Beiträge von VaRiOuS

    Hallo zusammen!


    Nachdem ich mich nun stundenlang durch alle Beiträge gelesen habe, möchte ich auch mal etwas zu dem Thema beitragen – habe mich schließlich extra dafür angemeldet :)


    Kurz zu meiner Person: ich habe zwar (noch) keinen eigenen Hund, bin aber seit fast zwei Jahrzehnten (zwischendurch eine 5-jährige Pause wegen Ausbildung und Arbeit) Dogwalker. Inzwischen arbeite ich nun nebenberuflich in einer Hundeschule. Ich habe also die verschiedensten Hunderassen und -charaktere kennenlernen dürfen. Von ängstlichen Chihuahuas, sturen Bordeauxdoggen, friedlichen Deerhounds, hartnäckigen Englischen Bulldoggen, nervösen Boxern bis hin zu epilepsie-erkrankten JRT und rüdenaggressiven Kangal-Mixen war eigentlich alles dabei. Nebenbei studiere ich Tierpsychologie mit der Fachrichtung Hund, habe etliche Seminare besucht und sämtliche Fachliteratur gewälzt. Auch an dem theoretischen Wissen dürfte es mir also – theoretisch gesehen ;) - nicht fehlen. ABER: die Praxis ist nun mal kein Buch.. Ich finde es wirklich gut, dass du dich so weit im Voraus mit dem Thema auseinandersetzt – wirklich vorbereiten kann man sich aber nicht (erst recht nicht nur mit theoretischem Wissen). Denn erstens kommt es oft anders, zweitens als man denkt. Nicht ohne Grund liest man in den Erfahrungsberichten immer wieder neue Dinge – denn sie sind eben „neu“, weil sie vorher noch nicht passiert sind bzw. zumindest nicht dokumentiert wurden.
    Die Idee, sich mit einem Züchter in Verbindung zu setzen finde ich sehr gut! Es ist zwar auch kein Vergleich dazu, einen Hund (egal welcher Rasse) 24/7 um sich zu haben, aber gut für ein erstes Kennenlernen.
    Viele Hundetrainer bieten auch Beratung zum Thema Ersthund an (hier ist es allerdings wichtig an den richtigen Trainer zu geraten)– vielleicht kannst du so eine Beratung mit dem Besuch beim Züchter verbinden?
    Wenn du ein Tierheim in der Nähe hast, würde ich dir – wie schon mal in einem Beitrag stand – ebenfalls empfehlen, dich dort als Gassigeher anzumelden. Dort lernst du dann viele verschiedene Hunde kennen und merkst vielleicht, dass es viele andere tolle Rassen & Mischlinge gibt. Außerdem sammelst du so schon mal erste Praxiserfahrung. Und wenn die Tierpfleger der Meinung sind, du kannst dich steigern, kannst du dich ggfs. (in Verbindung mit einer guten Versicherung ;) und bestenfalls unter Aufsicht mit dem Pfleger des Hundes) mit „Problemhunden“ auseinandersetzen (davon findet man ja gelegentlich welche im Tierheim wird gemunkelt ;p)
    Ausstellungen und Treffen sind vielleicht auch keine schlechte Idee für einen ersten Eindruck. Ebenso wie Besitzer zu kontaktieren und die Tiere in live sehen.


    Wenn ich es richtig gelesen habe, möchtest du einen Wolfhund unter anderem wegen seiner Ursprünglichkeit, richtig? Dann bedenke zunächst den Aspekt der Ursprünglichkeit, den alle Hunde (der Wolfhund aber nun mal besonders) in sich tragen: Hunde sind, wie der Wolf, Rudeltiere. Und meiner Meinung nach kann ein Mensch einen Hund nicht ersetzen. Hunde spielen untereinander anders, sie können sich lesen, sie pflegen sich anders, sie nehmen Emotionen und sooo viele Details wahr, wie es ein Mensch niemals vermag! Ich sage nicht „alle sollten mindestens zwei Hunde haben!“, aber ich verstehe auch nicht ganz, wieso der Mensch versucht ein Tier zu verändern.
    Mal ein Beispiel dazu aus einem anderen Blickwinkel: Frettchen. Du kannst in Deutschland fragen, wen du willst: Frettchen müssen nach allen Aussagen zu mindestens zwei Tieren gehalten werden. Diesem Rat bin ich dann natürlich gefolgt - ich habe mich schließlich vor dem Kauf der Tiere gut über sie informiert – dachte ich zumindest. Bis ich eines Tages zu einem Tierarzt in die Niederlande gefahren bin, weil der TA, den in Deutschland viele als „den Frettchen-Guru“ darstellen, einen gravierenden Fehler gemacht hat (gut, wir sind alles Menschen, Fehler können passieren; aber eben auch verhindert werden! Und dieser Fehler hätte nicht passieren sollen..). Die TÄ in NL hat meine Frettchen bis ins kleinste untersucht und eine Millionen Fragen gestellt. Sie war ihr Geld mehr als wert! Am Ende fragte sie: „Weißt du, von welchem Tier das Frettchen abstammt?“, ich dachte, ob das wohl eine Fangfrage ist und dann fragte sie: „joa, und wie viele wildlebende Iltisse hast du kennengelernt, die in „Rudeln“ leben?“.. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen.. Der Iltis ist Einzelgänger.. Wie kommt der Mensch auf die Idee, einen Einzelgänger zu einem Rudeltier umändern zu wollen? Frettchen werden BEI WEITEM nicht so lange domestiziert wie Hunde. Und Hunde sind nach jahrtausendlanger Einzelhaltung immer noch Rudeltiere. Wieso also sollte das Frettchen in weitaus kürzerer Zeit zu einem Rudeltier geworden sein? Ich habe drei Frettchen; zwei davon stört es nicht mit anderen zusammen zu sein, aber eines ist eben extrem ursprünglich und muss nun zum Fressen und Schlafen von den anderen getrennt werden. Tatsächlich geht es ihm seit dem viel besser!
    Nun, was ich eigentlich damit sagen will (lange Rede, kaum Sinn) ist, dass man bei Tieren berücksichtigen sollte, was sie eigentlich sind. Im Nachhinein frage ich mich, was damals mit mir los war, dass ich keinen Gedanken daran „verschwendet“ habe... Und zweiter Sinn eben, dass es solche und solche gibt – überall. Der eine Hund wird vielleicht kein Problem, der andere vielleicht schon. Man kann so etwas nicht voraussagen, sollte sich aber auf den schlimmsten Fall einstellen.


    Was also, wenn du einen Hund erwischst, der tatsächlich nur mit der einen Person leben will? Was aber, wenn das nicht du bist, wenn er sich dann doch deinen Partner aussucht (wie viele schon geschrieben haben, ist es bei einem Tier, das durchaus 15 Jahre leben kann eben nicht mit „in den Wald schreien“ getan)? Und was, wenn er sogar aggressiv oder panisch (oder sonstwie extrem) auf die Person(en) reagiert, die er sich nicht als seine Bezugsperson ausgesucht hat?


    Das Alleinebleiben sehe ich ebenfalls als großes Problem. Deine Schwiegermutter und drei Katzen sind kein Sozialpartnerersatz für einen Hund. Wie du jetzt schon öfter lesen durftest, überleben nicht einmal alle Katzen dieses Zusammentreffen.. Und was, wenn dein Hund also doch zu diesem „Ein-Mensch-Hund“ wird und sich nicht von deiner Schwiegermutter ausführen oder sitten lässt?


    Ein weiteres großes Problem ist aber auch deine von dir beschriebene Emotionalität. Psychische Erkrankungen hin oder her, die müssen bei diesem Thema keine Rolle spielen – was jedoch eine große Rolle spielt ist diese emotionale Instabilität (und die gibt es bei weiß Gott vielen Menschen – unabhängig von BPS). Viele Hunde kommen damit nicht klar. Viele Hunde sind bei so etwas egoistisch und nutzen dich an schlechten Tagen (egal, ob psychisch oder physisch – und das kann bei JEDEM Menschen vorkommen) skrupellos aus, um ihren eigenen Nutzen durchzusetzen. Gerade Wolfhunde spüren sofort jegliche Unsicherheiten oder emotionale Schwankungen auf und Hunde nutzen so etwas gerne zu ihrem Vorteil. Sie werden kein Mitleid mit dir haben! Hunde haben kein moralisches Denken wie wir. Sie werden früher oder später deine Führungsposition in Frage stellen und eventuell der Meinung sein, sie seien eher als „Rudelführer“ geschaffen – oder sie suchen sich eben jemanden, der ihnen Stärke und Stabilität bietet.


    Und was ist mit dem Jagdtrieb? Eine Schleppleine muss nicht unbedingt die Lösung dafür sein. Das Schwierige am Jagdtrieb der Ursprungshunde (und auch vieler anderer Rassen) ist, dass sie die Jagd gnadenlos zu Ende bringen (können). Ein TWH kann z. B. problemlos sehr lange Strecken in flottem Tempo zurücklegen.


    Das Thema SWH muss für dich trotz allem nicht gleich abgehakt sein. Ich fände es zum Beispiel einen guten Kompromiss, den SWH als Zweithund zu einem gut ausbildeten, souveränen Ersthund dazu zu holen – das Problem mit dem fehlenden Sozialpartner wäre somit auch behoben.


    Außerdem ist es nicht so, dass dir hier niemand persönlich einen SWH gönnt.. Diese Kommentare würden bei jedem anderen Menschen genau so erfolgen, das darfst du also nicht persönlich nehmen, sondern als hilfreiche Tipps! Sei froh darüber, dass dir hier niemand vorspielt, wie toll und romantisch es ist und du dann auf einmal mit der Realität überrascht wirst.
    Andersrum würden die meisten wahrscheinlich auch so reagieren, wenn du dir eine andere Rasse ausgesucht hättest, die sich vielleicht auch nicht gerade unbedingt als Ersthund eignen würde (Beispiel Kangal oder Thai-Ridgeback)..
    Es muss halt einfach passen. Zu einem selbst, zum Umfeld, zum Leben..
    Meiner Meinung nach sind auch Huskys im Grunde nicht für die Haltung in warmen Ländern geeignet.. Abgesehen von seiner Fellstruktur und seinem Körperbau, die dem kalten Klima perfekt angepasst sind, haben sie wohl auch (so habe ich gehört – beschwören kann ich es nicht) dunkleres Muskelfleisch als andere Hunde, was eine bessere Durchblutung hervorruft. Das wiederum bedeutet, dass er sich sehr schnell aufwärmt und bei Temperaturen über 15°C eigentlich nicht mehr zu „gebrauchen“ ist..


    Wie dem auch sei: alles kann, nichts muss.. Wie es letztlich kommt, kann niemand vorhersagen. Du hast nach Meinungen gefragt und viele (ehrliche und nützliche) Meinungen bekommen und diese solltest du dir wirklich zu Herzen nehmen – nicht nur zu deinem Wohl, sondern auch zum Wohl des Hundes (egal welcher Rasse). Sei so fair und denke daran! Sieh es nicht als Angriff sondern als Hilfe.


    Was spricht denn für dich dagegen, sich den SWH als Zweithund dazu zu holen?