Beiträge von Fusselnase

    Vorsorglich, bevor wieder was fehlinterpretiert wird:
    Bei allen Tipps und Ideen gilt: Es geht nicht darum, dass er es jetzt machen muss! Weder jetzt noch muss.
    Es geht nur darum, eine Möglichkeit zu bieten. Möglich, dass er, wenn er allein ist, an etwas knabbert und dass ihm das irgendwie gut tut. Ich glaube, er wird es momentan nicht tun, aber vielleicht macht er es irgendwann.

    Fakt ist, dass Knabbern und Schlecken (v. a. Letzteres) von Hunden selbst eingesetzt wird, um Stress abzubauen. Also ist es sinnvoll, ihnen eine Gelegenheit zu geben. Wenn sie sie nicht annehmen, dann eben nicht. Aber versuchen kann man es ja, ganz ohne Zwang.

    Erpressbar ist er nicht - Putenwienerle, Käse, Leckerlies von der Therapeutin, das alles lässt ihn kalt. Da ist er ein bisschen wie Frauchen, er durchschaut, wenn er erpresst wird...

    Das meinte ich auch nicht. Das Lecken an sich baut nachweislich Stresshormone ab. Hunde lecken sich in solchen Momenten z. B. die Pfoten, bei manchen geht es leider bis hin zum Wundlecken.
    Es geht also nicht um die Belohnung erwünschten Verhaltens (schon gar nicht um Erpressung, aber ich denke, das meintest du scherzhaft). Wenn man mit einem Angsthund trainiert (also mit einem, der schon weiter ist), dann kann man das Lecken gezielt einsetzen, um die Situation für den Hund angenehmer und aushaltbar zu machen, z. B. mithilfe einer Futtertube.
    Das könntet ihr euch vielleicht später mal zunutze machen. :smile:

    Und immer wenn er vorwärts ging, hat sie ihn gelobt - wenn er rückwärts ging, sagte sie gar nichts, blieb einfach stehen und hat gewartet...

    Das ist es, was ich mit meinem Bild mit der Pfötchenmassage ausdrücken wollte. Nachgeben, aber nicht loslassen.
    Wobei das immer nur auf eine bestimmte, zeitlich begrenzte Situation bezogen ist und da lange Ruhephasen dazwischen enorm wichtig sind (Stressabbau).

    A propos Stressabbau - knabbert er gerne an Sachen (Ochsenziemer und Co.)? Das kann beruhigend wirken. Noch mehr das Schlecken! Vielleicht könnt ihr ihm einen Kong besorgen und mit was Leckerem füllen.
    Vielleicht nimmt er es (noch) nicht, aber generell ist Schlecken für Hunde eine effektive Methode zum Stressabbau.

    Beim Lesen wird mir wieder bewusst, wie viele Glück wir mit unseren beiden Tierschutzhunden hatten:

    Ich lese von soooo vielen Tierschutzhundehaltern, sie hätten einfach nur Glück gehabt. Ich meine: Es gibt einfach sehr viele sehr oder weitgehend unproblematische Hunde im Tierschutz. Wir hatten sechsmal hintereinander Volltreffer, wobei die letzte ja auch ein Angstproblem hat. Aber sie ist toll, einfach nur toll!
    Ein bisschen hängt es vielleicht auch mit der inneren Einstellung zusammen. :smile:

    Und der Hübsche hier ist ja erst ganz kurz da.

    Mich verwirren etwas die vollkommen unterschiedlichen Sichtweisen - doch in gewisser Weise helfen sie mir auch. Ich bin mir sicher, dass wir das schaffen. Und unsere Gedanken sind sehr wichtig bei so etwas.

    Das kann ich verstehen, mir geht es auch immer so, aber es kann auch helfen, verschiedene Sichtweisen einzunehmen und sich zu überlegen, was auf die eigene Situation passt. Naja, das hast du ja auch geschrieben, und ich denke, da sind wir uns alle einig.

    Ich arbeite ja selbst therapeutisch, und ich habe aus meiner Hundewelt ein Bild übernommen, das mir manchmal hilft. Meine Tierärztin hat mir mal gezeigt, wie man bei Hunden eine Pfotenmassage macht (kann hilfreich sein bei alten Hunden). Sie sagte dann: Wenn der Hund die Pfote wegzieht, soll man nachgeben, also mit der Bewegung mitgehen, aber nicht loslassen. Ich signalisiere also dem Hund: Ich habe wahrgenommen, dass du dich dem entziehen willst, aber ich lasse nicht los, sondern mache sanft weiter.
    Das ist ein gutes Bild, finde ich. Nachgeben, aber nicht loslassen.
    Natürlich nicht, wenn es etwas ist, das dem Hund wirklich nicht gut tut. Und den Unterschied zu erkennen ist manchmal nicht ganz einfach!

    Bei dem dosierten Stress, dem man einem Hund zumutet, muss man auch beachten, dass es ein paar Stunden dauert, um Stresshormone abzubauen. Das heißt, wenn man einem Hund, der z. B. draußen Angst = Stress hat, viermal am Tag einen Spaziergang zumutet, dann hat der pausenlos Stresshormone im Blut. Das ist auf Dauer nicht gesund. Deshalb sind lange Ruhephasen wichtig.
    Andererseits sollte sich seine Strategie (ich bleibe einfach hier hinterm Körbchen und falle nicht weiter auf) nicht verfestigen, und wenn man ihn komplett in Ruhe lässt, kann das passieren. Deshalb: Es geht hier nicht darum, möglichst schnell einen Erfolg zu haben, sondern den richtigen Weg zu finden.

    Bei meiner Hündin war es etwas einfacher. Sie hatte keine Angst vor uns Menschen oder vor anderen Hunden, und es gab hier eben noch eine andere Hündin, an der sie sich orientieren konnte. Ich glaube, das war für sie enorm wichtig, und so, wie du den Kleinen beschreibst (beobachtend), denke ich, dass die Hündin deiner Freundin etwas helfen könnte.
    Meine Feli hatte anfangs vor allem Angst, rauszugehen. Drinnen war es weitgehend in Ordnung. Sie konnte unters Bett kriechen, wenn ihr etwas zu viel war, ist dort allerdings immer wieder von allein vorgekommen. Aber in den ersten Tagen musste ich sie zum Pieseln raustragen. Glücklicherweise hat sie immer alles brav gemacht. Und dann habe ich Tag für Tag ein paar Schritte mehr mit ihr gemacht. Ich habe immer versucht, das nicht zu überreizen, so dass sich die Angst vorm "Draußensein" nicht bestätigt.
    Was ihr übrigens gut geholfen hat und immer noch zu helfen scheint, ist L-Theanin. Ich gebe ihr das in Form von "Sedarom direkt". Vielleicht ist das noch etwas für euch. Ist er im Tierheim mit Mutter aufgewachsen? Dann wurde er doch sicher gesäugt, oder? In dem Fall könnte auch Adaptil helfen (Zerstäuber für die Steckdose).
    Alles Gute weiterhin!

    crunchyzwieback, ich finde es echt nicht verkehrt, was du schreibst, vor allem wie genau du dir das vorstellst. Die "da muss er durch-Mentalität", die manche propagieren (nicht hier!), ist oft heftig für solche Hunde (kannte mal jemanden, der gleich am zweiten Tag mit einem Neuankömmling auf ein Straßenfest gegangen ist). Aber so wie du schreibst, klingt das für mich schlüssig. Vielleicht ist das auch einer der Vorteile, wenn man mehrere Hunde hat. Dann muss ein Neuzugang irgendwie mitziehen, zumindest in einem gewissen Rahmen.
    Ich muss zugeben, dass es mir immer etwas leid tut, wenn so ein Hund als Einzelhund vermittelt wird. Aber das soll jetzt kein Vorwurf an dich sein, liebe Themenerstellerin, ich habe das Gefühl, dass ihr das alles gut macht und noch machen werdet.
    Ich würde mich aber crunchyzwieback anschließen.

    Ach ja, ich habe hier auch einen ängstlichen Hund, der im Tierheim geboren ist. Der erste, der nicht aus Italien kam. :smile: