Zitat
......Wie soll denn dein Hund lernen, dass Jagen nicht erlaubt ist, wenn du ihn auf die Taube losschickst? ...
DAS ist genau der Punkt, den ich auch nicht verstehe. Klar - die beste Bestätigung ist diejenige, das tun zu dürfen, was der Hund eben auf Kommando nicht gemacht hat, obwohl er es wollte.
Also wie wenn er zu einem Hund hinrennen möchte, aber erst brav auf die Freigabe gewartet hat, und dafür dann losschießen darf zur Belohnung für´s Abwarten. Ne bessere Belohnung gibt´s einfach nicht, als daß er in dem Moment dort hin darf.
Allerdings hört diese Art der Bestätigung bei mir da auf, wo die Belohnung das Hetzen eines Tiers ist. Wie soll der Hund das verstehen können - welches Tier darf er wann jagen?? Ich unterbinde dies grundsätzlich. Er darf evtl. als Belohnung an einem Mausloch buddeln, ok (die Maus ist eh schon lang im nächsten Dorf... *gg)- aber bei lebenden Tieren ist Schluß! Und gerade bei einem Hund, der eh schon Jagdinstinkt hat wie einem Jagdhund oder Husky, da würde ich NIE ein Jagen erlauben, egal, in welcher Form - Tauben/Enten jagen auf dem Feld, selbst der Schmetterling wird nicht gejagt, und kein Bällchen geworfen - außer zum Training der Impulskontrolle, sprich, der Hund sitzt ab, Du wirfst den Ball, und dann gibst Du das Kommando, den zu holen. Aber dabei darf der Hund keine Chance bekommen, den Ball zu holen, sobald Du wirft, und bevor Du es verlangt hast, sprich, er wird beim Lernen mit der Leine gesichert! Es wird nichts und niemandem hinterhergerannt, fertig. Ganz konsequent, sonst kriegst das nie raus.... Hintergrund dazu: beim Jagen (egal, ob Reh oder Schmetterling oder Ball!) werden Hormone ausgeschüttet vom Feinsten. Diese brauchen relativ lange zum Abbau (bis zu ner Woche; Cortison und Adrenalin, wenn ich das richtig im Kopf habe!). In dieser Zeit ist der Hund auf 180, und dauer-bereit, zu jagen. Will heißen, läßt Du irgendeine Form von Jagen zu, ist der Hund dauerhaft auf 180. Das ist erstens nicht gesund, ständig so hochgepuscht zu sein, und zweitens erhöhst Du damit die Wahrscheinlichkeit, daß er Dir beim nächsten Rascheln im Gebüsch abdüst, wäre also kontraproduktiv..... Deswegen ist in dieser Situation solch eine Bestärkung gaaanz schlecht.
Ja - was man sich da geholt hat, sollte einem vorher bewußt sein ;-) Damit wirst noch ein Weilchen Freude haben - aber man gönnt sich ja sonst nix (ich als Jagdhundehalter darf das sagen *gg).
Generell:
- kein Freilauf, solange der Rückruf nicht 99%ig klappt.
- Impulskontrolltraining in verschiedensten Situationen
- Hund auf Dich fokussieren (nicht bloß mit ihm rumlatschen unterwegs, sondern Spiele machen, etwas suchen lassen, mal ne kleine Unterordnungs-Aufgabe, sodaß keine Langeweile aufkommt - ein Jäger sucht sich, wenn er gelangweilt ist, Beschäftigung selbst, und meist genau die, die er nicht soll ;-) ) Wenn der Hund weiß, ab und an kommt ein tolles Spiel/Leckerli von Dir, bleibt er auf Dauer eher näher bei Dir und ist aufmerksamer auf Dich, lernt also so, selbst zu gucken, wo Du bist, sodaß Du eben nicht immer derjenige sein wirst, der nach dem Hund gucken muß, sondern er nach DIR, weil er sonst was Tolles verpassen könnte. Also quasi umdrehen von "ich passe dauernd auf en Hund auf" zu "der Hund paßt dauernd auf mich auf" weil ja was kommen könnte von Dir.
- Abruftraining bis zum Abwinken (natürlich mit Spaß und immer wieder bestätigen. Geh dabei davon aus, daß der Hund immer nur das tut, was er bereits begebracht bekam - kommt er in einer Situation nicht gleich zu Dir, ist diese einfach noch nicht geübt oder zu schwer, weil zu viel Ablenkung, der Hund zu weit weg von Dir (Stichworte eingreifen und Reichweite!) - sprich, Du hast die Latte zu hoch angesetzt, der Hudn kann nix dafür!, oder der Hund oder Du seid schlecht drauf an dem Tag, dann macht man halt etwas einfachere Übungen und geht nochmal nen Schritt zurück und ruft nur im gesicherten Garten ab).
- funktionsfähiges Abbruchsignal einüben.
- Freilauf nur in passender Umgebung - nicht gerade mitten im Wald in der Dämmerung, wenn das Wild rauskommt!)
- Freilauf nicht, wenn Du mit 5 anderen Leuten quatschend durch die Gegend schlappst - Konzentration auf den Hund ist hier gefragt. Kann anstrengend sein, lohnt sich aber, weil er dann nimmer abdüsen kann - ein Hund merkt zu tausend Prozent, ob Du gerade auf ihn konzentriert bist, oder abgelenkt bist - das wird er sofort ausnutzen, um eine Spur zu verfolgen etc.!
- Trainer, der Dir die Körpersprache des Hundes erklärt - wie sieht er aus, wenn er gerade was Interessantes in die Nase kriegt, oder kurz, bevor er abdüst, etc. - sodaß Du genau eine Sekunde vorher eingreifen kannst, bevor er losrennt. Ist er erstmal gestartet, ist es meist zu spät für einen Abruf.....
- geistige Auslastung für den Hund (Suchspiele, Unterordnung, Fährten legen, Intelligenzspiele o.ä.; wir machen Mantrailing, ist aber halt zeitaufwendig....)
- körperliche Auslastung (beim Husky würd ich mich am Radl ziehen lassen o.ä. Dies muß man aber langsam aufbauen, wegen Kraft und Kondition, um die Muskeln/Sehenen/Bänder nicht zu schädigen. Würde den Hund auch vorher auf kaputte Hüften etc. durchchecken lassen.)
Wenn ein Hund ausgelastet ist, kommt er weniger schnell auf die Idee, sich eine Beschäftigung zu suchen, die dem Halter nicht gefällt, springt nicht auf jedes Rascheln im Gebüsch an.
- zeig ihm, was er tun soll, wenn z.B. ein Passant kommt, den er verfolgen möchte: sobald Du merkst, er möchte hinterher (nicht erst, wenn er schon rennt!), gibst Du ihm ein Alternativkommando - ob das Fuß ist oder Sitz, oder weiter oder sonstwas - egal, Hauptsache, es ist etwas, das ihn in dem Moment daran hindert, hinterherzugehen. Es ist für den Hund einfacher, zu wissen, was er tun soll, als einfach immer nur Verbote zu kriegen, denn davon weiß er noch lange nicht, was er dann alternativ machen soll.
- dosiere den Freilauf nach Befinden Deines Hundes: ist er gerade sehr hibbelig und aufgedreht, spar Dir den Freilauf. Ist er ruhig, ausgelastet und ausgeglichen, darf er laufen. Erhöht die Wahrscheinlichkeit, daß er bei Dir zu bleiben in der Lage ist. Und wenn Du merkst, daß er nach der 27. Rehspur immer hektischer wird unterwegs, und nur noch die Nase am Boden hat und auf den Rückruf erst beim 5. Mal reagiert, kommt die Leine halt wieder dran.
- versuch, ein Freigabekommando einzuführen, das Dir hilft, den Hund auf Dich zu konzentrieren. Er soll, wenn er etwas will, zu Dir gucken. Dabei kannst daheim anfangen: er möchte fressen? Fein, dann gibt´s vorher ein Absitzen, und dann sagst Du das Freigabekommando und er darf hin. Er möchte einen Besucher begrüßen? Fein, dann soll er im Körbchen ruhig liegenbleiben - dann kriegt er Deine Freigabe. Aber bitte erst, wenn er sich so verhält, wie Du möchtest - sprich, nicht dem quietschenden Hund eine Freigabe erteilen, sondern erst, wenn er entspannt drinliegt und ruhig ist. Er möchte an der Leine einen Hund begrüßen? Gerne - aber erst, wenn er absitzt und Dich anguckt, darf er frei dorthin laufen (natürlich nach Absprache mit dem anderen Halter). Irgendwann wird das so drin sein, daß er Dich anguckt, wenn er was möchte, daß er nichtmehr darüber nachdenkt - er weiß dann, er kommt nur über Dich ans Ziel. Und wenn er weiß, er kommt nur über Dich ans Ziel, dann wird er automatisch näher bei Dir bleiben und auf Dich achten - weil, wenn er Dich aus den Augen verliert, kommt er ja nicht mehr ans Ziel, kann nicht zum anderen Hund etc. - dann mß er erstmal warten, bis Du wieder bei ihm bist..... Und wenn Du Glück hast, wird das sogar in Sachen Jagen funktionieren: Hund kriegt was in die Nase - guckt zu Dir. Und das ist dann der Moment, in dem Du die Chance bekommst, einzugreifen - mit einem "NEIN - bleib da!"..... Da reicht schon ne Sekunde, um Dir die Möglichkeit zu geben, einzugreifen. Nebeneffekt: je mehr der Hund lernt, Dir die Entscheidung zu überlassen, was er tun darf und was nicht (über das Freigabekommando), desto größer die Wahrscheinlichkeit, daß er auch vorm direkt hochgehenden Wild irgendwann erstmal anfragt, ob er hinterher darf, statt einfach loszurennen.
- wenn Du Gassi gehst mit anderen Hunden, dann check vorher mit den Haltern ab, ob die gern mal jagen gehen. Niemals auf einem Gassigang mehrere jagende Hunde zusammen im Freilauf lassen. Wenn einer startet, gehen die anderen alle mit. Und was der Eine links nicht sieht, sieht der Andere. Und was der Stöberer nicht riecht, sieht der Sichtjäger - gemeinsam sind sie noch unbeherrschbarer und machen zu allem Überfluß auch noch Teamarbeit beim Jagen.
Bei der Jagerei kommst Du nur mit nem ganzen Maßnahmenpaket zum Erfolg. Da muß man auch ein bißchen austesten, was beim jeweiligen Hund am besten "zieht".
Buchtip:
Das ist echt toll, und dort wirst Du einige meiner Tips wiederfinden (weil ich sie dort her habe.... *gg), und noch viele mehr. Einzig die Idee, z.B. eine Taube jagen zu lassen als Bestätigung, wie Du das bisher gemacht hast, die hab ich aus meinem Portfolio gestrichen, aus den genannten Gründen, ich glaube, Frau Gröning arbeitet auch damit, für uns wäre das kontraproduktiv. Muß man selbst entscheiden - alles hab ich nicht durchgeführt, sondern die Dinge herausgegriffen, die für uns am besten durchführbar waren und den meisten Erfolg versprochen haben.
Sonst fällt mir grad nix mehr ein, ich hab schon so oft über die Thematik geschrieben, daß ich gar nimmer weiß, was ich alles schon erzählt habe und was net *gg Vielleicht findest ja in älteren Threads noch Infos.
Zuletzt möchte ich Dir ein bisserl Mut machen: mit dem richtigen Training funktioniert´s - ich hab´s bei meinem Jagdterrier geschafft, daß wir hier fast nur noch ohne Leine spazierengehen. Klar gehe ich nicht früh um 5, wenn die Rehe auf der Wiese am Waldrand stehen, genau dort spazieren, man muß ja das Glück nicht herausfordern
Aber ansonsten haben wir das echt super in den Griff gekriegt inzwischen, und können relativ entspannt gehen.