Mich würde sehr interessieren, was die einzelnen Hundehalter (resp. User) hier dazu bewegt oder bewogen hat, die ZZL zu machen.
Das ist eine Frage über die man wohl ganze Bücher schreiben könnte. Als ich anfing nach einem Hund zu suchen und mich dann konkreter mit einer bestimmten Rasse zu beschäftigen, da habe ich halt nicht nur geschaut wo gibts im 100km-Umkreis gerade Welpen, sondern habe mich zwei Jahre lang intensiv mit den verschiedenen Züchtern, Linien, Vorteilen, Nachteilen der Rasse etc. beschäftigt. Und wenn man mal tiefer in die Materie eingestiegen ist, dann kommt irgendwie schnell auch der Wunsche selber "mitzumischen".
Dazu kommt auch einfach das Interesse am aktuellen Zuchtgeschehen. Klar kann man auch als Besucher auf die Züchterversammlung gehen, Kontakte knüpfen und halten etc. Aber irgendwie ist man ohne Zuchthund doch ein bisschen außen vor und viel Insiderwissen geht an einem vorbei.
Und zu guter letzt sehe ich gerade die Besitzer von guten Rüden zum Wohl der Rasse auch in der Pflicht die ZZL zu machen um den Hund der Rasse zur Verfügung zu stellen. Es liegt einfach in der Natur der Sache, dass viel mehr Hündinnen als Rüden zur Zucht eingesetzt werden. Wir hatten erst kürzlich einen sehr interessanten Vortrag von Frau Dr. Eichelberg in dem sie erläutert hat, was es genetisch für einen riesen Unterschied macht, ob ich 100 Hündinnen und 100 Rüden in der Zucht habe oder 190 Hündinnen und 10 Rüden. Leider trifft zur Zeit bei den meisten Rassen eher zweiteres zu und das tut der Population gar nicht gut.
Zitat von Hummel
Was ist an ihrem Hund so besonders, dass er es vererben sollte, damit die Rasse verbessert wird? Was bringen seine Linien schon mit?
Meiner Meiung nach ist das der falsche Ansatzpunkt. Ich kann nicht nur mit "besonderen" Hunden züchten. Im Gegenteil, diese Überfliegerhunde, die irgendein Merkmal besonders extrem verkörpern bergen auch große Risiken.
Die meisten Zuchthunde sind ja einfach stinknormale typische Vertreter ihrer Rasse. Echte Fehler, wie gesundheitliche Einschränkungen, Wesensmängel etc. dürfen sie natürlich nicht aufweisen, aber jeder Hund hat eben seine eigenen kleinen Vor- und Nachteile.
Um konkret auf meinen Hund zu kommen:
Gesundheitlich kommt er aus einer Linie mit sehr guter Gelenkgesundheit, ist selbst mit A1 ausgewertet und hat auch sehr gut vererbt. Im DRC dürfte er einer der Deckrüden mit dem niedrigsten HD-Zuchtwert sein (hab jetzt nicht nochmal alle durchgeschaut, ob es evt. noch einen mit dem Wert gibt). In der näheren Verwandtschaft sind keine Autoimmunkrankheiten aufgetreten und auch seine Nachzucht hat nichts gehabt toitoitoi.
Ansonsten ist er einfach ein robuster Hund, der nie krank ist, keine Allergien hat und nie dauernd mit irgendwelchen Wehwehchen kämpft.
Als Negativpunkt kann man anführen, dass ein Bruder monorchid ist und bei einem von Laurins Würfen die Hoden recht spät abgestiegen sind (bei allen Rüden in der 10. Woche).
Vom Wesen her sehe ich als großen Pluspunkt seine Verträglichkeit mit Artgenossen (mit Menschen sowiso aber das ist bei den Retrievern jetzt keine erwähnenswerte Besonderheit) und das tollertypische Desinteresse an Fremden.
Als Negativpunkt sehe ich, dass er leicht aufdreht und dadurch manchmal etwas nervt.
Arbeitstechnisch begeistert mich sein unglaublicher Arbeitswille (wenn man sich bei der Suche mal wieder verzählt und gar kein Dummy mehr drinliegt sucht er auch ne halbe Stunde lang und gibt nicht auf), seine gute Nase und sein absolut ursprünglicher Bringtrieb (vom ersten Tag an hat er mir jedes wie auch immer geartete Apportel gebracht. Wenn ich da sehe wie manche jahrelang mit den Hunden arbeiten, bis sie mit dem Dummy nicht mehr abhauen, wird es mir ganz anders).
Was mich stört ist, dass er ein kleines Prinzesschen ist. Durch Dornen und Brennesseln geht er wie auf Eiern. Dann eine etwas gering ausgeprägte Wasserfreude (er schwimmt nie einfach so zum Jux, dafür wie ein Berserker wenn man was reinwirft) und eben seine leicht workoholic-artige Grundeinstellung. Unendliche Stunden haben wir das Warten geübt und es fällt ihm immer noch schwer.
Beim Aussehen bringt er eine mittlere Größe mit, was ich ganz gut finde, da die Toller gerade die Tendenz haben imer größer zu werden und ich finde ein Toller sollte nicht irgendwann wie ein Golden aussehen.
Außerdem hat er einen auffallend kurzen, festen Rücken und das auch ganz gut vererbt. Da es viele Toller mit weichem Rücken gibt finde ich das fast den größten Vorteil davon, dass Laurin in der Zucht ist.
Dann hat er ein dichtes wasserabweisendes Fell und die schönen dunklen Tolleraugen, die zur Zeit leider immer mehr verschwinden.
An Nachteilen hat er einen etwas kurzen dicken Hals, was es ihm schwer macht sehr schwere Gegenstände zu Apportieren. So ab 2kg fängt er an zu kämpfen. Außerdem hat er eine Tochter mit zuchtausschließendem Farbfehler (zu viel Weiß an einem Vorderlauf und einen Nackenfleck). Aber das sind für mich schon eher Luxusprobleme wenn irgendwo ein bisschen viel weiß ist. War bisher auch nur bei 1 von 15 Welpen, keine Ahnung woher das kam, Laurins Linie hat eher wenig weiß.
Zitat von Hummel
Druck vom Züchter hatten wir gar keine. Allerdings hat sein Vater nur zwei Würfe gehabt und musste dann leider wegen einer Hernie kastriert werden. Da das ein echt toller Hund war, der in diversen Sportarten in der höchsten Klasse gelaufen ist, haben sich dessen Besitzer natürlich sehr gefreut, dass wenigstens ein Sohn in die Zucht geht.
Zitat von Hummel
Was ist euch bei der Wahl des Deckpartners wichtig und
warum? Welche "Lücken" sollte der zu eurem Hund schließen?
Puh, das kann ganze Seiten füllen (gibt es hier eine Zeichenberenzung pro Post?)
Grob gesagt ist mir ein gelassenes Wesen wichtig, da Laurin eben selber eher in die Kategorie Psychopath fällt und ich das nicht auch noch verstärken will. Ist zwar bei der Arbeit toll, aber irgendwann hat man keine Leute mehr die solche durchgeknallten Hunde händeln können. Das ist mir bisher ganz gut gelungen. Alle Welpen sind sehr ausgegelichen aber trotzdem arbeitsfreudig.
Dann will ich keine Hündin aus Linien in denen Kryptorchismus ein Dauerproblem ist. Und Hündinnen mit massivem SRMA-Hintergrund lehne ich ab. Da hier die Erbgänge nicht bekannt sind, gehören solche Hunde meiner Meinung nach nicht in die Zucht.
Zitat von Hummel
Welche Vision habt ihr für eure Rasse?
Insbesondere, dass er Arbeitshunde bleiben und nicht zur plüschigen kleinen Variante eines Schow-Golden verkommen.
Bei der Arbeit dann noch etwas mehr Steadyness und Führigkeit bei Erhaltung des "Toller-Turbos" und der föhlichen Kreativität dieser Rasse. So einen Kadavergehorsam wie bei machen Arbeitslabradoren steht einem Toller überhaupt nicht, hoffentlich kommen wir nie dorthin, auch wenn es sich damit besser Schleifchen gewinnen lässt.
Außerdem dass es mehr Forschung und Daten zu Autoimmunkrankheiten gibt, dazu gehört auch, dass alle Züchter damit offen umgehen.
Dann dass die Robustheit der Rasse (sehr gute Gelenke, extrem seltene Epilepsiefälle, keine Herzprobleme, Allergien etc.) erhalten bleiben können.
Zitat von Hummel
Wie ist das mit den Hunden ohne Arbeitsprüfung? Worauf wird da Wert gelegt?
Habe ja eine Rasse, bei der eine Arbeitsprüfung für die ZZL Pflicht ist, daher kann ich da nur begrenzt drauf antworten. Aber die letzten drei Säulen der Zucht (Gesundheit, Wesen, Aussehen) bleiben ja auch bei Gesellschaftsrassen.
Zitat von Hummel
Oder ist es nur zum Spaß, weil es einfach bisschen stolz macht, man aber gar nicht züchten will? Oder seid ihr sowieso schon länger Züchter?
Natürlich ist es auch zum Spaß. Ist ja schließlich mein Hobby. Es ist toll immer neue Leute kennen zu lernen, zu sehen wie die Nachzucht sich entwickelt. Wie die Leute mit ihren Hunden glücklich sind.
"Stolz" macht es irgendwie nur bedingt. Vielleicht ein bisschen wie Eltern sich über die Leistung ihrer Kinder freuen. Man hat es vielleicht nicht selbst beeinflusst, wenn der Hund gut vererbt, aber man freut sich natürlich drüber.
"Züchten" will ich schon. Mich am Zuchtgeschehen beteiligen und die Entwicklung verfolgen. Welpen aufziehen könnte ich aber nicht (weder die Zeit noch den Platz). Da ist ein Deckrüde einfach toll. Und meiner Meinung nach trägt man als Deckrüdenbesitzer genausoviel Verantwortung für die Verpaarung wie der Hündinnenbesitzer.
Laurin ist mein erster Hund und hat jetzt seit 3 Jahren die ZZL. Insofern kann ich nicht behaupten schon länger Züchter zu sein. Mit seinem Sohn Luca kann ich die Zucht hoffentlich in der nächsten Generation fortsetzen.