Beiträge von bavella

    Hallo!


    Wir haben uns im letzten Herbst einen ca. 8 Jahre alten Mischling ("Nino") aus dem Tierheim geholt. Dort musste er allerdings nur ca. 1,5 Wochen unterkomen, weil er an dem Tag, als wir zuerst dort vorbei schauten und uns auch sofort mit ihm anfreundeten, gerade mal einen Tag früher als Fundhund abgegeben worden war. Im Laufe der kommenden Woche konnten dann die ursprünglichen Besitzer ausfindig gemacht werden, die aber wohl schlecht auf ihn zu sprechen waren und sich gerne von ihm trennen wollten. Wir haben leider nicht viel über Ninos Vorgeschichte erfahren können, nur dass er wohl gerne ausbüchste und sich dann durchaus ein paar Tage nicht mehr sehen ließ. Nino ist unser erster Hund, wir verfügen also über keinerlei Vorerfahrungen.


    Bei uns zuhause ist Nino im großen und ganzen sehr gut angekommen. Er hört auf Sitz, Platz, Komm und Bleib und begegnet Menschen jeden Alters immer mit freundlichem Schnuppern, Winseln und Fiepen. - Aufgrund des gleich zu schildernden Problems, bin ich dabei aber mittlerweile sehr aufmerksam. Ich kann aber sagen, dass es im Zusammenhang mit Menschen bei uns bisher zu keinen Problemen gekommen ist und wie gesagt, konnten wir diesbezüglich über das Tierheim auch nichts derartiges in Erfahrung bringen.


    Was ich aber nun oft hatte, ist dass Nino beim Zusammentreffen mit anderen Hunden immer herzzerreißend winselt und fiept - andere Hundehalter schmelzen dann manchmal förmlich dahin und meinen, dass er aber ein gaaaanz lieber ist, oder dass er ja wohl total verängstigt wäre. Ich habe ihn dann auch schon mal von der Leine los gelassen und musste erleben, dass Nino dann beginnt gnadenlos abzuchecken, ob er den anderen Hund rangfolgemäßig unterordnen kann. Falls er zu dieser Ansicht kommt, wird Nino unaufhörlich aufreiten, will sagen das Verhalten wird erst abgestellt, wenn ich es unterbinde, oder mit ihm weitergehe. Wenn ich es unterbinde, nutzt er jede Unaufmerksamkeit, um damit von neuem anzufangen. Bei diesem Verhalten kennt Nino keine Grenzen - kürzlich hat er einen doppelt so großen und sicher viermal schwereren Rhodesian Ridgeback unterworfen - weil dieser erst 9 Monate alt war, hatte er raus, dass er ihm geistig weit überlegen war.


    Ich habe dann einige Wochen viel mit ihm gearbeitet und versucht, unsere Bindung durch Gehorsamsübungen positiv zu verstärken. Das hatte auch schon ganz gut geklappt, so dass ich mich schließlich getraut hatte, Nino beim Spazierengehen frei laufen zu lassen. Er hörte dann tatsächlich auch so gut, dass er beim Zusammentreffen mit anderen Hunden bei mir blieb und auch das Winseln nach kurzer Aufforderung einstellte. Diesen Zustand konnte ich insgesamt ca. 3 Wochen erfolgreich halten, bis eines Tages ein angeleinter ziemlich großer wolliger Hund mit seinem Herrchen vorbei kam. Nino hörte nicht und lief dem anderen Hund hinterher, dieser knurrte und wollte sich nicht am Hintern beschnuppern lassen, so kam es nach wenigen Augenblicken dazu dass Nino zuschnappte und ein kleines Fellbüschel des anderen in der Schnauze hatte. Ich war so schnell ich konnte hinter unserem Hund hinterher gelaufen, als dieser nicht auf mein Rufen hörte, konnte das Zuschnappen aber nicht mehr verhindern. Da der Halter des anderen Hundes auf dem Fahrrad fuhr, kam es fast zum Sturz. Der andere Hund hatte aufgrund seines dichten Fells keine Verletzung davon getragen. Ich entschuldigte mich natürlich und der andere Halter ließ die Sache auf sich beruhen. Seit dem habe ich unseren Nino dann nicht mehr frei laufen lassen.


    Ganz besonders hat mich Ninos Verhalten am letzten Sonntag verärgert und ich muss sagen, dass ich wirklich Schwierigkeiten habe, mich ihm gegenüber wieder halbwegs freundlich und offen zu verhalten: Wir waren mit drei Familien in einem Stadtpark und natürlich mussten die Kids sich die Kleintierkäfige anschauen. Nino winselte und fiepte beim Anblick eines (sehr großen) Hasen was das Zeug hielt und ich habe mich durch die Reaktionen der anderen Eltern in die Irre führen lassen - sie meinten alle "oh wie niedlich", "Nino denkt wohl das sei auch ein Hund" usw. Der Hase kannte scheinbar keine Hunde und ließ sich auf ein Schnuppern am Zaun ein, was auch tatsächlich eine Weile lang zu funktionieren schien. Der Zaun war wegen der ebenfalls im Stall befindlichen Meerschweinchen im unteren Teil mit einem engen Maschendrahtgefecht versehen, was dazu führte, dass sich die beiden Fellnasen nicht direkt berühren konnten. Also stellte sich Nino nach einiger Zeit auf und animierte den Hasen dazu, dasselbe zu tun. Und zack: Auf einmal biss er dem Hasen ohne große Ankündigung in die Nase. Ich konnte die beiden mit einem Ruck an der Leine recht schnell trennen, aber der Hase war mit einer kleinen Wunde blutig verletzt worden.


    Anfang Februar hatten wir Nino auf Anraten des Hundetrainers chirurgisch kastrieren lassen. Tierärztin und Hundetrainer versprachen sich, dass das Unterdrücken anderer Hunde dadurch abgemildert werden könnte. Letztes Jahr im September hatte er allerdings schon einen Kastrationschip erhalten, von dem die Tierärztin meinte, dass er einer chirurgischen Kastration in der Wirkung gleich käme. Das Winseln und Fiepen, gefolgt von dem Drang, andere Hunde wennmöglich zu unterwerfen hat sich aber bis heute nicht eingestellt.


    Es ist vermutlich kompletter Unsin, das Winseln und Fiepen, gefolgt von den Agressionen (Unterdrücken, Aufreiten und sogar Beißen!) als "fieß und link" zu werten. - Das kommt vermutlich einer "menschlichen Fehlinterpretation" gleich und ist keine korrekte hundpsychologische Betrachtung. Da wir aber bisher noch keine Erfahrungen in der Hundehaltung/-erziehung haben, fehlen mir/uns die nötigen Kenntnisse im Umgang mit diesr Situation. Auf jeden Fall bin ich persönlich verärgert und verunsichert zugleich... aber das kann ja nun mal nicht so bleiben! Meine Frau kann das ganze etwas abgeklärter sehen und lässt Nino fortan einfach nicht mehr frei laufen. Ich denke aber auch, dass für Nino Freilaufen und Kontakt zu anderen Hunden im Sinne eines natürlichen Lebens notwendig sein wird. - Dazu müssten wir sein Verhalten aber schon ein wenig ändern...


    Mich würde sehr interessieren, wie Ninos Verhalten richtig zu deuten ist und ob es noch eine realistische Chance gibt, ihn mit seinen 8 Jahren und seiner nicht bekannten Vorgeschichte in dieser Hinsicht umzuerziehen? Ich würde mich über gute Ratschläge, Anregungen und Tipps sehr freuen!



    Vielen Dank und nette Grüße,
    bavella