnsinnig gut hündisch kommunizieren und reagiert meistens angemessen.
Sie lässt fremde Leute nur in die Wohnung, wenn ich dabei bin, ist mein Partner mit ihr alleine geht das nicht. Sie jagt auf Sicht, das sehr ernsthaft. Alleine bleiben fällt ihr extrem schwer, trotz langem Training. Sie ist generell sehr auf mich bezogen und auch wenn sie meinen Partner sehr mag, kann er sie nicht frei laufen lassen, Hundekontakte sind schwierig und generell muss er mit ihr viel mehr aufpassen. Frust kann sie nur schwer aushalten und äußert das ausgesprochen vokal (Heulen/Jaulen). Wiederholungen von Übungen findet sie spätestens ab dem dritten oder vierten Mal sinnlos, dann "steigt sie aus". Sie haart ganzjährig wirklich doll und findet alles an Manipulationen an sich (bürsten, Krallen schleifen, ...) einfach scheiße. HSH typisch findet sie fremde Menschen und Hunde erstmal unnötig und möchte keinen Kontakt. Um die meisten Hunde machen wir auf Gassis einen großen Bogen.
Sind wir alleine auf meinem Platz (sie erkennt das Grundstück als "ihres" an), weil ich z.B. Dinge repariere, "Garten"arbeit mache o.ä. und jemand geht auch nur außen am Wall (sie sieht die Person nicht) vorbei, wird gemeldet. Und das sehr ausdauernd. Bei meinem Rüden reicht in der Situation ein Abruf und das Thema ist gut. Bei ihr muss ich hingehen und "für sie" schauen, dass alles ok ist. Sonst hört sie nicht auf.
Betritt jemand das Gelände, läuft sie hin und stellt und verbellt (würde es jemand drauf anlegen, bzw. würde ich nicht einschreiten, würde es unter Umständen noch weiter eskalieren).
Trotzdem kann ich sie in meiner Hundeschule mitlaufen lassen und sie macht dabei keinerlei Probleme.
Kommen meine Kund*innen mit ihren Hunden auf den Platz ist sie aufmerksam und neutral bis freundlich (je nach anderem Hund). Mache ich Theorie legt sie sich neben mich und chillt, in der Praxis kann ich mit ihr "vorturnen".
Das ganze klingt ziemlich ambivalent und genau so ist es auch. Es ist eine Mischung aus ihrer Genetik und meiner Erziehung, bzw. viel mehr meinem Umgang mit dieser Genetik. Und das ist bei allen HSH und Hirtenhunden mMn das absolut wichtigste: Anerkennen, wofür sie gemacht sind und lernen, damit umzugehen.
So haben wir bspw. nur einen eher mäßigen Rückruf, dafür ein bombensicheres Stopp. Warum? Weil Nala auf Grund ihrer Genetik super gerne steht und schaut. Beim Rückruf muss sie dem, was sie interessiert, den Rücken zuwenden. Das will sie nicht. Beim Rückruf arbeite ich also gegen die Genetik, beim "Stopp" mit ihr.
Der Freilauf an sich funktioniert auch nur zuverlässig, weil ich einschätzen kann, wo wir wahrscheinlich Wild treffen könnten und ich sie vorher anleine. Bzw. generell sehr aufmerksam unterwegs bin und so Wild meistens vor ihr sehe und sie eben dann anleine oder beschäftige. Das ist der Vorteil daran, dass sie Spuren nicht verfolgt.
Aber auch hier ist wieder viel Mitdenken des Menschen erforderlich. Einfach so vor sich hinbummeln und den Hund machen lassen geht meistens nicht.
Bei einem HSH oder Hirtenhund muss man sich darauf einstellen, dass vieles, was wir normalerweise von einem Hund erwarten, so nicht funktionieren wird. Das Rally Obedience funktioniert bei uns bspw. auch nur, weil ich die Übungen stark abwechsle und nicht oft mache. Würde ich 20 Mal hintereinander Sitz-Platz-Sitz-Übergänge üben, würde sie mir recht schnell die Mittelkralle zeigen und nicht mehr kooperieren. Zudem weiß ich genau, wie ich sie motiviert kriege. Auch da komme ich mit Wiederholungen aber nicht weit. 10 Mal dasgleiche Leckerchen? Nicht mit ihr.
Das muss man wollen. Man muss kreativ werden und viel um die Ecke decken.
Das Wachen und Schützen darf nicht unterschätzt werden. Das ist einfach was ganz anderes als ein Labbi, der bellt, weil es klingelt. Findet sie etwas komisch, ist sie schwer vom Gegenteil zu überzeugen. Das geht nur in monatelanger Arbeit, in der man sich als Mensch als zuverlässig beweisen muss.
Wir haben zu Hause eher wenig Besuch, was die Sache zudem einfacher macht. Besuch, der zu uns kommt, kennt sie idR schon lange (meine Eltern z.B.) und macht damit keine Probleme.
Sie kann an meiner Reaktion an der Gegensprechanlage genau abschätzen, ob Besuch oder ein Paketbote kommt. Beim Paketboten bleibt sie liegen, bei Besuch wartet sie gespannt an der Tür.
Wenn man selbst keine Erfahrungen mit solchen Hunden hat ist es schwierig, passende Trainer*innen für sie zu finden. Eben weil vieles nicht "nach Schema F" funktioniert.
Diese Hunde tun Sachen idR nur dann, wenn sie einen Sinn dahinter sehen. Und "mein Mensch möchte das" reicht da meistens nicht aus...