Nächster Punkt ist ein funktionsfähiges Abbruchsignal für den Notfall. Das ist harte Arbeit, da möchte ich wenig zu schreiben, da darf man nix Falsches machen. Das würde ich mit nem Trainer angehen. Und auch wirklich dann nur im Notfall nutzen, sonst ist das im Alltag schnell abgenutzt und wirkungslos. Aber das Abbruchsgnal ist im Falle eines jagenden Hundes elementar, sollte er jemals frei laufen können sollen.
Generell ist der Hund umso mehr bei Dir (kopfmäßig!), je näher er Dir (lokal) ist (deswegen Radius halten!), aber auch, je weniger gestreßt er ist. Tempo macht Streß, Aufregung macht Streß - Dinge wie Bällchenwerfen und hetzen lassen sind tödlich und pushen den Hund ins Unendliche. Und je aufgeregter der Hund ist, desto schneller isser weg, wenns auch nur im Gebüsch neben Dir raschelt. Sind meine Jäger dagegen gechillt, können sie auch mal stehen und die Katze beim Rumsitzen beobachten, ohne zu explodieren - was anderweitig durchaus der Fall wäre, wenn ich mit schon aufgeregtem Hund in jagdlich triggernde Situationen reingehe. Sprich, meine Gassigänge mit den Jägern hier haben nur ein Ziel: so langweilig wie möglich! Es darf geguckt werden. Es darf am Wegrand geschnuppert werden. Aber es wird nicht (mehr) ins Gelände gegangen, es wird nicht (mehr) sinnlos rumgedüst. Es darf sich an mir orientiert werden, wenn der Hund im Stehen den Waldrand scannen möchte, darf er das - ich gebe ihm die Zeit, stehe, bis er fertig ist. Aber: der kriegt dann keine Freigabe, dem Duft hinterherzugehen, sondern ich warte auf den Moment, in dem er sich zu mir wieder rumdreht, den Geruch, den Reiz verarbeitet hat, und mir damit signalisiert, er hat MICH wieder im Kopf, und wir können weitergehen. Das wird grundsätzlich gelobt, dieser Moment, in dem er sich MIR wieder zuwendet. Denn: was der Hund anguckt, hat er im Kopf. Scannt er den Waldrand, ist er mental nicht bei mir, selbst wenn er sich (utpoisch, aber als Beispiel) dabei an mich kuscheln würde. Dreht er sich aber rum, zeigt er mir, ich bin noch da in seinen Gedanken, er ist aufnahmefähig für Kommandos meinerseits, und er ist bereit, weiterzugehen. Wenn der Hund irgendwas sieht, zB entgegenkommende Hunde, bestätige ich und sage: "Schau,wir gehen da lang!", und weiche großräumig aus. Oder bestätige, wenn der Hund von sich aus zu mir kommt. Weil: ICH bin wichtig. Mit MIR geht er grad spazieren. ich will den Fokus bei MIR, nicht bei Fremden und Fremdhunden. Das inkludiert, daß meine Hunde erstmal nicht zu jedem hin dürfen, nicht mit jedem "spielen" müssen (was ja meist eh kein Spiel ist, sindern nur Kräftemessen und Abchecken), nicht von jedem angefaßt werden. Ich gehe zB mit denen auch zur Zeit extrem langsam. Weil Tempo triggert wieder den Jagdtrieb. Nervt mich voll, ich bin sonst eher schwungvoll unterwegs. Aber dann hätte ich zweimal 10 Kilo an der Leine, die mich durch die Gegend ziehen sich hochpushen, und nachdem sie an der Leine ja nicht wegkommen, den Frust übers Nichtjagendürfen dann aneinander ablassen. Hatte ich neulich erst wegen ner Katze. Gehe ich aber langsam, so fahren die zwei nach den ersten hundert Metern und einmal "Ballastabwerfe" (kacken) so weit runter, daß sie gechillt nebeneinander laufen, schnelle Reize (Radfahrer, die sehr nah überholen --> jagdlicher Trigger, provoziert Hetzen, sowas!) ab können, ohne zu explodieren, zT mit Körperkontakt beim Laufen vor mir herdackeln, und dann entspannt am Wegrand Zeitung lesen können.
Generell: was bringt Ruhe in den Hund? Langsames Tempo unterwegs. Suchspiele, bei denen er sich konzentrieren muß. Zwischendurch immer wieder Dinge, die bei DIR passieren. NICHT mitten im Wald, weils aufm Weg so langweilig ist: DU bist das Alleroberspannendste überhaupt, NICHT das Wild im Wald. Mal ein Leckerlie "einfach so", mal ein Suchspiel, mal die Aufgabe, den verlorenen Handschuh/Schlüsselbund o.ä. zu finden. Bei Dir passiert immer wieder was Tolles, es lohnt sich imemr wieder, nach Dir zu gucken, Dich im Hinterkopf zu behalten unterwegs. Dann ist es auch nicht langweilig, selbst auf dem allerlangweiligsten menschengemachten Menschenweg! Dann BRAUCHT er nicht jagen zu gehen, um sich zu unterhalten, und er hat den Fokus auf DIR, weil er weiß, NUR bei Dir passieren die Spannendsten Dinge. Nicht im Wald. Der Weg ist nur langweilig, wenn Du nix draus machst!
Oberste Prämisse: der Hund darf jedenfalls keinen Erfolg mehr haben in der Form, daß er laufen kann ohne Aufsicht und Leine und dabei tun kann, was er will. Sonst brauchst mit dem Training gar nicht erst anzufangen. Wenn Du da also nicht zu 100% dahinterstehst, das WIRKLICH willst, dann spar die die Mühe, echt. Wäre sinnlos verschwendete Lebenszeit. EIN Erfolg zwischenrein, und Du fängst von vorne an. Dann lieber anleinen und gut ist, wenn Du nciht den Nerv hast, am Jagen zu arbeiten. Dann hängt er halt den Rest des Leben an der (Schlepp)-Leine. Wird ihn nicht umbringen (wenn er sonst ausgelastet wird, und mal im gesicherten Freilauf flitzen kann) - aber die Rehe im Wald auch nicht!
Mit Bossi hab ich dafür JAHRE gebraucht. Weil ich anfangs so gar nix wußte, und dann eins nach dem Andren dazugelernt habe, was da alles reinspielt ins Jagdverhalten. Und jeder Hund ist anders - der eine geht auf Sicht, der Andre auf Spur, der Dritte spricht auf Tempo an. Sprich, nicht jede Maßnahme ist gleich wichtig oder erfolgversprechend für jeden Hund. Das findet man nur raus, indem man es MACHT und schaut, ob sich was im Verhalten bessert. Und dabei dann aber auch strikt dranbleiben, absolut konsequent durchziehen.
Mein Faro zB läßt sich von schnellem Radeln triggern. Solange ich mit ihm im Trabtempo radle, ist alles gut. Lasse ich IHN aber das Tempo bestimmen, ist der in Nullkommanix auf 180, zieht ständig sprunghaft in irgendein Gebüsch (bei hohem Tempo fliegst dann halt samt Rad hinterher...), und jodelt fröhlich vor sich hin angesichts verlockender Hasengerüche im Gebüsch neben dem Weg. Brauch ich net - ich muß mir halt dann Mühe geben, immer gemäßigtes Tempo zu halten. Damit er zwar rennen kann, aber das Ganze kontrolliert, und ich Prio 1 im Kopf bleibe. Ansonsten ist Radeln mit dem echt tödlich. Da ist ne Runde fliegen mit Red Bull günstiger (und gesünder.... *aua.....). :-)
Bei Bossi war das schon immer scheißwurschtegal, der ging nur auf Gerüche, hat gestöbert und ist dem Geruch hinterher, Tempo war dem relativ wurscht. Also, das Erregungslevel fährt durch Tempo schon IMMER hoch, egal welcher Hund - aber nicht notwendigerweise so, daß er alles andere vergißt, wie bei Faro.
Man muß das also anpassen an den jeweiligen Hund.....
Scheißarbeit, wenn man das wirklich in den Griff kriegen will.... Ich lasse meine beiden aktuellen Terroristen da lieber an der Leine (sind auch so nicht ganz ohne, daß ich sie rumlaufen lassen würde), verbreite eine gelassene Grundstimmung - aber ich setze nicht drauf, daß die je komplett ohne Leine gehen können. Faro jedenfalls gar nicht, weil der auf Leute losgeht, wenn er angefaßt wird. Sprich, das AntiJagdtraining hat Prio 2, bei dem war wichtiger, den soweit hinzukriegen, daß ich normal Gassi kann mit dem. "Ohne Leine" wird nicht gehen, solange der sich net beherrschen kann, wenn er angefaßt wird. Aber an niedrigem Streßlevel mit genau den o.g. Tips arbeite ich trotzdem. Denn auch bei ihm führt viel Streß dazu, daß er halt nach vorn geht und zupackt, sprich, jede Aufregung ist trotzdem Ursache für das von mir nicht gewünschte Verhalten - auch wenns in dem Moment nicht in jagdliches Verhalten eskaliert.... Eskalation ist Eskalation, insofern - Ruuuuuheeeeee.......
Ommmmmmmm........#
Wenn Du weitere Fragen hast, gerne - hab nicht immer Zeit für solche Romane, aber sprich mich gern an, sobald ich Zeit habe, kriegst gerne auch ausführliche Erklärungen dazu! ;-)
Viel Erfolg!