Hallo Ihr lieben Menschen,
mein Name ist Shadow, geboren als Labrador, Jahrgang
2002, schwarzhaarig, muskulöse Erscheinung, allen Hundedamen gegenüber
aufgeschlossen unabhängig von Rasse und Größe, stets hungrig und
wissbegierig (das Wort "neugierig" klingt so negativ), äußerst
anzugstark in der Leine und von 0 auf 100 in 6,3 Sekunden, wenn der Ball
fliegt.
Menschen sind ja eine merkwürdige Rasse, da stellen sie zu Weihnachten
einen Baum in's Wohnzimmer, stecken Kerzen dran und schmücken ihn mit
komischen Glitzerkugeln und Figuren, die nach nichts riechen und nach
nichts schmecken, man darf sein Bein nicht daran heben und einen Ast
darf man sich auch nicht ausreißen, um den zu Holzspänen zu verarbeiten.
Ja wozu braucht man denn sonst einen Baum??? Das merkwürdigste ist, da
steht mein Rudel am Heiligen Abend mit leuchtenden Augen davor (wie ich
sie höchstens bei einer leckeren Fleischwurst kriege) und fangen
fürchterlich an zu heulen. Singen nennen sie das, na ja..., wenn ich so
jaule und fiepe, untersuchen sie mich gleich, ob mir was fehlt.
Na gut, aber Weihnachten hat auch seine guten Seiten, denn wir sind mal
wieder zur weisen Rudelchefin "der Oma" gegangen bzw. mit dem Bus
gefahren. Mensch, war ich aufgeregt und es hat wieder ewig gedauert und
viel Kraft gekostet, das andere Ende der Leine so schnell wie möglich
dahin zu bekommen. Den Weg kenne ich ja schließlich aus dem Effeff. Und
schließlich wartete dort eine Rinderbeinscheibe, gaaaanz viele
Leckerlies, ein Putenhals und die Innereien von dem Vogel auf mich, das
hatte ich schon aus einem Telefongespräch heraus gehört. Jaaaaa, ich
verstehe alles, fast jedenfalls und wenn ich will, sagt Frauchen immer.
Die alte Dame hab ich gut im Griff, ich fresse ihr sozusagen aus der
Hand. Wenn ich mit meinen treuen Augen zu ihr aufschaue, schmilzt sie
allein davon schon dahin. Noch ein bisschen recken und strecken, damit
die Rippen ein wenig hervor stehen und meine Leute kriegen erstmal eine
Strafpredigt und einen scharfen Blick, weil die mir bestimmt nie genug
zu fressen geben. Tja, Trickdog könnte man auch sagen. Mein
Lieblingsplatz ist unter dem Tisch, da habe ich alles im Blick, sehe, ob
was runterfällt und andererseits werde ich ständig von irgendwem
getreten, wofür er sich dann entschuldigt und dann gibt's manchmal nur
eine Entschuldigung oder Streicheleinheiten, aber wenn ich ein bisschen
schmerzerfüllt stöhne, dann gibt's von Oma ein Trostleckerlie.
Bei soviel ungewohnter Völlerei entweicht mir unterhalb meiner Rute
schon mal ein Wölkchen, das ich dann freigiebig und familienfreundlich,
wie ich bin, mit allen teile. Ein bisschen Wedeln und schon dampft es
unter dem Tisch hervor bis in die letzte Zimmerecke. Offenbar sind meine
Leute dann immer ganz überwältigt von soviel Liebe meinerseits, sie
verdrehen die Augen und bekommen einen ganz verklärten Blick.
Allerdings die Rückfahrt nach Hause war dieses Jahr ein Horrortrip. Beim
Einsteigen in den Bus klappte plötzlich die Tür zu und das andere Ende
meiner Leine stand noch draußen. Ganz nebenbei bemerkt war meine
Schwanzspitze kurzfristig eingeklemmt, war aber nichts gebrochen, hat
Frauchen später festgestellt. Na, das wäre ja auch fatal gewesen, ist
schließlich gewissermaßen mein Statussymbol. Nun ja, die Tür ließ sich
dann doch noch mal öffnen und Herrchen kam auch noch rein. Puuh, wenn
der hätte hinterher laufen müssen...
Der Busfahrer muss irgendwo aus den italienischen Alpen her gewesen
sein, seinem Fahrstil nach zu urteilen. Selbst im "Platz" bin ich noch
hin und her gerutscht und wenn Frauchen nicht die Leine ganz stramm
gehalten hätte, hätte ich sicher einige Male vorne an der
Windschutzscheibe geklebt. Apropos geklebt, beim Aussteigen stellten
meine Leute dann fest, dass ich am Hinterlauf einen Kaugummi kleben
hatte. Iiiieeeeh, ein Stück Wurst wäre mir schon lieber gewesen.
Nach einer Ewigkeit zupfen und ziepen, das ich mannhaft ertragen habe
(ich weiß ja, hinterher gibt's Trösterlie für den armen, tapferen Hund),
wurde die Sache vorerst aufgegeben. Zu Hause wurden dann alle möglichen
Wege der Entfernung des Kaugummis durchdacht. Eine war, mich über Nacht
in den Gefrierschrank zu legen, Frauchen meinte, das hat sie mal als Tip
gelesen gegen Kaugummis an Pullovern oder Jacken.
Na ja, für einen Labrador nicht das Problem, ich geh auch bei diesen
Temperaturen schwimmen. Ich dachte an die ganzen leckeren Sachen im
Eisschrank, mir wäre die Nacht nicht lang geworden und mein dickes Fell
hätte mich schon warm gehalten. Leider fiel Frauchen dann eine andere
Lösung ein, sie hielt mich wohl für zu verweichlicht für so eine kalte
Nacht. So kam der Rasierer zum Einsatz, das Ding kenne ich schon, damit
schert sie meinen beiden Herrchen immer das Fell auf dem Kopf kurz. Und
da ich meinen schönen warmen weichen Platz im Wohnzimmer an der Heizung
eigentlich schätze, habe ich mich freiwillig hingelegt und mich in mein
Schicksal ergeben, um die Prozedur abzukürzen.
Ratzfatz war der Kaugummi weg und nun sehe ich aus wie eine Dame, die
eine Laufmasche im Strumpf hat. Peinlich, peinlich kann ich Euch sagen.
Frauchen sagt aber, einen schönen Hund kann nichts entstellen. Und ganz
ehrlich, da hat sie ja nun auch wieder Recht.
Na ja, soviel von mir zu Weihnachten. Ach halt, bevor ich mich
verabschiede, einen Wunsch hätte ich noch für Silvester. Vielleicht
könnt Ihr ein gutes Wort für mich einlegen? Bitte, bitte liebe Menschen,
vergesst doch die Silvesterböller, werft Würstchen in die Luft,
meinetwegen auch Kekse und was Eure Küche sonst zu bieten hat, das macht
weniger Krach und macht den Spaziergang für mich viel interessanter.
Ein herzliches Wuffwuff und ein gutes Neues Jahr
Euer Shadow