Beiträge von terriers4me

    Theobroma, ich will jetzt absolut nicht überheblich klingen, ich weiß nur zu genau, was du gerade durchmachst - aber ich finde, was Felix kann, klingt alles in allem super für einen Zweijährigen im besten Flegelalter. Mit einem "normalen" Hund kannst du so einen triebigen Terrier einfach nicht vergleichen, und für das, was er ist, scheint er schon sehr viel gelernt zu haben.


    Die Frage ist wohl tatsächlich die: Ist so ein Hundetyp - der erstmal noch weiter gnadenlos fordern wird - wirklich der Richtige für euch? Bist du im Moment einfach nur mal müde und genervt von so viel Hund (was wohl jeder Terrierhalter kennt) - oder ist es echt zuviel?

    Ist ja auch ein solitär arbeitender Erdhund, ich glaube, Rauhhaardackel sind sogar durch Terriereinkreuzung gezüchtet. Also unmittelbare Verwandtschaft!


    Was Russells nur noch als Sonderausstattung haben, und was Felix gerade auslebt, ist das enorme Laufbedürfnis. Die mußten ja früher ihrer Meute gottweißwieweit über Stock & Stein folgen, bevor die eigentliche Arbeit auch nur anfing - entsprechend können und wollen die wetzen, vor allem eben im Jugendalter.


    Von meinen Hündinnen hast du in Felix' Alter teilweise wirklich nur noch einen weißen Kondensstreifen gesehen, wenn die richtig abgingen - und das brauchten die einfach regelmäßig zum Glücklichsein.


    Machte sie im Hundewald zwar hochbeliebt als Schrittmacher für unglaubliche Rennspiele, aber wenn sie das an der falschen Stelle einsetzten, hab ich oft genug dagestanden und mir geschworen, dass der nächste Hund wieder ein bequemer Großer wird...

    "Aber er orientiert sich nur an mir, wenn er das für richtig hält und eben was zurückkommt."


    Und ganz genau das ist das Hauptmerkmal eines Terriercharakters.

    "Wenn ich wirklich die Hoffnung hätte, dass er in 1-2 Jahren besser zu haben sein wird, würde mir das Durchhalten ja leichter fallen. Er hat schon innerhalb der letzten 12 Monate enorme Fortschritte gemacht. Früher hat er ja oft gar nicht gehört, inzwischen hört er - solange ich an ihm dran bleibe."


    Es wird besser. Jetzt ist er wirklich gerade auf dem stressigsten Höhepunkt - zu erwachsen, um noch junghunde-abhängig zu sein, zu jung für Vernunft. Die kommt so mit 3-4 Jahren in wachsendem Maße - und wenn du zu anderen Hunden schon "Senior" sagst, wird ein Terrier langsam normal...

    Daycare ist sicher ein Argument, aber ansonsten wird Kastrieren überhaupt nichts daran ändern, dass er als geborener Opportunist jede Chance zum Erkunden und Jagen wahrnimmt, die er kriegt. Das ist einfach sehr lange das Zuchtziel gewesen. Als "netten Familienhund" gibt es Parsons ja erst gut 20 Jahre. Vorher saßen ihre Vorfahren in englischen Jagdkennels und waren für genau das da, was Felix tut: total selbständiges Stöbern, immer bereit, immer unter Strom, immer auf dem Sprung, jede kleinste Gelegenheit zu nutzen.


    Ich kann mir genau vorstellen, wie es dir geht - ich bin mir mit meiner zweiten Parson-Hündin (die erste war eher der Stallhunde-Typ) auch zeitweise vorgekommen wie jemand, der einen soliden Mittelklassewagen wollte und plötzlich mit einem Ferrari dasteht. Heute, mit acht Jahren, empfinde ich sie als sehr leicht zu handhaben - aber ich will nicht leugnen, dass die ersten Jahre sehr fordernd waren.


    Dass es Felix auf einem Hof mit Rattenfangmöglichkeit super ginge, kann ich mir schon vorstellen - nur nicht, dass er da lange lebt. Die wenigsten Höfe sind terriersicher eingezäunt...

    "Aber ich kann oft keine zwei Sätze mit meinem Mann wechseln, weil ich nebenbei darauf achten muss, was Felix tut und ihn verbal erinnern, dass mehr als 20-30 Meter vorlaufen nicht akzeptabel ist. Mache ich das nicht, ist er 30 Sekunden später 300 Meter vor uns..."


    Das war die ersten Jahre bei meiner Hündin ähnlich: So führig und superbrav sie auch war, Spazierengehen mit Unterhalten war eher nicht drin. Wenn meine Aufmerksamkeit weg war, versuchte sie, eigene Wege zu gehen. Hat sich aber sehr gegeben. Als sie drei Jahre alt war, also erwachsen, wurde sie sehr viel ruhiger und vernünftiger.


    Dein Felix ist jetzt auch gerade mitten im schönsten Terrier-Irrsinnsalter - kann gut sein, dass das später besser wird. Chancen nutzen, die sich ihm bieten, wird er aber immer - dafür ist er nun mal geboren.

    Russell-Rüden scheinen tatsächlich mehr an Selbständigkeit zu haben als Hündinnen.


    Das hab ich inzwischen so oft gehört, und der krasseste Fall, den ich bis jetzt miterlebt habe, war der kastrierte Rüde einer Freundin, die Hufschmied war. Der fand es natürlich super, auf alle Höfe mitzudürfen, riß aber in unbewachten Momenten regelmäßig aus, um die Gegend weiträumig zu erkunden und nahm dann gern auch noch den Hofhund mit.


    Da sind wirklich haarsträubende Sachen passiert, so a la Ausgraben zweier Terrier und eines Schäfermixes aus dem Dachsbau am Heiligabend. Meine Freundin hat ihren Hund dann halbwegs damit in den Griff bekommen, dass er mitarbeiten mußte, Sachen ranschleppen, und nachher konnte er sogar gutmütige Pferde vortraben und war begeistert bei der Sache. Aber sobald ihm auch nur die Spur langweilig wurde, war er weg.

    Ich weiß nur zu genau, was du meinst - da kommen einfach 200 Jahre Solitärjäger-gene durch. Ein "real Jack Russell" soll ja ursprünglich stöbern, sobald er eine Pfote vor die Tür gesetzt hat, auch gerne weiträumig. Das Programm haben viele echt noch perfekt drin. Meine Hündin auch: Geh in unbekanntem Gelände zwei Sekunden mit deiner Aufmerksamkeit weg, und sie dreht eine blitzschnelle Erkundungsrunde. Kommt zwar ebenso blitzschnell zurück, aber nervig und gefährlich ist das trotzdem.


    Übrigens einer der Gründe, aus denen ich keinen Rüden habe - bei denen hab ich diese Selbständigkeit jetzt schon mehrmals so ausgeprägt erlebt, dass da nur die Leine half.

    Macht mein jetziger Terrier auch so: Sobald das Hörnchen außer Sicht/auf dem Baum ist, macht sie auf dem Absatz kehrt und kommt zurück. Alle ihre Vorgänger sind gern noch bellend am Baum hochgesprungen - sie ist tatsächlich clever genug, um zu wissen, wann jede weitere Jagd sinnlos ist und spart sich dann die Mühe.