Alles was uns unsere Trainerin gezeigt hatte, hatte einen fast verschwindenden Lerneffekt gezeigt. Die Arbeit mit Leckerlies und alle Ratschläge von ihr, dann würde Murphy wahrscheinlich noch 2 Jahre brauchen.
Klar, er hat keine Lust auf das Training. Beißt er sich fest und wir sprühen ihn an, dann ist alles wieder soweit OK und er trainiert mit. Also ob nichts gewesen wäre.
Puh, ich kenne mich mit Gebrauchshunden nicht in der Praxis aus, aber ich gebe trotzdem mal meine Meinung dazu.
Natürlich dauert es mit rein positiv verstärktem Hundetraining etwas länger. Die 2 Jahre sind allerdings etwas überspitzt.
Ganz plumpes Beispiel: Stell dir vor du hast ein Kind und möchtest, dass es nicht alleine über die Straße geht. Da gibt es 2 Optionen - entweder nimmt man sich Zeit und setzt sich mit dem Kind hin um zu erklären, warum es das nicht machen soll und was daran gefährlich ist oder man schimpft das Kind aus oder gibt einen Klaps, sobald es einen Fuß alleine auf die Straße setzt.
Szenario 1: Das Kind versteht nun den Grund und kann nachvollziehen warum es etwas nicht darf. Es wurde respektvoll und auf Augenhöhe behandelt und das stärkt die Beziehung. Das Kind kann alles gut nachvollziehen und wird auch in Zukunft seinen Eltern vertrauen und hören, weil diese sich Zeit nehmen Dinge zu erklären und dabei ruhig bleiben. Das nächste mal bleibt das Kind an der Straße stehen, kriegt ein Lob von seinen Eltern dafür und sowohl die Eltern als auch das Kind sind stolz darauf und freuen sich.
Szenario 2: Das Kind setzt keinen Fuß mehr auf die Straße, aber nicht weil es den Grund verstanden hat, sondern weil es Angst vor der Strafe hat. Hier wurde das Kind nicht mit Respekt behandelt, sondern bestraft. Das kann einen nachhaltigen Knick in der Beziehung geben, weil das Kind ja nicht versteht warum es nicht auf die Straße darf und die Strafe deshalb für das Kind nicht nachvollziehbar ist. Die Eltern sind für das Kind also unberechenbar und es geht Vertrauen verloren. Hier traut sich das Kind in Zukunft nun kaum noch was, weil es Angst hat jedes mal aus dem blauen heraus bestraft zu werden. Es verliert Selbstvertrauen.
Das ganze kannst du eigentlich auf Hunde übertragen. Natürlich muss man sich für positiv verstärktes Hundetraining Zeit nehmen und auch mal geduldig sein. Aber das Ergebnis ist eine Beziehung auf Augenhöhe und Vertrauen. Es staut sich kein Frust auf, der dann wie bei Murphy abgeladen werden muss. Wieso ist denn Ziel überhaupt so schnell wie möglich einen "gehorsamen" Hund zu haben? Das verstehe ich gar nicht. Klar ist es entspannt, wenn der Hund ohne Leine laufen kann, das verstehe ich schon. Aber das ist doch nichts was man um jeden Preis erzwingen muss. Das ist ein Hund, ein Lebewesen, das einen eigenen Charakter hat und für manche Dinge vielleicht einfach länger braucht als für andere. Da muss man sich mMn drauf einlassen.
Viele sagen immer "ach die Sprühflasche tut ja nicht weh." na ja, aber sie ist ja zumindest unangenehm genug für den Hund, als dass er sein Verhalten sofort unterbindet. Strafe funktioniert nur, wenn sie unangenehm ist. Klar erreicht man so vielleicht schneller sein Ziel. Aber da muss man sich einfach fragen zu welchem Preis. Ich würde die Beziehung zu meinem Hund nicht gerne auf einer solchen Grundlage aufbauen.
Es könnte auch passieren, dass Murphy irgendwann abstumpft und ihn das Wassersprühen gar nicht mehr stört. Da ihr dann aber euer Training auf Strafen aufgebaut habt, bleibt keine andere Möglichkeit als eine härtere Strafe einzusetzen. Ist das wirklich das, was ihr wollt?
Keine Ahnung, ich würde an eurer Stelle glaube ich nochmal ganz von vorne anfangen. Meinungen von anderen außen vor lassen und mich erstmal in verschiedene Trainingsansätze einlesen um für euch persönlich herauszufinden, womit ihr euch am wohlsten fühlt. Dann würde ich dem entsprechend eine*n qualifizierte*n Trainer*in hinzuziehen.
Und du schreibt ja selber "Klar, hat er keine Lust auf das Training." Das erklärt doch vielleicht schon den aufgestauten Frust?
Wenn ihr so deutlich merkt, dass dieses Training keinen Spaß macht, warum dann erzwingen? Das ist doch für beide Seiten nicht schön. Findet doch lieber eine Aktivität an der Murphy auch Spaß hat. Vielleicht gibt es ja einen Hundesport für den er zu begeistern ist? Dadurch stärkt sich eure Bindung auch und das wirkt sich auf den Alltag aus. Murphy soll euch doch positiv verknüpfen. Habt Spaß zusammen!
Und eine letzte Sache: Warum soll Murphy ohne Leckerchen-Belohnung auf den Rückruf hören? Ich weiß, dass das auch so ein klassisches Argument ist "mein Hund muss auch ohne Futter auf mich hören." Aber wieso es sich selber schwer machen? Hunde sind nun mal Opportunisten und machen die Dinge, die sich am meisten für sie lohnen. Gebt Murphy doch einen tollen positiv verknüpften Anreiz, um zu euch zurückzukehren. Mein Gott dann bekommt er halt einen Keks dafür, ist das wirklich so schlimm?
Bzw. muss es ja nichtmal ein Keks sein. Was macht Murphy denn Spaß? Rennt vielleicht eine Runde zusammen, wenn er bei euch ankommt oder holt sein Lieblingsspielzeug aus der Tasche. Macht irgendwas tolles, damit es sich für Murphy lohnt zu euch zu kommen. Ihr würdet doch auch nicht ohne Bezahlung arbeiten gehen, oder?
So viel von mir. Tut mir leid, wenn es an einigen Stellen vielleicht etwas harsch klingt. Aber das ist meine ehrliche Meinung.