Hatte ich mal vorbereitet:
Ein Zettel an der Haustür:
Lieber ... ,
schön, dass Du nach mir schaust.
Wahrscheinlich fragst Du Dich gerade, ob wirklich ich hinter der Tür warte oder ob meine Menschen noch einen tollwütigen Werwolf halten. Ich kann Dich beruhigen - das bin schon ich. Du musst wissen, ich bin ein hervorrangeder Burgdrache - respektive Gebäudeschutzbeauftragter. Unglücklicherweise wissen meine Menschen dieses Talent nicht zu schätzen, sodass ich jede Gelegenheit in ihrer Abwesenheit ausnutzen muss. Du hörst vermutlich gerade, wie ich versuche - knurrend und fletschend - unter der Tür durchzukommen.
Also, sammle Deinen Mut und schließe auf.
Höchstwahrscheinlich funktionieren meine Sinne (die sind auch nicht mehr das, was sie mal waren) noch so gut, dass ich Dich rechtzeitig erkennen werde. Wir haben ja geübt, dass ich Dich reinlassen muss. Vielleicht tröstet Dich ansonsten der Gedanke, dass ich allerhöchstens noch sieben Zähne habe ... und davon sind einige marode genug, dass ich sie mir in Deinem Oberschenkel ausbeissen würde. Meine Menschen sagen, die höchste Gefahr geht durch eine Infektionskrankheit aus - weil mein Mundgeruch nach "Seuche" riechen würde. Du siehst, Du brauchst Dir keine Sorgen machen.
Bitte drück Deinen Rücken durch, begrüße mich nicht, sprich mich auf keinen Fall an und werde Dich nicht ärgerlich. Schließe auf und laufe wie selbstverständlich in die Wohnung. Bitte versuche nicht, mich zu streicheln. Gib mir einen Moment, Dich zu erkennen, eine kurze Personenkontrolle durchzuführen und meine Vorderpfoten in Deine Magengrube zu drücken. Wenn Du cool bleibst, sind wir danach wieder Freunde.
PS. Ich mag Spekulatius.
Bis gleich!
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Ein Zettel im Hausflur:
Lieber ... ,
ich darf Dir gratulieren: Du hast es an mir vorbei geschafft!
Herzlich Willkommen in meiner bescheidenen Hütte. Es wäre nett von Dir, wenn Du mir den Naschschrank von Herrchen öffnest.
Am Besten lädst Du mich zu einem Kaffeekränzchen auf dem Sofa ein. Bitte denk daran, dass ich alt bin und mich gerne an die Lehne fläze - Du solltest Dir also den unbequemeren Platz nehmen. Respekt vor dem Alter nennt man das, mein Junge! Wenn ich es Dir anbiete, darfst Du mir den Bauch kraulen. Wundere Dich bitte nicht über die aufsteigenden Fäulnisgerüche. Ich nutze die Bauchkraul-Stunde meist, um einige Gase loszuwerden ... das sollte Dich aber nicht weiter irritieren. Im Gegenteil, da meine Verdauung offensichtlich funktioniert, kannst Du nachschauen ob in der großen türkisen Schüssel auf dem Sofatisch ein paar Kekse liegen. Bitte nur ohne Schoko, Du weißt ja ... am Liebsten mag ich Buttergebäck und Vanillekipferl. Wenn Du Dir einen Kaffee machst, lass mich doch bitte ein kleines Döschen Kondensmilch ausschlecken, ja?
Irgendwo in der Wohnung findest Du ein ziemlich zerstörtes gelbes Ding - es war mal Stoff. Bitte lege Dich damit auf den Boden, sodass nur noch der Zipfel hinterm Sofa vorschaut und robbe damit langsam zurück. Wenn Du dabei lustige Geräusche machst und "Aufiiiii" rufst, komme ich es mir holen. Schließe am Besten die Augen, weil ich oft daneben springe und meine Krallen nicht frisch geschnitten sind ... Verletzungsgefahr und so.
Vielleicht machst Du mir auch mal die Terrassentür auf? Das wäre toll.
Aber Achtung, höchstwahrscheinlich wird es nicht so leicht, mich wieder reinzubringen ... ich stehe nämlich auf Fangspiele.
Bitte geh nicht mit mir nach draußen.
Du weißt, wenn meine Menschen nicht da sind, habe ich immer noch schlimme Panikattacken.
Ich würde Dir vermutlich flüchten oder vor Angst sogar nach Dir beißen.
Und Du weißt ja, dass halten meine Zähne eigentlich gar nicht mehr aus ...
Falls mein Wassernapf noch ganz voll ist und ich nichts getrunken habe, gib bitte ein bisschen Würstchenwasser hinein. Ich habe den Trick zwar längst durchschaut, kann dann aber trotzdem nie widerstehen.
Bitte bewege Dich nicht ruckartig und fahre nicht mit den Rollstühlen im Arbeitszimmer - bei fremden Menschen irritiert mich das doch noch sehr stark. Wenn es Dir doch passiert, bitte geh direkt auf Hundehöhe in die Hocke und biete mir Deine Hand an.
Wenn Du wieder gehst, lege mir bitte einige Leckerchen im Flur aus. Unter den Schuhschrank. Unter die Schuhe. Hinter den Schrank. Auf die Abschlussleiste. Ich muss ja auch noch ein bisschen was zu tun haben.
Bitte halte mir auch nochmal die Pansen-Packung hin. Ich kann das.
Öffnen, hinhalten. Ich suche mir dann ein Stück aus und ziehe es raus.
Kann aber ein bisschen dauern, ich bin immer so unentschlossen.
Nun steht die letzte Prüfung bevor.
Ich habe manchmal die Angewohnheit, Leute nicht mehr hinauszulassen.
Gehe, wie Du gekommen bist: ruhig, kommentarlos, durchgestreckte Schultern.
Vielen Dank für Deine Gesellschaft,
Dein Leon!