Beiträge von Schnaudel

    Ich denke, ein Problem bei diesem Thema ist, dass es eigentlich keine wirklich befriedigende Lösung gibt.
    Vielleicht läuft die Diskussion deswegen so oft auf Grund.
    Es ist nicht völlig klar, welcher Weg der gangbarste ist, und für alle Vorgehensweisen gibt es pro und contra.
    Eigentlich ein zutiefst frustrierendes Thema, das uns immer wieder auch eigene Machtlosigkeit spüren lässt.
    So manches Mal habe ich auch das Gefühl, es geht rückwärts und nicht vorwärts. :|

    Ich finde nicht, dass man anderen Erwachsenen vorschreiben muss, was sie überlegen dürfen.
    Schon gar nicht, wenn die Überlegungen wie hier im Thread eher grundsätzlicher Art sind, ob alles so gut läuft oder ob man etwas verändern sollte. Ich sehe das mehr wie eine Suche danach, ob Auslandstierschutz nach Best-Practice läuft. Es ist sehr schade, dass wir dann so schnell an Tabugrenzen stoßen.

    Diese mangelnde Öffnung für einen Diskurs wirbt sicherlich insgesamt weniger für neue Mitstreiter.

    Leider ist es in diesen Diskussionen so, dass sich Kritiker von einzelnen Dingen sehr schnell verunglimpft sehen. Schwupps ist man in der fahlen Biersäufer-Ecke, kennt nur den eigenen Campingplatz um die Ecke, und hat so gar nichts, aber so gar nichts von der Welt verstanden.
    Selbstredend macht man, weil man einzelne Dinge am Auslandstierschutz kritisiert, gleich automatisch gar nichts, ist von trächtigen Katzen umgeben, aber der Bierdusel macht es uns alten Spießern unmöglich zum Telefon zu greifen. Erst wenn man den schwarzen Zottel aus dem Tierheim übernommen hat, dann darf man schüchtern und leise etwas mitreden.

    Hat man es dann fachlich immer noch nicht begriffen, dann ist man sicherlich ein ganz raubeiniger Geselle, empathielos. Da wird einem dann erst einmal eine schöne Seestern-Story aufgetischt.

    Sorry. Bin auch mal zynisch.
    Was ist so schlimm daran, wenn man wie Nocte gegen Auslandsimporte ist?
    Was ist so schlimm daran, wenn man sagt, so wie ich, in Rumänien ist vielleicht der Gesamtzugang nicht wirklich geglückt und es gibt Anzeichen, dass dort die Kastrationsprojekte nicht gut gegriffen haben?
    Das sind doch Sachen über die man geteilter Meinung sein kann, ohne den anderen gleich im Reflex als imkompetent und nicht zur Rede befugt hinzustellen?

    Wir schaffen es in unserem Land, über sehr viele Themen einen angemessenen Diskurs zu führen. Auch die Entwicklungshilfe hat sich über lange Jahre sehr verändert, weil man es zugelassen hat, über Konzepte zu streiten.
    Nichts anderes kann auch eine Diskussion über Tierschutz leisten. Wenn angemessen diskutiert wird, dann kann man doch auch voneinander profitieren (ich danke insbesondere Fusselnase für ihre immer freundlichen und netten Ausführungen, die mich wirklich sehr weiterbringen und in ihre eigene Denkweise eintauchen lassen).
    Wenn man sie zulässt und nicht verbietet.

    Übrigens stellt sich die verbotene Frage meist doch schon bei der jährlichen Spendentätigkeit. Zumindest bei mir. An wen, in welcher Aufteilung, und welche Projekte finde ich wirklich gut?

    Zitat

    Hat sich hier mal einer die Frage gestellt warum in Deutschland überhaupt soviel Tiere in den Tierheimen sitzen.

    Worauf möchtest Du hinaus?
    Weil es überall Menschen gibt, die sich unbedacht Hunde anschaffen?
    Weil Menschen alt, pflegebedürftig werden, und ihren Hund abgeben müssen?
    Weil es auch in unserem relativ reichen Land Armut gibt?

    Oder wie meinst Du diese Frage? Selbst schuld sind sie wohl eher nicht.

    Ich glaube, so strikt ideologisch ist die ganze Sache gar nicht ;)
    Wie Du schon sagst, wer eine grundsätzliche Bereitschaft hat, sich zu engagieren, wird in den seltensten Fällen, wenn es konkret wird, seine Hilfe verweigern (ganz egal in welche Richtung). Mitgefühl ist ja schließlich nichts, was man ein- und ausknipsen kann.

    Hätte ich bei der Suche im TH vor Ort einen passenden Hund aus dem Ausland kennengelernt, was ja nicht ausgeschlossen ist, denn wir haben uns auch im hiesigen bmt-Tierheim umgesehen, dann hätte ich sicherlich nicht gesagt, "ach nee, Du, mag Dich zwar, hast aber den falschen Pass".

    Wie oben schon erwähnt, auch im inländischen TS ist nicht alles Gold was glänzt, sicherlich gibt es eine Menge Filz, die gar nicht ans Licht kommt.
    Wollte ich jetzt gezielt einen Hund aus dem Ausland, würde es mir relativ schwer fallen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Zumal ich ja mit mir selbst in einem ständigen Ringkampf bin, was ich denn nun für wirklich gute und nachhaltige Arbeit halte und emotionale und rationale Aspekte abgewogen werden wollen.

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    [...]

    Und deutsche Tierheime haben es nicht leicht. Sie müssen auch zusehen, woher sie das Geld für die Kosten bekommen. Denn Sokas (nicht überall zahlen die Gemeinden für diese Hunde über viele Jahre, das ist eher selten) und andere Langzeitinsassen verschlingen viel Geld. Gleichzeitig hört man immer wieder, im Tierheim sitzen nur Problemfälle und Auslandshunde sind ja so schrecklich sozial, lieb und dankbar. Leicht ist es für die wenigsten Heime im Inland.

    Nein, sie haben es nicht leicht. Gerade in städtischen Ballungsräumen kämpfen sie eben auch mit den sozialen Problemen, zum Beispiel, weil Hunde abgegeben werden, weil ihr Unterhalt und medizinische Versorgung zu teuer wurde. Viele Menschen wohnen in Mehrfamilienhäusern, das ist mit bellenden Hunden nicht immer kompatibel. Nicht-Alleinbleiber haben es aber in der Stadt auch in der Vermittlung schwer.
    Ich kann hier auch nur wieder für das Hamburger TH sprechen, denn das kenne ich eben auch selbst und aus der lokalen Berichterstattung.

    1. Nein. Schön ist es dort sicherlich nicht. Das Hundehaus ist alt, und leider fehlen die finanziellen Mittel, um einen Neubau zu errichten. Aber natürlich gilt: schlimmer geht immer.

    2. Selbstgemachte Probleme. Nach Finanzskandal und zeitweiser Entzug der Gemeinnützigkeit dauert es recht lange, bis sie sich erholen. Das ist ein rein hamburgisches Problem. Allerdings habe ich auch das Gefühl, dass ortsansässige Tierschutzvereine stärker durch die Presse kontrolliert werden.

    3. Sokas. Da darf das Hamburger TH das ausbügeln, was die Politik verbockt. So sitzen dort relativ viele Sokas, aber ohne jede Chance der Vermittlung nach Hamburg selbst.

    4. Großstadt-Milieu: gerade hier in der Stadt nehmen sehr viele Menschen Auslandshunde auf. Die Dichte ist höher, man hat eben auch eine Menge geglückter Adoptionen vor Augen.

    Allerdings muss ich auch sagen: die Hamburger holen auf, sicherlich auch auf den Druck der Konkurrenz hin. Die Website ist sehr viel besser gepflegt, man gibt sich kundenfreundlicher, versucht die eigenen Strukturen transparenter zu machen, die gesamte Öffentlichkeitsarbeit ist viel besser geworden. Das ist sicherlich eine positive Auswirkung, weil es eben Alternativen gibt.

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    [...]
    Viele hier schreiben, sie hätten keinen Hund im inländischen Tierheim bekommen und es war bei der Auslandsorga leichter. Da frage ich mich doch, ob die Maßstäbe nicht in beiden Fällen verschoben sind. Es kann eigentlich nicht sein, dass die Auslandsorga geringere Ansprüche an Interessenten hat.

    Ganz ehrlich, das habe ich mich genau so auch schon oft gefragt.

    @PiriMuc
    Es ist nicht "falsch" oder "richtig", genauso wenig werde oder möchte ich mich rechtfertigen bezüglich meines Inlandshundes. Das kann auch nicht der Sinn einer solchen Diskussion sein. Für den einzelnen Hund ist es fast immer goldrichtig ein gutes Zuhause und regelmäßige Zuwendung zu finden. Für die Halter, die sich den Hund aussuchen, natürlich auch.
    Allen ist dieses persönliche Glück zu gönnen!

    Nur ist es mühsam, wenn wir gar keine Grundsatzdiskussion mehr führen können, weil immer auf die einzelnen Individuen verwiesen wird. Mir geht es nicht darum, irgendwem die Hunde madig zu machen, sondern ich bin hier an Meinungen zum "System" interessiert.

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    Ist diese Aufteilung in "deutsch" und "Ausland" echt noch zeitgemäß?

    Im Sinne von "bessere Nationalität" oder "schlechtere Nationalität" ganz sicherlich nicht.

    Würden sich Überlegungen dieser Art gänzlich verbieten, dann gäbe es nicht den Trend, wieder mehr regionale Ware zu kaufen, weil erkannt wurde, dass es am günstigsten ist, wenn Menschen aus einer Region ihre Probleme in ihrer Region lösen. Allen vorweg: der Hund ist keine Ware, das weiß ich.

    Ich finde es durchaus legitim, zu überlegen, ob letztendlich "unsere" Ressourcen im Tierschutz sinnvoll verwendet werden. Es ist legitim zu fragen, ob wir genug Anreize zur Selbsthilfe bieten. Es ist ebenso legitim, zu sagen, mir gefällt teilweise nicht, was unter der Flagge Auslandstierschutz läuft. Und zwar ohne, dass einem Kleinstaaterei aus dem 19. Jhd. vorgeworfen wird.

    Leider gibt es ja im Tierschutzsinne nur sehr wenige Länder, bei denen wirklich ausreichend Geld für richtig zufriedenstellende Arbeit vorhanden ist.
    Und solange Deutschland eher ein Geberland ist, ist es auch legitim, dass gleichzeitig überlegt wird, ob wir unseren gewünschten Standard so halten können, wenn sowohl Geld als Zeit (Arbeitskraft) der Menschen abfließen. Noch ist wohl kein Land am Horizont aufgetaucht, was uns unterstützen möchte, wenn wir unsere Aufgaben im eigenen Land nicht mehr schaffen.
    Das hat nicht mit Antipathien oder Egoismus zu tun, sondern einfach mit dem Zurkenntnisnehmen, dass auch unsere Mittel nicht unendlich sind, und sie sich natürlich durch die Klein-Klein-Vereinerei nicht eben bündeln, sondern eher zerfasern.

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    [...]

    Mit den Straßenhunden ist es nicht ganz das gleiche, aber doch ähnlich. Die Leute in den betroffenen Ländern haben ja gangbare Lösungen dafür: Vergiften z.B., oder einfangen und vergasen. Das wir das nicht schön finden ändert ja erstmal nix dran, dass das für die Leute dort akzeptable Lösungsstrategien sind.
    [...]

    Das ist tatsächlich eines der Hauptprobleme in vielen Ländern Osteuropas und insbesondere der ehemaligen Staaten der SU.

    Jahrzehntelang war das System auf städtische/staatliche Hundefänger ausgerichtet, eingefangene Hunde wurden euthanasiert. In Belarus ist das z.B. meines Wissens nach bis heute noch so.
    Es gibt keine gewachsenen Strukturen für die langfristige Aufbewahrung von Hunden. Es gibt keine gewachsene Bereitschaft, Hunde zu adoptieren.
    Nach dem alten System hat es zumindest so geklappt, dass regelmäßig die Population gekürzt wurde, oder auch, dass man staatliche Stellen hatte, an die man sich wenden konnte, wenn man ein Problem mit aggressiven Hunden vor der Haustür hatte.
    Von daher glaube ich, dass viele Menschen in Osteuropa die Kastrationsprojekte gar nicht als erfolgreich ansehen. Auch wenn sie vielleicht den einen oder anderen Hund vor dem Haus mögen und bisweilen füttern.
    Aber unter dem Strich bleibt, dass sie nun gezwungen sind, mit Streunerhunden im städtischen Nahraum zu leben, ob sie das nun mögen oder nicht.
    Ich lese gern in russischen Foren zum Thema quer, und es bleibt oft der Eindruck, dass die Menschen in Orten, in denen Kastrationsprojekte durchgeführt werden, sich allein gelassen fühlen. Denn: entgegen aller Beteuerungen ist das Leben mit Straßenhunden mitnichten immer romantisch. Ein wildes Hunderudel auf dem Spielplatz: wer von den besorgten Eltern in D würde das wirklich akzeptieren? Dabei wäre es wohl egal, ob die einzelnen Tiere eine Marke im Ohr haben.

    Natürlich sehe ich es auch so, dass eine Euthanasie-Lösung als langfristige und einzige Strategie unethisch ist. Sie aber als kurzfristige und ergänzende Strategie abzulehnen ist es für mich persönlich ebenso.
    Daraus resultiert dann diese riesige Wut, die sich bei den Menschen entlädt, und die letztendlich abermals an den unschuldigen Tieren abgelassen wird. Aber so etwas wird sich wiederholen, wenn Lösungsstrategien übergestülpt werden.
    Den Stein der Weisen habe ich leider auch nicht, mir scheint aber manchmal, dass so, wie es momentan läuft, es auch nicht optimal ist. Wenn ich dann aber überlege, dass der Hamburger Tierschutzverein 1841 gegründet wurde, und wie lang der Weg zu wirklich akzeptablen Bedingungen war.... dann denke ich: 25 Jahre Arbeit sind vermutlich gar nix, es ist noch ein langer Weg. Der Export von Hunden kann dabei nur ein kleiner Baustein für den einzelnen individuellen Hund sein. Aber eine Lösung des Grundproblem ist er nicht, schon gar nicht, wenn man bedenkt: wir erfassen nur einen Bruchteil, allein die Ukraine und dann noch Russland sind riesige Territorien, da kann man eigentlich nur vor Ort arbeiten.