Das is das Gefühl, das ich in den meisten der hier vermutlich gemeinten Threads habe: Die Menschen schauen sich ihre Hunde nicht an. Bzw. nehmen nicht wirklich wahr, was der Hund mitteilt. Sondern hängen in gelesenen bzw. gehörten Interpretationen fest.
Keine Ahnung, ob das immer schon so war [...]
Das finde ich eine wichtige Beobachtung. Ich kann mir vorstellen, dass das auch mit dem Format der Hunderziehung via Forenaustausch zusammenhängt. Es war früher halt praktisch nicht möglich - und man hätte den theoretischen Gedanken vermutlich für abwegig gehalten - dass sich einander fremde Menschen in Textfeldern ratsuchend über das konkrete Verhalten ihres Hundes austauschen, und die Einschätzungen, Hinweise und Gruppendeutungen daraufhin in das eigene Alltagsverhalten übernehmen. Manchmal mit vorheriger eigener Plausibilitätsprüfung, manchmal eher daran orientiert, wie offenkundig mehrheitsbindend sich der jeweilige Ratschlag im Forum zeigt.
Früher blieb das Verständnis des eigenen Hundes im Binnenverhältnis "stecken" bzw. war unverbindlich auf eine Handvoll Imperative aus Erziehungsratgeberbüchern reduziert, für die ein Hund meist ein Hund war. Ich wüsste jedenfalls keinen Ratgeber aus den 90ern, der sich in alltäglichen Erziehungsfragen eingehend in rassetypische Erwägungen (Reizlagen, Triebigkeit) ausdifferenziert hätte. Und so war man in Problemlagen wie “Mein Hund pöbelt Besucher an" gezwungen, das, was man vor sich sieht, solange neu anzuschauen und zu bewerten und in Lösungsideen zu übersetzen, bis das Verhalten auf Halter- und Hundeseite *irgendwie* in ein stimmigeres Verhältnis als bisher kam. Klappte ja oft genug.
Schwer zu sagen, wie sich in dieser Entwicklung Segen und Fluch zueinander verhalten. Zuviele Optionen verwirren, soviel scheint (Psychologen und Verhaltensökonomen) inzwischen klar zu sein. Vor der „Marmeladenstraße“ im Supermarkt - und vermutlich auch beim Hundeerziehen. :-)
Wenn’s nicht gut läuft, wird daraus ein vages Pendeln zwischen allen (halbwegs verstandenen) Optionen oder Handlungsstarre. Nach meiner Erfahrung ahnden Hunde beides unerbittlich als „durchgefallen“.