Dazu ein kurzer Abriss aus einer wissenschftlichen Arbeit:
EIWEISS AUS DER NAHRUNG UND DIE NIEREN
Technisches Bulletin 8_28
Die Verbindung zwischen Eiweiß aus der Ernährung und der Nierenfunktion ist
Gegenstand zahlreicher Kontroversen und Mythen. Um die Wirkung von Protein auf die
Nieren verstehen zu können, ist es hilfreich, über ein grundlegendes Verständnis darüber
zu verfügen, wie die Nieren funktionieren.
Blut durchströmt die Nieren mit hoher Geschwindigkeit. Nephronen in den Nieren
fungieren als Blutfilter, um Abfallprodukte des Proteinabbaustoffwechsels zu beseitigen.
Zu diesen Abfallprodukten zählen Ammoniak, Kreatinin, Harnstoff und Harnsäure.
Andere Elektrolyte und Mineralien werden ebenfalls von den Nephronen rausgefiltert.
Insbesondere ist der Glomerulusanteil der Nephronen verantwortlich für das Filtern des
Blutes. Der Tubulärbereich der Nephronen absorbiert aktiv bestimmte Elektrolyte,
Mineralien und Wasser. Sobald diese Substanzen reabsorbiert wurden, wird Urin aus den
Nephronen ausgeschieden.
Jede Niere enthält Tausende Nephronen. Dies gewährle istet, dass selbst bei Schädigung
eines hohen Anteils an Nephronen eine normale Filterung, Reabsorption und
Urinproduktion aufrechterhalten wird. Erst nach Zerstörung etwa 70% des
Nierengewebes treten klinische Anzeichen für eine Niereninsuffizienz auf. Ein häufiges
Anzeichen für eine reduzierte Nierenfunktion ist ein vermehrtes Urinieren und
gesteigerter Durst (Polyurie und Polydipsie). Verursacht wird dies durch die verminderte
Fähigkeit der Nieren, Wasser in den Nephronen zu reabsorbieren. Anzeichen für eine
fortgeschrittene Nierenerkrankung stehen im Zusammenhang mit einer Anhäufung von
Abfallproduktion im Blut, die die Nieren nicht mehr länger vollständig beseitigen
können. Zu diesen Anzeichen zählen Appetitlosigkeit, Depression, Erbrechen, Anämie,
schlechter Atemgeruch, Geschwüre im Mund, Gewichtsverlust und Verhaltensstörungen.
Futtermittel mit hohem Proteinanteil verursachen einen erhöhten Blutfluß durch die
Nieren (glomeruläre Filterrate). Der Mythos lautete, dass bei Verringerung des Proteins
in der Nahrung die Nieren weniger arbeiten müßten und dies die Nieren vor Schaden
‘bewahren' würde. So haben viele in der Vergangenheit zu einer proteinarmen Ernährung
geraten, um Hunde vor Nierenerkrankungen zu ‘schützen'. Es war dies in den letzten 10
Jahren ein Schwerpunkt beträchtlicher Forschung. Doch es fanden sich keine
wissenschaftlichen Belege, die diese Theorie stützen würden. Das Füttern geringer
Mengen Eiweiß über die Ernährung schützt NICHT dagegen, eine
Nierenerkrankung zu entwickeln.
Den Eiweißanteil in der Ernährung eines älteren Tieres zu verringern, schützt es nicht
davor, eine Nierenerkrankung zu entwickeln. Vielmehr kann das Verringern des
Proteinanteils in der Ernährung älterer Hunde eine Reihe nachteiliger Auswirkungen
haben. Mit dem Fortschreiten des Alters verringert sich die Fähigkeit eines Tieres,
Nährstoffe zu nutzen. Ältere Tiere bedürfen daher vielmehr eines höheren Proteinanteils,
um ihr körpereigenes Eiweiß aufrechtzuerhalten als es bei jüngeren ausgewachsenen
Hunden der Fall ist. Ein wichtiger Aspekt in der Behandlung älterer Tiere ist das
Aufrechterhalten des Körpergewichts und der Kondition. Es müssen qualitativ
hochwertige Proteine gefüttert werden, um für einen ordnungsgemäßen
Aminosäurespiegel zu sorgen und eine positive Stickstoffbilanz zu erhalten. Bei positiver
Stickstoffbilanz frißt und absorbiert ein Hund genug Stickstoff (aus Eiweißquellen), um
seinen Stoffwechselbedürfnissen zu genügen. Nimmt der Hund kein Protein auf, führt
dies zu einer negativen Stickstoffbilanz im Körper. Bei einer negativen Stickstoffbilanz
wird nicht genug Protein für den Stoffwechsel über die Nahrung geliefert, und Eiweiß
wird der Muskelmasse entzogen, um den Körper mit dem notwendigen Eiweiß zu
versorgen. Dies führt zu Muskelauszehrung, Verlust von Körpergewicht und
Proteinmangel. Zu weiteren Anzeichen für Proteinmangel zählen Anämie, eine
verminderte Fähigkeit der Infektionsabwehr sowie verringertes Plasmaprotein. Daher
sollten gerade ältere Tiere ausreichende Mengen an Protein, Fett und Kalorien erhalten,
um ihr Körpergewicht und ihre Kondition zu erhalten. Es kann erforderlich sein, ein
Futter mit einem 26%igen Anteil an hochwertigen Eiweißen zu füttern, um bei einem
älteren Hund die Stickstoffbilanz zu erhalten.
Selbst in einem Frühstadium von Niereninsuffizienz ist eine Verminderung des Proteins
in der Ernährung unter Umständen nicht nutzbringend. Früher ging man davon aus, dass
man den Eiweißanteil der Ernährung verringern müsse, um auch die glomeruläre
Filterrate (GFR) zu verringern und so die Nieren vor weiterem Schaden zu schützen.
Heute weiß man jedoch, dass Eiweiß aus der Ernährung wichtig ist, um die GFR
aufrechtzuerhalten, auch bei Niereninsuffizienz. Eine starke Einschränkung des Proteins
verringert die GFR und somit die Filterung aller Stoffwechselabfallstoffe durch die
Nieren. Langzeitstudien, bei denen man Hunden mit verringerter Nierenfunktion vier
Jahre lang ein Futter mit einem Proteinanteil von 19%, 27% bzw. 56% fütterte, sind nun
abgeschlossen. Diese Studien belegen, dass es, obwohl die Ernährung mit höherem
Proteinanteil zu einer Erhöhung der GFR führte, bei den drei Gruppen keine
Veränderungen gab, was ein Fortschreiten der Anzeichen für eine Niereninsuffizienz
anbelangt. In einer weiteren Studie wurden Hunde mit einem Verlust ihrer Nierenmasse
von 7/8 mit einem Futter, das einen Eiweißanteil von 16% bzw. 31% hatte, über einen
Zeitraum von 14 Monaten gefüttert. Auch hier stellte man unter den beiden Eiweiß -
Gruppen keine Unterschiede fest, was ein Fortschreiten der Niereninsuffizienz angeht.
Keine der beiden Studien zeigt eine Korrelation zwischen Eiweiß aus der Nahrung und
dem Fortschreiten der Nierenerkrankung.
Eine Verringerung des Eiweißgehaltes in der Ernährung ist angemessen im Falle einer
Niereninsuffizienz, die ein schweres Stadium erreicht hat. Die Verringerung des Proteins
erfolgt hier bei Auftreten klinischer Anzeichen. Die Empfehlung lautet, mit einer
Proteinverringerung zu beginnen, wenn der BUN-Wert (Blutharnstickstoff) beim Hund
über 80 mg/dL liegt und das Serumkreatinin über 2.5 mg/dL. Sowohl BUN als auch
Serumkratinin sind gute Indikatoren für die Nierenfunktion. Die Verringerung des
Proteins zielt darauf ab, den BUN unter 60 mg/dL zu halten. Der Proteinanteil der
Ernährung muß gegebenenfalls stufenweise im Laufe der Zeit verringert werden, wenn
die Niereninsuffizienz fortschreitet. Auch der Phosphoranteil der Ernährung muß bei
Hunden mit einer fortgeschrittenen Nierenerkrankung verringert werden. Hunde mit einer
klinischen Nierenerkrankung bedürfen der sorgfältigen Überwachung durch einen
Tierarzt, um festzustellen, wann mit einer Protein- und Phosphorverringerung begonnen
werden sollte und wann Änderungen in der Ernährung notwendig sind. Andere
Medikationen können mit Fortschreiten der Nierenerkrankung angezeigt sein, um
klinische Anzeichen der Erkrankung unter Kontrolle zu halten.
· Die Verminderung von Protein in der Ernährung verhindert NICHT die
Entwicklung einer Nierenerkrankung.
· Ältere Hunde haben einen höheren Proteinbedarf als jüngere ausgewachsene
Hunde.
· Ältere Hunde benötigen im Vergleich zu jüngeren Hunden mehr Protein über die
Ernährung, um ihre Körperkondition und die Muskelmasse aufrechtzuerhalten.
· Ältere Hunde sollten den Grad an Protein über die Ernährung erhalten, der
erforderlich ist, um ihr Körpergewicht und ihre Kondition zu erhalten.
· Es besteht keine Wechselwirkung zwischen dem Fortschreiten einer
Nierenerkrankung und dem Proteingehalt der Ernährung.
· Eine Verminderung des Protein- und Phosphorgehaltes in der Ernährung bringt
Vorteile bei einer fortgeschrittenen Niereninsuffizienz.
Patricia Schenck, DVM, PhD
Tierärztliche Ernährungswissenschaftlerin