@Nocte die ersten beiden Punkte, worauf wir evtl. verzichten müss(t)en,verstehe ich. Aber warum auf die Sesshaftigkeit? Kannst du mir das erklären? 
Ich meine damit, dass erst die Sesshaftigkeit es ermöglicht hat, Ackerbau zu betreiben und die Züchtung von Nutztierrassen und Monokulturen der heutigen Form voranzutreiben. Das hat erst mal Vorteile gebracht, aber auch Nachteile. Das Wachstum der menschlichen Bevölkerung hat schließlich zu Monokulturen, Tierhaltungen, Fischtrawlern epischen Ausmaßes geführt und in letzter Konsequenz zu den heutigen Verhältnissen. Ein Wildtier hat unterm Strich meist ein besseres Leben, als ein Nutztier aus Massentierhaltung. Das Wildtier hat zudem die bessere Fleischqualität (sofern es nicht auch unter menschlichem Müll etc. leiden muss). Die Ernährung von den Pflanzen und Tieren des eigenen Lebensumfeldes hat auch zu Anpassungsphänomenen geführt und regionalen Küchen, die nicht auf fremdartige Tierbestände zurückgegriffen haben, so wie heute, wo Fleisch und auch dessen übermäßiger Konsum in einigen Ländern zu einem Statussymbol geworden ist und in anderen Ländern zu völlig unreflektiertem Konsum geführt hat. Ein Ökosystem im Gleichgewicht reguliert sich selbst, mal sind die Reptilien im Vorteil, mal die Säuger, aber unterm Strich ist das System regulativ. Wir haben uns diesem Kreislauf sehr weit entzogen, aber scheinen nicht zu begreifen, dass wir nicht aus der "Nummer" rauskommen. Nomaden oder Jäger müssen darauf Acht geben, dem Wild zu folgen, sofern sie Tiere halten, sind es in der Regel Arten, die eher klein sind und wenig Futter benötigen. Es wird alles vom Tier verwertet. Eine Rückkehr zu den Anfängen der Kulturlandschaften und Hochkultur ist natürlich nicht möglich, aber Fakt ist, dass weite Teile unserer Erde zunehmend weniger Nahrung "abwerfen" - ich denke da an Versalzung, Verwüstung (im Sinne von zur Wüste werden), Verarmung an Arten, Bebauung etc. Dass diese Probleme (neben Kriegen) zu Wanderungsbewegungen führen, sehen wir bereits und solche Wanderungsbewegungen setzen sich i.d.R. wellenförmig fort. Da wir Industrienationen keinerlei echtes Interesse daran haben, das aufzuhalten und wirklich fair zu traden, fürchte ich, dass wir früher oder später auf Situationen zusteuern, in denen eben "Wandern" nur der Anfang ist. Da territoriale Konflikte das Problem der Überbevölkerung neben Krankheiten und Wasserknappheit aber früher oder später zumindest etwas regulieren werden, brauchen wir vielleicht einfach nur abwarten ...
Wurde klar, was ich meine?
Da irgendwo im Thread angesprochen wurde, dass keiner definiert, was reflektierter Umgang heißen soll, hier noch meine 2 Cent dazu:
ich meine damit, dass ich der Ansicht bin, wir sollten Nahrung immer da produzieren, wo sie konsumiert wird und wir sollten im Auge haben (wenn nicht dazu gezwungen sein), unsere Nahrungsgründe im Gleichgewicht zu halten. Ein Beispiel: Ich halte Schafe. Ich muss im Auge haben, wieviel Futter meine Weideflächen abwerfen. Die Herde darf nicht zu groß werden, aber auch nicht zu klein, wenn die Flächen nicht verbuschen sollen. Zudem muss ich im Auge haben, welche Tiere in der Zucht bleiben, den Bestand regelmäßig verjüngen, kranke Tiere oder Tiere mit schlechten Muttereigenschaften aussortieren, Inzucht vermeiden, die Herde vor Fressfeinden schützen etc. Da in jedem meiner Tiere viel Zeit, Liebe und Arbeit stecken, bin ich darum bemüht, den Überbestand vollständig zu verwerten. Das heißt, dass nicht nur Filetstücke auf dem Teller meiner Familie landen, sondern auch die weniger begehrten Stücke. Das ist alles vollwertiges Bio-Fleisch. Hufe, Ohren, ein Teil der Innereien, Beine und Knochen landen im Futternapf meiner Hunde. Ein Tier, das bei uns gestorben ist, ist eben kein Stück Discounterware.
So und dann noch zu der Frage, warum man einen Hund Wert schätzen kann, aber eine Kuh nicht, weil man sie isst. Wie Welt ist voll von (emotionalen) Widersprüchen. Ich liebe meine Nutztiere, sie haben Namen, ich schlafe bei ihnen im Stall, wenn es sein muss und finde sie einfach unheimlich süß. Ich sehe aber auch, dass Menschen und Hunde im Bauplan ihres Verdauungssystems auf Fleisch eingestellt sind. Ich denke, dass meine Form der Haltung und Verwertung dem ein oder anderen Tier die Massentierhaltung erspart, dass ich sonst als Futtertier kaufen würde. Ich selbst esse kein Fleisch, aber ich mag es meiner Familie nicht verbieten und denke schon gar nicht, dass eine vegetarische / vegane Lebensweise uns von Problemen durch die Nahrungserzeugung verschonen würde. Ich kann in einem gewissen Rahmen wenigstens sicherstellen, dass unseren Nutztieren Zeit ihres Lebens mit Respekt begegnet wird. Sie dürfen ihre Jungtiere selbst groß ziehen, die Jungtiere dürfen ohne Mast und Wachstumsbeschleuniger wachsen, in einem gesunden Herden- oder Schwarmbestand, in dem ihren Bedürfnissen Rechnung getragen wird und das Stück Fleisch auf dem Teller wird Wert geschätzt. So lange meine Hunde nicht plötzlich von Luft und Liebe leben lernen und wir Menschen auch, halte ich das für eine ethisch vertretbare Form der Fleischgewinnung. So ethisch vertretbar halt möglich. Wie gesagt, ich kann und muss den Widerspruch aushalten - that's life.