KayaFlat
Ich denke, ich verstehe Dich schon. Mich hat mal eine Freundin gebeten, ihr recht frisches Baby ein paar Stunden zu sitten, sie liefert mir das nötige Zubehör. Das „nötige Zubehör“ war eine randvolle große Ikeatasche und eine 3 DIN A 4 Seiten eng beschriebene Sammlung von Anweisungen, die übers korrekte Erwärmen des Fläschchens über den idealen Senkungsgrad meiner Jalousien bis hin dazu gingen, für welche Temperatur - in 1 Grad Schritten! - ich ihr was anziehen sollte. Drückte mir das in die Hand und schon war sie weg und ließ mich alleine mit allem zurück.
Bei der nächsten Anfrage habe ich ihr schon höflich zu verstehen gegeben, dass sie mir prinzipiell bitte vertrauen soll, dass ich es nicht kaputtmache und ihre Anweisungen bitte auf das wirklich Nötige beschränken soll. Oder sich bitte jemand Anderen fürs völlig unentgeltliche Sitten besorgen soll (bei ihr gabs normal auch keine Blumen oder ne Tafel Schokolade oder so).
Aber ein Dienstleistungsvertrag ist etwas völlig Anderes, schreibst Du ja auch. Ebenso eine im Voraus getroffene völlig vernünftige und einfach einzuhaltende Vereinbarung. Ganz davon abgesehen, dass man keinen noch größtenteils unbekannten Hund ableint.
Die Retrieverhündin unserer Freunde, die ich jetzt schon seit 8 Jahren zeitweise sitte leine ich ab, ebenso habe ich es mit der Kettenhündin hier aus dem Dorf gehalten, die ich einige Jahre bis zu ihrem Tod betreut habe. Aber ich habe keinen Einzigen der Tierheimhunde abgeleint, mit denen ich Gassi war, auch nicht die, mit denen ich schon Jahre gegangen bin. So war es vereinbar. Und es wäre aus meiner Sicht völlig verantwortungslos gewesen.
Danke. Deine ersten zwei Absätze beschreiben ganz gut, worauf ich einerseits hinaus wollte. Es ist aber andererseits auch so ein diffuses Gefühl, dass die Ansprüche immer höher werden (Und damit meine ich nicht im Besonderen den hier besprochenen Fall), weil man meint, dass alles perfekt und besonders sein muss, sonst ist es nicht gut genug für mein Kind/ meinen Hund a s.o., weil die ja auch ganz besondere, aussergewöhnliche Individuuen sind.
Mich triggert, glaube ich, dass ich da immer so einen allumfassenden Narzissmus wahrnehme, vielleicht oft zu Unrecht, wer weiss?
Und weil ich das Gefühl habe, dass das zunimmt und ich ein bisschen Angst um die Gesellschaft kriege, wenn jeder so um sich und seine Rechte kreist. So unbarmherzig irgendwie, ohne Verständnis für den anderen und kleine Schwächen und Fehler.
Mit diesem Anspruch nach Perfektion für einen selbst, was dann natürlich die Fehler des Gegenübers schier unverzeihlich macht. Das sind dann Vergehen, die harte Konsequenzen erfordern, selbst wenn im Grunde gar nichts passiert ist.
Mich hat im Eingangspost ein Satz voll getriggert (wie man heute ja so schön sagt): "Und dann lässt die ( ansonsten perfekte) Hundesitterin meinen Hund am dritten Tag frei, entgegen meinen Anweisungen".
Ich hab das voll in die Richtung interpretiert, dass das eine arrogante und narzisstische Einstellung ist, weil es bei der Beurteilung der "Tat" anscheinend egal ist, ob es super funktioniert hat, ob die Frau weiss, was sie tut, ob sie den vielleicht doch gar nicht so heftigen Hund nach drei Tagen schon recht gut einschätzen und das Ableinen in der Situation verantworten kann. Wichtig ist nur, dass der Dienstleister gegen meinen Willen gehandelt hat. Wie kann er es wagen? Schliesslich war es eine klare Anweisung und er wird von mir bezahlt, sich um meinen Hund zu kümmern, in den ich schon so viel investiert habe. Da hat er keine eigenmächtigen Entscheidungen zu treffen, selbst wenn er vielleicht mehr über Hunde weiss als ich und das voll verantworten konnte.
Und da ich es durch diese Brille gelesen habe, hat sich irgend etwas in mir gewiderborstet, weil ich das Gefühl hatte, dass das wieder diese narzisstischen Befindlichkeiten sind, die mir so dermassen auf den Keks gehen.
Sorry für den Sermon, aber ich wollte mich erklären, weil ich gestern noch lange darüber nachgedacht habe. Und jetzt halte ich auch die Klappe.