Billieshep
– Große Portion Sarkasmus im Post –
Oh ja, da habe ich glatt vergessen, dass der Versuch, dem Hund ein optimales Leben zu bieten, etwas Schlechtes ist. Wie konnte ich nur.
Spaß beiseite: Ich denke, da gehen unsere Ansichten einfach zu weit auseinander, um auf einen Nenner zu kommen.
Ich bin übrigens durchaus ambitioniert, manchmal auch eine gute Portion zu viel, da hast du vollkommen recht. Dennoch sehe ich die Ambition, seinem Hund gerecht zu werden, bei weitem nicht als etwas Schlechtes. „Leicht gestresst und hektisch“ trifft’s auch, aber das tatsächlich nur im Umgang mit Menschen. Solange ich das vermeiden kann, bin ich eigentlich tiefenentspannt 😂.
Wie du sagen kannst, ich erwarte zu viel von meinem Hund, aber im selben Atemzug auch, ich solle von ihr erwarten, dass sie in dem Zustand lernt, die Reize beim Spazieren zu verarbeiten, entzieht sich ehrlich gesagt meinem Verständnis.
Wie ich auf den Schluss Reizüberflutung komme, kann ich dir dafür erklären:
A) Logik. Ein Hund der nichts kennt, aus unschönen Bedingungen kommt usw kann gar nicht so viel auf einmal kennenlernen und gesund verarbeiten. Das, kombiniert mit dem plötzlichen Fehlen von Mutter und Geschwistern, ist purer Stress. Wenn ein Hund infolgedessen so bewegungsstarr wird, dass man ihn fast umkippen könnte, und dann ganze 15 Minuten so verharrt, bis er plötzlich zurück zum nicht mal zwei Meter entfernten Haus sprinten möchte, inklusive mehr als deutlicher Körpersprache, zeichnet sich da nicht ein ziemlich deutliches Bild?
B) Das Training dagegen zeigt Wirkung und verbessert den Zustand merkbar.
C) „Die ist total reizüberflutet“ – ist wörtlich das, was meine Tierärztin gesagt hat.
D) Sofortige Verschlechterung, sobald ich Verhalten gezeigt habe, das ihr die Sicherheit genommen hat: deutlich angespanntere Körpersprache, keine Orientierung mehr möglich.
Dass ich ihr nicht bei jedem Pups hinterherrenne, habe ich doch mittlerweile oft genug erklärt oder irre ich mich da? Den Großteil des Tages interagiere ich gar nicht mit ihr, sondern lasse sie schlafen, schnuppern, erkunden und einfach Welpe sein.
Zudem frage ich mich, wer genau nochmal gesagt hat, dass ich erwarte, dass sie 24/7 abrufbar ist? Das ist lediglich mein Kriterium fürs Freilaufen – und selbst da rufe ich meine Hunde selten. Ich lege Wert darauf, dass sie auch mal selbstständig Hund sein dürfen. Ich gebe ihr immer Gelegenheit zum Mitdenken; eins meiner Hauptziele ist, dass meine Hunde so selbstständig wie möglich sind. Nur erreiche ich das nicht durch Ignorieren, sondern dadurch, dass ich meinen Hunden helfe, die Fähigkeiten zu erlernen, die sie dafür benötigen.
Das Endergebnis war bislang übrigens immer dasselbe: ein selbstständiger Hund, der trotzdem gern bei mir war und sich im Zweifelsfall an mir orientiert, wenn er mal nicht weiterweiß. Ich erwarte und möchte nicht, dass sie sich 100 % der Zeit direkt auf mich fokussiert. Was ich erwarte, ist, dass sie sich an mir orientiert, wenn sie verunsichert ist – denn das hilft ihr. Sonst würde ich unseren Weg nicht erneut so aufbauen, sondern nach einer anderen Lösung suchen.
Zumal ich das Orientierungsproblem ja auch schon verbessern konnte – und das nicht durch Ignorieren ihrer Bedürfnisse, sondern durch Aufmerksamkeit. Selbiges übrigens heute Morgen. Hm. Schon suspekt, wenn das Problem doch im Kern sein soll, dass ich ihr „hinterherrenne“, oder?
Das Problem liegt vollkommen an meinem Ende der Leine – aber durch mangelnden Spaß und schlicht den Fakt, dass ich sie überfordert habe, indem ich das Tempo zu schnell angezogen habe.
Ein Hund ist meines Wissens nach übrigens ein Haustier. Da ist es wohl ein Kriterium, dass sie den Menschen zum Leben brauchen – manche mehr, andere weniger.
Die meisten meiner Hunde wären ohne mich wohl ohne zu zögern vor ein Auto gerannt, hätte ich das nicht unterbunden. So viel zu dem Thema.
Sich selbst im häuslichen Umfeld zu regulieren, hat sie übrigens schnell gelernt. Es ist auch keine Schande, es dem Tier leichter zu machen, indem man hilft 😉. Sie würde auch ohne meine Hilfe überleben und klarkommen – das ist mir mehr als bewusst. Aber tatsächlich geht’s ihr besser mit mir, und da sprechen die Ergebnisse für sich: sowohl bei meinem jetzigen Mäuschen als auch bei vielen meiner vorherigen Hunde.