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ja nur wie mache ich ihm denn dann klar, dass es sich auch ohne Leine "lohnt" bei mir zu bleiben und zu trödeln?
Mit Leine kann er sich in Ruhe über ein liebes Lob oder ne tolle Wurst freuen, aber ohne... hat er einfach nicht die Zeit dazu.
vorab: Crispel, der RR hat einen Radius von bis zu 200m. Bei Gandhi ist es etwas weniger, dafür düst er aber schneller durch die Gegend. Trödeln ist anders und "bei mir bleiben" auch - die müssen nicht direkt bei mir rumschlubbern - aber auf Ansprache da sein, das sollte klappen ;D - das ist aber ohne Zwischenschritte kaum erreichbar!
Zunächst ist es schlau zu wissen, was der Hund alles toll findet - und ich meine NICHT ausschließlich Leckerchen und diese wiederum nicht ausschließlich aus der Hand. Ich hab noch keinen Hund gesehen, der Leckerchen-Kegeln nicht geil fand (man wirft ein möglicht annähernd rundes Leckerchen den Weg entlang, dass es möglichst weit hüpft und kollert, damit der Hund hinterherflitzen, es hetzen und "erlegen" kann - Verhalten aus dem Jagdbereich, und alle völlig "legal". Tatsächlich meine ich alles, was Du derzeit als "Ablenkung" bezeichnen würdest, spannende Pippistellen von anderen Hunden, Wildspuren, Wirdsichtungen, vielleicht Sichtungen von anderen Hunden, spielen mit anderen Hunden, spielen mit Dir etc. Schau mal hier für weitere Anregungen: http://www.easy-dogs.net/home/blog/trai…nungsguide.html (und dort dann rechts in der Spalte sind Links zu ich glaub weiteren 25 Belohnungsguides).
Natürlich übe ich, sofern das nötig ist, weil z.B. der Rückruf noch nicht klappt, alles an Schleppleine, aber da achte ich sehr darauf, dass ich diese nicht einsetzen muß, um irgendwas "durchzusetzen".
Ich mache da z.B. Radiustraining dran, sprich, ist der Hund innerhalb eines bestimmten Radius (und der ist logischerweise 1-2m kleiner als der tatsächliche Leinenradius, wird er hochfrequent (= häufig) und variabel (mit unterschiedlichen Bestärkerarten) bestärkt.
Ich kündige an, wenn der Hund ans Leinenende gerät (Ende Signal nach dem AJT-buch von Pia Gröning).
Ich warte den Hund aus, und bestärke freiwillige Umorientierung und Kooperationsangebote des Hundes zu mir. Wir spielen alle paar hundert Meter leichte, aber lohnenswerte und nützliche Spielchen, wie z.b. das Namensspiel, oder kleine Rückrufspielchen, oder wir shapen irgendwas mit zufällig vorhandenen Gegebenheiten, z.B. Springen oder klettern auf Baumstammstapel, sitzen, liegen, drauf lang gehen, drauf umdrehen. Über Gräben hüpfen, um irgendwas herum laufen, durch Reifenstapel klettern... udn wir erarbeiten unterwegs kleine Tricks wie hinter mir sitzen, durch meine Beine laufen, durch meine Beine weben, achter um meine Beine laufen, Seiten wechseln und "rumstrebern" = unperfektes Fuß gehen - ich mache keinen Hundesport und daher darf das ruhig schief und wenig dicht sein, hauptsache, sie haben Spaß, die Jungens.
Und was ich noch gar nicht genannt habe, weil meine da nicht so drauf stehen, sind Dummie- oder apportierspielchen jeglicher Art. Da gibts tausend weitere Möglichkeiten, spannende Sachen mit dem hund zu machen.
Als Bestärker nehme ich alles mögliche: Gandhi darf schon mal einem Schwarm Vögel hinter her sausen, oder einem Traktor auf dem Feld. Crispel "tupft" sich gerne mal ein wenig Mist oder Silage ans Geschirr, und als unkastrierter Rüde ist er natürllich mächtig interessiert daran, pippistellen zu finden und genauestens abzuschnüffeln. Andere sterben dafür, Mauselöcher ausheben, oder gesichteten Enten vorstehen zu dürfen. Fast alle stehen drauf, an gewissen Büschen, Laternenpfählen, Mauerecken die neuesten "Pee-Mails" nachzulesen. Viele Hunde mögen Wasser oder Matsch. Mit ein bißchen Koordination bekommt man es hin, diese Sachen als wirkungsvolle Bestärker einzusetzen. Damit wird man von der Spaßbremse zum Entertainer, denn man baut sich in all diese Unternehmungen mit ein.
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Ich habe ja schon versucht ihm das bei mir sein schmackhaft zu machen, aber ohne die Schleppleine lässt er sich da irgendwie nicht drauf ein...
Und ich sehe sein Verhalten sehr wohl als Grenzen testen an, weil er stehen bleibt und dann noch 2 oder 3 Schritte weitergeht. Mich anguckt und dann aber eben nochmal pinkelt.
Ich glaube er will einfach herausfinden, wie weit er gehen kann und wie weit nicht, denn das sehe ich als normalen Teil des Erwachsen-werdens an.
Naja, was ist ihm halt wichtiger - Sachen zu machen, die er nicht kann, wenn er an der Leine ist? Ist doch logisch!
Ich finde es wichtig, zu verstehen: wenn er Dich ansieht, hat er Deine Bitte wahrgenommen. Soweit so gut. Dann sagt er, ja, ich komme gleich, ich muß hier grad noch fas Telefonat beenden/den Absatz fertig schreiben/den Kuchen aufschneiden/die Gäste reinlassen.
Bei Menschen finden wir nichts dabei, wenn jemand auf "kommst Du??" "ja, sofort, kleinen Moment" antwortet, Hunde tun es eben auch.
Wünschenswert ist es, dass es ein Signal gibt, dass sagt "ne, wenn ich das sage, meine ich SOFORT!" Wenn mans halt wirklich dringend braucht. Meistens braucht man aber nur, dass sie halt merken, dass man abbiegt, oder dass sie nicht gar so weit voraus rennen, oder ähnliches - dafür verwende ich andere Signale!
Das Signal, das meinen Hunden sagt, ne JETZT und am besten in WARPSPEED" ist der "Doppelte Rückruf" - dazu gibt es einen ganzen Faden - findest Du über die Suchfunktion.
Aber auch der ist mit vielfältigsten und hochwertigsten Belohnungen aufgebaut.
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Bei anderen Hunden ist er ja momentan genauso.
"Wie ich darf nicht an dein Stöckchen? Was ist wenn ichs trotzdem nochmal versuche? aha du beißt mich weg. Hmmm meinst du das auch echt ernst? ich probiers nochmal"
Er ist übrigens im September 2 geworden.
Ja, gutes Alter um selbstständig zu werden - denke "Pubertierender Jugendlicher". Ausserdem ist in der Zeit das Gehirn von mehr oder weniger großen "Umbaumaßnahmen" betroffen. Zellen werden abgebaut und neu aufgebaut, Verknüpfungen gehen verschütt, ganz verloren oder werden umgeleitet. Das führt dazu, dass gelerntes vergessen wird, schwerer zugänglich ist, oder unwichtig erscheint. Ganz normale Entwicklung.
Um das noch mal deutlich zu sagen: Ich möchte (und habe) auch Hunde, die auf einen Pfiff im vollen Galopp hinter Wild resp. Autos her auf der Stelle wenden, um zurückgerast zu kommen. Ich finde nur, dass man so schnell in Opposition zum Hund kommt, wenn man in Begriffen wie "Grenzen austesten" denkt. Natürlich tun sie das, wir tun das auch ständig.
Es ist nur wirkungsvoller MIT den Begierden des Hundes zu arbeiten, als dagegen 