Umgang mit Oldie aus Fuerte... schwieriger als gedacht

  • :nein: Hallo zusammen ...


    ich bin wirklich ratlos und weiß nicht mehr weiter. Durch jahrelange Hundehaltung, dachte ich eigentlich genügend Erfahrung zu haben und war der Meinung dass es kein großes Problem sein kann einem alten Hund aus dem Ausland noch ein paar schöne Jahre zu machen.


    Weit gefehlt! Unser Ben macht mich hilflos und traurig, weil ich mich übrfordert fühle und zeitweise nicht weiß wie ich ihn aus seinem inneren "Käfig" befreien kann. Hier seine Geschichte (ACHTUNG, wird lang!):


    Ich bin ein absoluter Bardino Fan, habe selbst eine 8 Jahre alte Barino-Mix Hündin (sie kam allerdings als Welpe zu mir) und Freunde von mir sind auch begeisterte Bardino Besitzer. Als meine Bella (dt. Dogge) vor 4 Jahren eingeschläfert wurde, war für mich klar: kein zweiter Hund mehr! Und schon gar kein solches Sensibelchen mehr. Bella war eine klasse Hundedame, jedoch durch ihre Unterwürfigkeit und Sensibilität, eigentlich nicht der richtige Hund für mich. Wir haben uns geliebt und viel miteinander erlebt, aber mein Charakter passte nicht wirklich so einer solchen Seele von Hund, so dass sie machmal unter meinen Launen leiden mußte.


    4 Jahre gingen also vorbei und ich habe viel an meine Bella gedacht. Vor Weihnachten kam es über mich und ich bin im Internet gesurft und habe mir Bardinos -die zu vermitteln waren- angesehen. Wochenlang bin ich auf diesen Seiten gewesen und immer wieder bleib ich bei einem Tier hängen: Berti, lt. Angaben ca. 9 Jahre alt, grau-schwarz meliert / gestromt, mit entrücktem Gesichtsausdruck. Er ging mir nicht mehr aus dem Kopf, sein Foto hat mich derart angerührt, dass ich mit der Organisation Kontakt aufgenommen habe. Lange Rede, kurzer Sinn... am 17. Januar landete der Spanier in Frankfurt. Was mich da erwartete, war ziemlich frustrierend. Berti saß aphatisch in seiner Flubox und wurde mir von einem nette Pärchen übergeben, mit den Worten "der Opi war ganz barv". Woraufhin ich sagte, dass 9 Jahre doch noch kein Opi-Alter sei, darauf entgegnete mir die Dame "im Impfpass steht aber er ist schon 12 Jahre alt". Da merkte ich bereits wie mir ein wenig übel wurde, als ich dann noch das knochige, abwesende Hundetier näher besah, mußte ich gegen aufsteigende Tränen kämpfen! Tränen aus Wut über die falschen Aussagen vor seiner Einreise und Trauer weil dieser alte Hund mich wahrscheinlich nicht sehr lange begleiten würde.


    Ben wurde er getauft. Er war natürlich in den ersten Tagen sehr vorsichtig und machte trotzdem Fortschritte. Beim Gassi gehen an der Leine war er sehr brav. Er verstand sich auf Anhieb mit meiner Hündin, aber eich glaube sie ist nicht so "sein" Ding. Wir haben ihn dann auch mal von der leine gelassen, wobei sich herausstellte dass er eigentlich immer nur grade aus lief ohne auf uns oder die anderen Hunde zu achten. Also haben wir mit der Schleppleine gearbeitet. Es wurde besser. Er kennt seinen Namen. Ben ist sehr brav und freundlich gegenüber Mensch und Tier. Wenn ihm etwas zu viel wird, macht er die Augen zu und träumt sich weg. Es stellt nur kurz Augenkontakt her und wenn man ihn anspricht, driftet er weg. Nach wenigen Tagen hatte er verstanden wo sein Futterplatz war und akzeptierte diesen. Er sollte zweimal täglich Futter bekommen, weil er so mager war.


    In den ersten 4 Wochen sind zwei Vorfälle passiert, die sein Vertrauen zu mir wohl sehr erschüttert haben. Zum Einen ist er auf der Pferdeweide versehentlich in einen stromführende Litze gelaufen, das hatte zwar den Effekt dass er sich nicht mehr von mir weg bewegte und beim Freilauf alle paar Meter stehen blieb um sich vor mich zu setzen. Mit einem aufmunternden "Komm mein Schatz" und einem streichen über seinen Kopf, setzt er sich wieder in Bewegung, aber er bleibt eng bei mir oder geht hinter mir.


    Der zweite Vorfall ereignete sich an einer Straße, er wollte losflitzen und ich (vielbefahrene Landstrasse) und er lief ziemlich schnell mit Wucht in das Ende der Leine. Er quittierte das mit einem Aufschrei und wollte dann nur noch weg (wenn er gekonnt hätte wäre er sonst wohin gerannt).


    Nach diesen beiden Vorfällen erholte er sich aber nach ein bis zwei Wochen wieder und es schien als ob wir übern Berge gewesen wären.


    Dann ist beim Abendgassi noch etwas blödes passiert: meine Hündin lasse ich nachts frei laufen, Ben noch nicht, weil wenn ihn etwas ängstigt oder ihm was nicht passt, rennt er nach Hause oder zurück zum Auto. Also wir nehmen den gewohnten Feldweg und ich lasse die Hündin frei, sie schießt nach vorne und rennt genau in seine Leine. Er kriegt nen Ruck, Schwaz eingeklemmt und will sofort nach Hause rennen. Ich war wieder die Blöde.


    Zuhause kommt er und will geschmust werden, freut sich ein kleines bischen wenn ich heim komme und macht einen "normalen" Eindruck. Da stellte sich plötzlich das erste weitere Problem ein: er mag nicht mehr an seinem Futterplatz fressen. Also wurde ihm auf seinem Liegeplatz serviert, schließlich konnte er die Kilos vertragen. Wenn ich ihn nicht anleine und hinführe, frißt er. Inzwischen gaht er zwar mit hin, nimmt zwei Bissen und rennt zu seinem Platz. Ich kann ihn nicht dazu bewegen mitzukommen, weder mit Leckerlis noch mit Futterweg legen noch mit gutem Zureden. Ich habe auch versucht ihn aus der Hand zu füttern... Da sitze ich dann stundenlang rum und versuche ihn dazu zu bewegen was zusichzunehmen. Er nimmt vielleicht 3 Fleischbröckchen und dann macht er wieder die Augen zu und dreht den Kopf weg. Das Futter wurde nicht gewechselt und er hat es anfangs problemlos gefressen. Heute abend konnte ich nicht anders, es macht mich verrückt, ich habe ihm Futter angeboten es eine Zeit lang hingestellt und dann einfach wieder weggenommen. Morgens habe ich keine Zeit für solche Spielchen, also bekommt er noch noch abends -so er denn frißt?


    Er würde mit jeder fremden Frau mitgehen, wenn sie einen Rüden dabei hat. Er liebt Rüden und kann mit ihnen mehr anfangen als mit Damen.


    Seit einer Woche bekommt er Bachblüten. Rescue-Remedy, Mimulus und Aspen. Es wird wieder besser, er geht auf Spaziergängen frei mit, aber wenn ich dabei bin, geht er nicht aus sich raus. Er fürchtet die nächste "Betstrafung". Wenn meine Freundin mit den Hunden geht, oder sie auch nur dabei ist, erkenne ich ihn nicht wieder. Er läuft mir aufrechter Rute voraus und ist albern und freut sich seines Lebens. Das tut mir sowas von weh und macht mich furchtbar traurig und auch -ich geb´s zu- eifersüchtig. Nun ist meine Freundin bisher nicht in solcher Situationen gewesen, sie ist die Gute, ich bin der Feind.


    Ich weiß nicht mehr weiter und komme mir schon vor wie ein Tierquäler. Ich habe mir schon überlegt, ob ich ihn wieder abgeben soll, aber ich hänge sehr an ihm und wünsche mir eigentlich nur dass er wieder Spaß am Leben findet. Außerdem könnte ich ihm das nicht antun, weil es bedeuten würde wieder zurück nach Fuerte zu müssen und das will ich ihm auf keinen Fall zumuten!


    Ich habe viel nachgedacht und versucht sein Verhalten zu erklären. ok, wenn auf dem Spaziergang was passiert was weh tut und er es mit mir in Verbindung bringt, dann macht es mit mir eben keinen Spaß und er möchte lieber nicht. Obwohl er trotzdem immer freiwillig mitgeht wenn er das halsband an hat und ich ihn frage ob er mit will. Die ersten paar Meter sind ok, die Rute ist oben ich bin glücklich, dann geht das Schwänzchen runter (baumelt erst) und irgendwann klemmt er es ein -er läuft zumindest nicht mehr zurück zum Auto. Ich vermeide meine Hündin oder ihn laut anzusprechen und tue so als wäre alles ok, ich muntere ihn auf und krauele ihn won ers gerne mag um zu zeigen, so ists fein, hast du toll gemacht.


    Beim Futter bin ich allerdings ziemlich ratlos. Hier kann ich mich an keinen Vorfall erinnern, der ihn hätte ängstigen können.


    Mein Tierarzt meine übrigens, er wäre wohl mindestens 13 und ich würde wohl nicht so lange Freude an ihm haben (na besten Dank auch!).


    Verdammt noch mal, er soll seine letzten Monate, Jahre oder was auch immer doch ein schönes Leben haben und jetzt weiß ich nicht ob er dass so empfindet und ob ich die Kraft habe das durchzustehe ohne durchzudrehen.


    Vielleicht hat jemand von Euch noch ein paar Tips für mich, ich bin mit meinem Latein am Ende.


    Trauige Grüße
    Indi

  • Hallo Indi,


    nicht traurig sein. Wer weiß was der arme Kerl schon erlebt hat. Wahrscheinlich hat er tatsächlich schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht und braucht viel länger um Dir wirklich zu vertrauen.


    Schau mal hier, das hab ich letztens auf der hp von Collie in Not gefunden: Ist eine Geschichte über einen völlig entrückten Hund und wie die Leute damit umgegangen sind.


    http://www.animal-learn.de/rosie.php


    Ich glaube man muss sich frei von dem Gedanken machen, einen normalen Freund und Begleiter zu haben, sondern sich dessen bewusst werden, dass das einzige was man tun kann ist, ihm einen schönen Lebensabend zu bereiten. Alles andere was da dann kommt ist ein Geschenk.


    Liebe Grüße


    Ella

  • Hallo Indi,
    weißt du etwas von seiner Vorgeschichte? Wie lange er "Strassenhund" war, wie lange im Tierheim oder ähnliches?


    Da du von deiner TÄ schreibst, hast du etwas untersuchen lassen?


    Event. hat er auch Probleme sich überhaupt ein zu
    gewöhnen. Er kommt aus einem anderen Leben und ein Hund (Mensch :wink: ) in dem Alter gewöhnt sich nicht so schnell um, wenn überhaupt. Lass ihn einfach mal machen was er will, natürlich mit kleinen Einschränkungen.


    LG
    Sakuru

  • Hallo Indi,
    RELAX ! Du hast hier keinen normalen Hund. Lass ihn SEINEN Rhythmus leben !
    Du bist kein Tierquäler, und Ben braucht wahrscheinlich nur etwas länger, um das rauszufinden. Wenn Du Dich stresst oder verspannst, hilfst Du ihm nicht.
    Viel Zeit bleibt Dir mit ihm vielleicht nicht, aber das macht doch nichts. Ich hab auch einen 11-Jährigen Bullterrier bei mir aufgenommen, der war nur 3 Jahre bei mir. Aber er war zum Schluss ein toller Hund und ich hab nur gute Erinnerungen an unser 'Phantom', der sich von unserem Sofa nicht mal zum Fressen runterbewegte.
    Wie gerne hätt ich manchmal Maclaud zurück und würd ihn gegen das jetzige (un-misshandelte und junge) Energiebündel Duran eintauschen......
    Ich beneide Dich um Ben. Ich würde ihn - 13Jährig - sofort und bedenkenlos hier aufnehmen. Ich liebe Couchpotatoes, auch wenn sie ihre Eigenarten haben.
    Respektiere seinen Rhythmus und seine Lebensweise - Du kannst viel von ihm lernen, wenn Du Dich entspannst. Nimm's nicht so schwer, dass er Dich momentan ab und zu etwas schief ansieht. Und füttere ihn, wo er fressen will. Er wird wissen, warum.


    Ganz liebe Grüsse
    Chrissi

  • Ich denke auch, deine Anspannung und dein Stress übertragen sich auf den Hund, das macht die Situation noch schlimmer.


    Soweit ich das verstanden habe, verhält sich Ben die ersten Minuten eines Spaziergangs mit dir normal, Rute ist oben usw.. Nutze diesen kleinen Moment doch aus, lobe ihn ausgiebig, tu etwas, was er gern hat. Gib ihm besondere Leckers, spiele mit einem Lieblingsspielzeug mit ihm und dergleichen. Er wird dann merken, dann es gar nicht so unangenehm ist mir dir spazieren zu gehen. :)


    Wenn du mit deiner Freundin spazieren gehst, verhält er sich ja auch ausgeglichen. Lobe ihn da besonders, beschäftige dich viel mit ihm. Vielleicht könnt ihr es ja auch mal so einstielen, dass deine Freundin sich dann mal unbemerkt "verkrümelt", du spielst weiter mit ihm und zeigst ihm, dass es auch mit dir angenehm ist spazieren zu gehen.


    Liebe Grüße und viel Erfolg! :)

  • Hallo ihr Lieben!
    Erst mal vielen lieben Dank für die Tips und Eure Einschätzung der Dinge.


    Ich habe mich schon damit abgefunden ein "etwas anderen" Hund zu beherbergen ;-) aber ab und zu kommt es dann in einem hoch, so ein Gefühl der Traurigkeit. Ich weiß dass ich ihn so nehmen muss wie er ist, ich liebe ihn ja auch sehr.Es fällt nur manchmal schwer das so hinzunehmen. Ich versuche ja schon alles erdenkliche und versuche es ihm so angenehm wie möglich zu machen. Vielleicht werden die Bachblüten helfen den Durchbruch zu schaffen, ich hoffe es sehr -für Ben.


    Ich gewöhne mir gerade an immer ruhig zu bleiben und immer mit *gutschigutschi* Stimme zu reden und ihn aufzumuntern. Auch läßt er sich hin und wieder mit Blutwurst bestechen, aber eben nur manchmal.


    Wir waren beim TA weil er plötzlich Durchfall hatte (ohne Futterumstellung) und er bekam Tabletten und eine Spritze. Ging direkt am nächsten Tag wieder gut, der Kot ist wieder im "grünen Bereich". Dabei wurde er eben kurz untersucht und geschätzt.


    Ben war kein Straßenhund, er lag an der Kette und kam dann in die Tötungsstation weil er alt war. Von dort wurde er auf die Finca geholt. Er war total abgemagert, hatte vereiterte Augen und war nie richtig anwesend.


    Er wird mir noch sehr viel beibringen, schätze ich. Ich lasse ihm jetzt halt die Zeit die er braucht. Ich werde mich sicher von Zeit zu Zeit hier wieder mal melden und berichten.


    Bis dahin: VIELEN DANK und liebe Grüße an Eure Raselbanden ;-)

  • Denk einfach daran, dass eine winzige positive veraenderung fuer euch beide ein risenschritt ist, und dass er wahrscheinlich noch nirgends so gluecklich war wie bei dir.
    Ihr packt das schon!


    lg

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!