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Für mich war es Liebe auf den ersten Blick, für ihn wohl erst auf den dritten oder vierten bis er beschloss, dass man mit mir wohl irgendwie leben kann. Als ich meinen Hund aussuchte hatte ich vor Augen wie ich immer der Mittelpunkt der Welt für ihn sein werde, Film und Bücher hatten mein Bild vom Hund verzerrt. Mein Junge rückte es gerade, er machte mir vom ersten Tag an klar, dass ich viel tun muss um diesen Status zu erreichen. Ich hatte oft das Gefühl, wir gehen nicht durch dick und dünn sondern durch dünn und dünner. Und immer suchte ich verzweifelt nach diesem roten Band von dem alle redeten, das sie immer mit ihrem Hund verbindet. Ich hab‘ mich so angestrengt, aber ich konnte es zwischen uns nicht sehen. Ich dachte, wenn ich es sehe, sind alle Probleme aus der Welt, dann hört er wie eine Eins und alles wird gut.
Die Jahre kamen und gingen, ich verlor mein Vertrauen in ihn, hatte das Gefühl ihm immer noch viel zu fern zu sein. Keine Frage, ich liebte ihn über alles, aber etwas entscheidendes fehlte, etwas, dass mir nicht das Glück geben konnte wenn ich mit ihm zusammen war, das ich so gerne spüren wollte.Und dann passierte es. Es ist jetzt etwa drei Wochen her.
Es war ein angenehm warmer Tag in diesem endlosen Winter und ich beschloss mit Balou das Longiertraining wieder aufzunehmen. Also fuhren wir mit dem Auto an eine Stelle an der sich einige Felder vor dem Wald tummeln die sich im Moment noch anbieten um darauf zu trainieren. Ich parkte in der Straße die in einen Feldweg endet, hatte in der einen Hand die 5m-Schleppleine, 10 halbierte Gewindestäbe und Absperrband und in der anderen meinen Hund. Am Feld wollte ich ihn mit der 5m laufen lassen während ich den Kreis aufbaue. Bereits von weitem sah ich jemanden auf dem Feld laufen, ich meinte auch eine Leine in der Hand des fremden Mädchens zu erkennen, sah aber keinen Hund. Achselzuckend ging ich also auf den Feldweg zu – und hielt knappe 10m davor inne. Der Hund stand genau an der Kreuzung der drei Feldwege. Als das Mädchen mich bemerkte rief sie nach ihrem Hund und ich erstarrte augenblicklich als ich den Hundenamen hörte. Dieser Rüde war bekannt für seine Unverträglichkeit. Da er nicht auf das Rufen des Mädchens reagierte sondern weiter langsam auf uns zukam bugsierte ich Balou hinter mich. Sonst lässt er das nie richtig mit sich machen, doch an diesem Tag blieb er schräg hinter mir stehen. Das Mädchen gab sich keine Mühe ihren Hund einzufangen, gemächlich ging sie weiter, nur ihr Rufen wurde eindringlicher. Der andere Hund stand am Ende des Feldwegs, erstarrte. Mein Hund versuchte gar nicht zu ihm zu gelangen sondern blieb seltsamerweise hinter mir. Das Mädchen schloss langsam zu ihrem Tier auf, doch statt nach seinem Halsband zu greifen als sie fast neben ihm stand fragte sie mich:
„Rüde oder Hündin?“
Fassungslos antwortete ich: „Rüde.“
Zu spät.
Das Mädchen sagte noch „Oh ..“ und grinste dämlich, da lief ihr Hund wieder los und ignorierte wieder ihr erneutes Rufen.
Der Hund umkreiste mich und Balou, mit der Hand in der ich Gewindestäbe und Co. Hielt machte ich eine ruckartige Bewegung in seine Richtung und sagte fest: „Ab!“ während ich aus dem Augenwinkel sah wie Balou dreist das Bein hob, aber nicht hinter mir hervorkam.
Es schien zunächst zu wirken, der andere Rüde drehte ab. Dann ging es einfach zu schnell, ich konnte nicht mehr reagieren. Er umrundete mich, gelangte zu meinem Hund. Noch hielt ich die Leine in der Hand, versuchte wieder ihn zu verscheuchen. Er schnappte, ich ließ die Leine fallen, trat zurück. Balou knurrte zwar, zeigte aber nicht mal die Zähne und versuchte nur von dem anderen Hund wegzugehen. Der fremde Rüde schnappte immer wieder nach meinem Hund, bedrängte ihn und nutzte jede Drohgebärde die er im Peto hatte. Ich versuchte wieder und wieder zwischen die Hunde zu gelangen, den anderen wegzuschicken. Ließ die Gewindestäbe mit einem lauten Knall neben den beiden fallen in der Hoffnung eine Schrecksekunde nutzen zu können. Der andere Rüde reagierte gar nicht. Das Mädchen rief ihn nur immer wieder, tat sonst nichts. Ich sah nur wie mein Hund versuchte jeglicher Rauferei aus dem Weg zu gehen, doch der andere ließ ihn nicht. Für mich fühlte es sich an wie eine Ewigkeit bis ich mich endlich zwischen die beiden drängen und den fremden Hund wegschicken konnte. Das erste was ich sah war viel zu viel Blut im Fell meines Hundes.
Das Mädchen leinte ihren Rüden endlich an, suchte Abstand zu uns, fragte aber, ob er etwas hätte. Ich bejahte dies, immerhin sah ich nur Blut auf meinem Hund und erklärte ihr, dass ich ihre Telefonnummer bräuchte. Das Mädchen zuckte zusammen, nickte. Ich kramte mein Handy heraus. Das Mädchen lief schon wieder los und ich musste es aufhalten, dirigierte Balou ins Platz und wollte zu ihr gehen. Balou blieb allerdings nicht liegen sondern schlich mir förmlich hinterher mir einem Blick der für mich besagte: „Lass mich jetzt nicht allein!“. Also drehte ich mich um, gebot ihm sanft sich wieder hinzulegen und musste ein weiteres Mal dem Mädchen nachrennen, das schon wieder weggehen wollte um dann endlich ihre Nummer zu bekommen.Balou hat einen breiten Biss im rechten Vorderlauf, viele Wunden im Hals- und Kopfbereich. Wir gingen nicht zum Tierarzt, so schlimm war es nicht.
Aber etwas änderte sich an diesem Tag. Ich weiß nicht wieso es ausgerechnet nach diesem Erlebnis war, aber seither sehe ich endlich dieses gottverdammte rote Band zwischen uns. Und ich habe erkannt, dass dieses Band etwas anderes ist als das, was ich immer dachte. Es bedeutet nicht, dass er plötzlich hört wie eine Eins, es bedeutet dieses tiefe Gefühl der Verbundenheit zu spüren. Dieses Gefühl zu haben, dass wir gegenseitig unser Leben bereichern und bereit sind, zusammen ein Stück zu gehen. Ich kann es kaum beschreiben, man mag es für übertrieben halten, aber für mich ist es unglaublich wie ich nun zu ihm stehe. Mein Vertrauen in ihn ist wieder da, voll und ganz. Ich liebe es in seine Augen zu sehen, ich liebe es wie sie funkeln wenn ich ihn anlache. Ich liebe es mit ihm spazieren zu gehen, ausgelassen zu spielen oder ihm einfach nur dabei zuzusehen wie er den Weg erkundet. Es hat fast ganze sieben Jahre gedauert und ich bereue alle meine Fehler mit ihm, doch jetzt, jetzt bin ich wirklich glücklich mit meinem Hund. Er hört noch immer nicht so wie ich möchte, doch seit mein Vertrauen wieder da ist schon viel besser und der Rest, na, den kriegen wir auch noch hin. Wir haben ja noch Zeit. Ich verstehe endlich den Satz „In den Augen meines Hundes liegt mein ganzes Glück. All mein Innres, Krankes, Wundes, heilt in seinem Blick.” Es ist so ein wunderschönes Gefühl. Ich bereue die versäumten Jahre nicht, ich schäme mich für Fehltaten, ich wäre froh gewesen, es wäre von Anfang an so gewesen, aber er gibt mir nicht das Gefühl auf ewig Reue fühlen zu müssen. Er lässt mich mit ihm zusammen einfach weitergehen, voraussehen und das Vergangene hinter uns bleiben.
Das ... musste ich mir einfach einmal von der Seele schreiben. Das Gefühl hat sich in den letzten drei Wochen nicht geändert und irgendwie bin ich mir sicher, dass es sich auch nicht mehr ändern wird. Natürlich wird es immer noch Hochs und Tiefs geben, aber die Tiefs werde ich nun leichter überstehen können.
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Hallo Knöpfchen,
ist das schön geschrieben. Wenn man dieses Gefühl oder Band hat, dann sieht man über vieles hinweg und ist einfach nur froh einen Hund zu haben. Egal wieviel Arbeit er macht, es reicht ein Blick.
Bei mir hat es ca. 1,5 Jahre gedauert, bis ich mir ein Leben ohne Hund nicht mehr vorstellen konnte. Über alle Kosten (anderes Auto?), Hundehaare, Sabberflecken, das frühe Aufstehen die anderen Urlaube, die man jetzt macht.... Der Hund gehört dazu, immer.
Von Leuten, die keinen Hund haben, hört man oft: Selbstgemachte Schmerzen. Welche Schmerzen. Ich sage immer nur Arme Menschen.
So, viel Spaß noch miteinander
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