Ich habe keine Ahnung, ob ich dir das schon mal erzählt habe - wenn ja, dann wiederhole ich mich nun einfach 
Du weißt ja, dass Balou am Anfang wirklich eine Katastrophe war. Nichts und wirklich gar nichts hat geklappt. Null Bindung zu mir, null Interesse an mir und niemand konnte verstehen, dass mein Hund nicht so ist wie ihre. Dass er nicht frei laufen kann, dass er nicht hört usw.
Und ich habe mir den Ar*** aufgerissen um ihn zu erziehen. Wie du habe ich dies probiert, habe das probiert. Irgendwas musste doch funktionieren! War bei diesem Trainer und bei jenem, war in dieser Hundeschule, in einem anderen Verein und bestimmt in 101 Foren.
Während ich also all mein Herzblut, all die Mühe und Tränen in diesen Hund gesteckt habe hörte er auf Christian einfach. Einfach so. Er sagte, er soll herkommen. Balou kam. Balou hatte eine lange Phase in der sich von mir auf dem Spaziergang nicht mal mehr anfassen ließ. Christian konnte ihn anfassen.
Gott, war ich gefrustet!
Und je mehr Christian mich darauf hinwies, wie "locker flockig" das bei ihm klappt, desto wütender wurde ich.
Er betonte mir gegenüber aber auch immer: "Weißt du, bei mir ist das ja was anderes. Ich will nicht viel mit dem Hund machen. Ich will nur, dass er auf die drei Kommandos, die ich ihm gebe, höre. Außerdem kann ich gar nicht so viel falsch machen mit dem Hund wie du, weil ich nicht so viel mit ihm unterwegs bin. Ich habe gar nicht die Möglichkeit so viele Fehler zu machen."
Irgendwie hatte er damit ja Recht.
Dass Christian so gut mit ihm klar kam lag an ganz einfachen Dingen: Er ist IMMER gleich mit ihm umgegangen. Hat nie Methoden geändert oder war mal konsequenter mal weniger. Er war für Balou immer eine Konstante, auf die er sich verlassen konnte während ich für ihn gewesen sein muss wie ein Fähnchen im Wind - "Heute machen wirs so, morgen so und übermorgen nochmal ganz anders!" Außerdem machte sich Christian nicht so viel aus der ganzen Sache. Er akzeptierte Balou als den Hund, der er ist. Selbstständig mit einem ganz eigenen Kopf. Und wenn er ihm ein Kommando gab, dann setzt er es durch. Notfalls auch mal, indem er ihn kurz am Halsband packte und zu sich hergeschliffen hat, wenn er nicht gekommen ist. Aber nie ohne sich viele Gedanken drüber zu machen. Das war einfach: Hund packen, ranholen, monotone Bestätigung, laufen lassen.
Und irgendwann fing ich ja dann auch endlich an mich von all diesen Methoden zu lösen und meinen eigenen Weg zu finden. Nach und nach fand ich "unseren Umgang" miteinander und Balou wusste endlich woran er bei mir ist. Ich setzte meine Erwartungshaltung runter, versuchte weniger zu vergleichen und nahm mit der Zeit den Druck aus der ganzen Sache.
Ich denke genau das ist es bei euch auch: Du machst dir einen Kopf, du steckst all dein Herzblut in Lilly. Du versuchst krampfhaft alles richtig zu machen und baust damit unterbewusst einen wahnsinnigen Druck auf dich und den Hund auf.
Dein Freund dagegen macht sich diesen Stress nicht. Er nimmt Lilly als den Hund, der sie ist und schaltet den Kopf aus, wenn er mit ihr rausgeht.
Dass das unfair ist, das weiß ich nur zu gut und ich weiß ganz genau, wie es dir geht. Aber ich bin mir auch genau so sicher, dass ihr auch noch "euren Umgang miteinander" findet. Dass ihr euch aufeinander einspielt. Lilly wird immer ein Jagdhund bleiben, so wie Balou seine Selbstständigkeit nie verloren hat. Du weißt ja, wie viel ich heute noch mit ihm diskutieren muss, wenn er gerade nicht so will wie ich. Und heute noch lachen Leute über uns. Aber heute kann ich dann zurückgrinsen und behaupten "Der Hund hat halt Charakter!"
Ich genieße diesen Hund, der mir so viel beigebracht hat, denn irgendwann kommt der Tag an dem man sich denkt, dass diese intensive, von so vielen Höhen und Tiefen durchzogene Zeit, viel zu kurz war. Was aber nicht heißt, dass ich heute nicht auch noch in die Luft gehen könnte, wenn Balou mal wieder nach links geht während ich nach rechts möchte ... 
Vielleicht tut es dir auch mal ganz gut, wenn du weniger mit ihr rausgehst. Einfach um mal runterzukommen, mal durchatmen zu können 