Ich fange mal beim eigentlichen Problem an und beschreibe die sonstigen Hintergründe später, das scheint mir das Sinnvollste zu sein. Es geht um unseren zwei Jahre alten Welsh Terrier Rüden:
Dieser zeigt folgende Verhaltensweisen: Sieht er irgendwo (auch weiter entfernt) einen anderen Hund, setzt oder legt er sich meist hin und sperrt sich dagegen, weiterzugehen. Kommt der andere Hund näher und es ist eine Hündin, geht es vergleichsweise gut und es wird ein normales Beschnuppern. Ist es ein anderer Rüde, wird dieser im besten Fall ignoriert. Aber "besser" steht die Chance, dass er, nachdem er näher dran ist, anfängt zu knurren und stark in Richtung des anderen Hunds zu ziehen. Hält man ihn nicht zurück, besteht die Gefahr, dass er sich mit dem anderen Hund rauft oder diesen beißt. Dabei zeigt er keine große Hemmschwelle. Das erste Mal augenscheinlich wurde das, als er einen vor unserem Haus lang laufenden Hund attackiert und gebissen hat, wahrscheinlich, weil dieser seiner Ansicht nach in sein Revier eingedrungen war?
Heute ereignete sich aber eigentlich der bislang schlimmste Vorfall. Auf einer Wiese spielten ein Vater und sein Sohn mit ihrem Hund Ball apportieren. Der andere Hund zeigte keinerlei Aggression, wirkte sehr lieb und harmlos. Das Herrechen bestätigte auch, dass sei Hund sehr lieb wäre. Unser Hund hatte den anderen Hund bis dahin auch nicht groß beachtet und nicht wie sonst oft direkt geknurrt, so dass wir davon ausgingen, dass er dem anderen Hund gegenüber auch nicht feindlich gesonnen war. Daraufhin haben wir in Absprache mit dem anderen Herrchen unseren Hund auch abgeleint, um zu gucken, ob die beiden nicht gemeinsam dem Ball hinterherjagen können. Das Ganze ging keine 10 Sekunden gut. Der Ball war noch gar nicht geworfen worden und lag nur im Gras, als beide Hunde diesen gleichzeitig haben wollten. Es gab ein ein kurzes Knurren und keine Sekunden später hing unser Hund dem anderen am Hals, ließ sich natürlich nicht wegrufen und von gar nichts beeindrucken. Erst nach ca. 30 Sekunden konnten wir ihn von "seinem Opfer" trennen und anleinen. Der andere Hund hatte nur gejammert und sich nicht gewehrt und unserer hatte ihn immer wieder attackiert und sich festgebissen. Alle waren ziemlich schockiert. Nun haben wir beschlossen, dass wir ihn jetzt gar nicht mehr von der Leine lassen können, weil er so aggressiv reagiert, da man nie weiß, wann irgendwo ein anderer Hund auftaucht.
Wir haben den Hund als Welpen im Alter von 10 Wochen bekommen. Wir hatten den Züchter vorher schon 2x getroffen (einmal ein halbes Jahr vorher und dann 4 Wochen, bevor wir den Hund abgeholt haben), um uns einen Eindruck zu verschaffen. Er hatte viele Geschwister (8) und ist in den ersten 10 Wochen beim Züchter mit diesen zusammen aufgewachsen. Als wir die Welpen besucht hatten, purzelten alle übereinander und alles wirkte sehr in Ordnung. Ich glaube nicht, dass da der Ursprung seiner Aggressivität zu suchen ist.
Als wir ihn dann hatten, haben wir sehr viele andere Hunde getroffen und ihn fast täglich auf einer Wiesen mit vielen anderen Hunden spielen lassen, damit er sich daran gewöhnt. Dabei gab es auch keine Probleme. Die fingen an, als er geschlechtsreif wurde und wurden dann langsam immer schlimmer. Als es schon sehr belastend war und keiner mehr gerne mit ihm rausging, haben wir ihn kastrieren lassen (reversibel mit Medikament), aber das hat sein Verhalten in keiner Weise beeinflusst.
Man muss dazu sagen, dass unser Hund zuhause sehr lieb und ruhig ist, er hat so gut wie nie was angeknabbert oder kaputt gemacht außer seinen eigenen Sachen, man kann ihn auch problemlos alleine lassen, auch wenn er es selten ist. Er ist stubenrein und zeigt uns gegenüber keinerlei Aggression. Man kann wunderbar mit ihm spielen und alles scheint gut. Auch anderen Menschen gegenüber war er nie auch nur im Ansatz aggressiv.
Was auffällt ist, dass er die Aggression dennoch nicht nur gegenüber anderen Rüden zeigt. Er verhält sich genauso (Knurren, Bellen, Anspannung, Ziehen richtung des "Gegners") bei rumpelnden rollenden Mülltonnen, runterrumpelnden Jalousien, Skateboardfahrern, Kindern mit Rollern, Postfahrrädern und alten Menschen im Rollstuhl). Allein die Geräusche können es nicht sein, die ihn dabei aufregen, andere Lärmquellen gehen ihm am Arsch vorbei. Auch in diesen Situationen lässt er sich überhaupt nicht beruhigen/ablenken/zügeln.
Wenn man zurückdenkt, hat er sich schon in den ersten Tagen, die wir ihn hatten, immer hingelegt oder gesetzt, wenn etwas Unbekanntes kam, das er nicht einschätzen konnte. Schon von Anfang an hat er das bei anderen Hunden gemacht. Die anderen Halter meinten er habe Angst. Als Welpe ist er dann, wenn diese näher kamen aus seiner Starre sehr plötzlich erwacht und sehr ungestüm an den anderen Hunden hochgesprungen, was ja relativ harmlos war. Naja, ich könnte noch relativ viel erzählen, die Frage ist, was tun? Klar ist, dass er nicht mehr von der Leine darf, da das natürlich unzumutbar ist, wenn er andere Hunde beißt und sich nicht stoppen lässt.
Aber es ist ja keine Dauerlösung, ihn immer nur an der Leine zu lassen. Er ist ja noch jung. Gibt das da überhaupt Hoffnung oder kann es sein, dass er auch mit Hilfe (Hundetrainer oder so) nicht "sozialisiert" werden kann? Er schein allgemein zu polarisieren, wurde auch schon einmal von einem anderen Hund, der ihn von weitem gesehen hat attackiert und gebissen, wobei da dessen Herrchen gesagt hat, das habe sein Hund noch nie gemacht.