Altes Foxhound-Paar und deren fehlende Bindung zum Menschen

  • So...
    Seit einigen Tagen mach ich den "Gassi-Dienst" für zwei Foxhounds. Sie sind beide schon relativ alt (Rüde: 11 Jahre / Hündin: 8 Jahre) und haben fast ihr gesamtes bisheriges Leben in einem Stall verbracht. Über den Tierschutz kamen sie zu ihrer jetzigen Besitzerin, bei der sie seit knapp 8 Wochen leben.
    Wirklich schlechte Erfahrungen scheinen sie bisher nicht mit Menschen gemacht zu haben, sie sind nämlich sehr freundlich, unbefangen und absolut angstfrei. Jedoch haben sie nie gelernt mit Menschen zusammenzuarbeiten, es ist ihnen vollkommen fremd mit Menschen zu spielen, sich an Menschen zu orientieren oder sich leiten zu lassen. Im Zusammenhang mit den grundsätzlich schon sehr selbstständigen Laufhund-Eigenschaften ergibt sich daraus folgendes Problem:
    Die beiden Hunde ziehen auf Spaziergängen so 100% und konsequent ihr eigenes Ding durch, wie ich es bisher noch nie erlebt habe. Die Hündin ist fast gar nicht ansprechbar, wirft sich wie ein Ochse in die Leine und hat die Nase ununterbrochen am Boden. Der Rüde ist da schon etwas zugänglicher, er sucht sogar hin und wieder Blickkontakt und reagiert zumindest teilweise auch auf Ansprache.
    Beide Hunde sind sehr verfressen und lassen sich mit Leckerchen locken - solange keine interessante Spur den Weg kreuzt...dann ist man endgültig abgeschrieben und für die HUnde nur noch das lästige Anhängsel an der Leine.
    Über kurz oder lang würde ich das natürlich gerne ändern...ich frag mich allerdings, ob ich da überhaupt noch den Hauch einer Chance habe...
    Die Hunde scheinen mir in ihrer Selbstständigkeit so gefestigt zu sein, dass ich im Moment gar nicht so genau weiß, wo ich ansetzen soll...
    :???:
    Im Moment habe ich erstmal damit angefangen jeden Blickkontakt zu bestärken...was aber zumindest bei der Hündin kaum auf fruchtbaren Boden fällt, da sie nie Blickkontakt aufnimmt. Um mal einen Vergleich zu bemühen: Die beiden Hunde kommen mir (im Gegensatz zu meinen eigenen Hunden) fast autistisch vor, so sehr tauchen sie auf Spaziergängen in ihre eigene Welt ab.
    Problematisch ist auch, dass ich nie einzeln mit den Hunden losziehen kann und so z.B. ein zielgerichtetes Schleppleinentraining fast unmöglich ist...oder funktioniert das irgendwie mit zwei Hunden gleichzeitig?
    Grundsätzlich ist mit ja schon klar wie man den Bindungsaufbau zu HUnden beschleunigen kann und wie ich auch unerzogenen Hunden Manieren beibringe, aber die beiden sind echt ne harte Nuss und ich würd sie zwar gerne knacken, bin mir aber sehr unsicher ob das überhaupt funktionieren kann...
    Was meint ihr dazu?

  • Wie oft gehst du denn gassi mit denen, so dass sich das Üben wirklich lohnt?
    Weil in meiner Vorstellung müssen in erster Linie auch die jetzigen Halter da sehr intensiv dran arbeiten, weil sie ja den meisten Kontakt zu den Hunden haben. Also angefangen bei Handfütterung, Training mit jedem einzeln etc.


    Wenn du das nur bei den Gassigängen übst, wird das glaube ich eine schwierige Sache, vor allem weil du ja immer beide zusammen hast. Vielleicht kann man kurze Übungseinheiten machen, und einen eben mal anbinden und mit dem anderen üben... aber so wirklich das Wahre ist das auch nicht, da müssen eigentlich die Halter dran.


    Vielleicht fällt ja jemand anderem noch was ein, aber ich finde das auch ein krasses Unterfangen. :???:

  • Habe ich das richtig verstanden? Die Beiden haben ihr gesamtes bisheriges Leben in einem Stall verbracht?


    Dann würde ich davon ausgehen, dass es sich bei dem, was du beschreibst, weniger um Selbstständigkeit handelt, als um das Aufnehmen dieser wahnsinnigen neuen Erfahrungen, denen sie sich nun gegenübersehen.


    Ich kann mir vorstellen, was du mit Autismus meinst. Die neuen Eindrücke überrollen sie regelrecht und alles muss angeschaut, allem muss nachgeschnuppert werden usw. Der Mensch, der bisher nicht wichtig war, ist es somit im Moment auch (noch) nicht.


    Die Hunde sind 8 Wochen bei der neuen Besitzerin. Scheint mir ein wenig früh, mehr von den Hunden zu erwarten. Vor allem, da DU schlecht einzeln mit ihnen arbeiten kannst, denn du sollst ja Gassi gehen.


    Ich würde nicht sagen, dass es aussichtslos ist, dass die Beiden noch lernen, mit der Situation zurecht zu kommen - allerdings ist es dazu einfach noch zu früh.


    Evtl. würde es helfen, wenn die Besitzerin einzeln mit ihnen arbeitet - vielleicht empfiehlst du ihr mal einen guten HT.


    Außerdem müssen die Hunde ja erst einmal wirklich ankommen.


    For the time being wirst du versuchen können, über den Rüden an die Hündin ranzukommen. Sprich, was du mit dem Hund an Beziehung erarbeitest, bekommt die Hündin mit, sie muss es nur umsetzen - bei ihr dauert es eben ein wenig länger.


    Hab ein wenig Geduld mit den beiden Motten. Sie können sich glücklich schätzen, endlich das Leben kennenzulernen - und das fordert sie komplett.


    LG
    cazcarra

  • Ich hab die Hunde schon relativ häufig...um genau zu sein gehe ich von montags bis freitags eineinhalb Stunden täglich mit den Hunden spazieren und gehe somit mehr mit ihnen spazieren als die Besitzerin.
    Die Besitzerin scheint mit schon recht bemüht um die Hunde, steht aber auf dem Standpunkt, dass diese Hunde kaum noch lernfähig sind und sie ihnen einfach einen schönen Lebensabend bereiten will...
    Grundsätzlich glaube ich ja eigentlich, dass jeder Hund, egal wie alt er ist, noch lernfähig ist...bei den beiden fange ich aber langsam wirklich an daran zu zweifeln... :/


    EDIT:
    Keiner mehr Ideen... :/
    Es geht mir ja gar nicht darum irgendwelche "Trainingsanleitungen" zu bekommen...mich würde einfach mal eure Einschätzung interessieren, ob ihr glaubt, dass sich eine intensive Arbeit mit den Hunden auszahlt...oder eher nicht. Ihr bisheriges Leben scheinen die beiden Hunde eigentlich ganz gut verkraftet zu haben...wie gesagt sie sind absolut freundlich, fast schon etwas aufdringlich und absolut angstfrei. Viel mehr Gedanken mach ich mir daher um den Umstand, dass diese Hunde nie gelernt haben mit Menschen zusammenzuarbeiten und das in Verbindung mit ihrem Laufhunderbe, die sich ja sowieso nicht "mit Ruhm bekleckern" was die ZUsammenarbeit mit Menschen anbelangt, erscheint mir doch als recht bescheidene Ausgangslage...

  • Hallo Björn,


    ich frag mal anders:
    Was hast Du zu verlieren?
    Ich würde versuchen mit den beiden zu arbeiten. Schaden kann es auf keinen Fall. Versuch es doch über die Leckerlischiene, sprich Blickkontakt gibt Leckerli.
    Ich würde hierzu auch keine herkömmlichen Leckerlis nehmen, sondern mit Hühnerleber und Herzen abkochen und diese verfüttern.


    Ich glaube nicht, dass der Zug schon abgefahren ist. Bei keinem Hund der sich noch durch die Gegend bewegen kann, der hören und sehen kann und nicht an Demenz leidet, würde ich die Flinte ins Korn werfen.
    Vor allem da Du ja jeden Tag mit ihnen gehst und somit in den 1,5 Stunden einiges machen kannst.


    Ich würde es probieren...


    Liebe Grüße


    Steffi


    PS: eventuell würde ich sogar getrennt gehen am Anfang, zumindest bis sie wissen was Du von ihnen willst.

  • Ich kann leider nicht getrennt gehen...die Besitzerin arbeitet Vollzeit und die Hunde können keine Minute ohne einander sein...aber du hast schon recht: was hab ich zu verlieren???

  • Bzgl. deines Edits:
    Das ist kein Grund, warum sie nicht noch lernen sollten, mit Menschen eine Bindung einzugehen.


    Schau dir nochmal an, was ich heute Mittag geschrieben habe. Letztlich braucht es auch für diese Beiden nicht mehr als Zeit, Geduld und konstante Arbeit, die du nicht allein wirst leisten können. Schließlich bist du nicht der Besitzer, sondern der Gassigeher. Die Besitzerin muss sich ebenfalls für die Integration der beiden Fellnasen einsetzen, sonst wird es schwierig.


    cazcarra

  • hi!


    nur kurz: ich bin selber Hundeanfänger, trau mich deshalb kaum jetzt groß was vorzuschlagen, aber.. :^^:
    ich war zwei Jahre lang Gassigängerin im Tierheim und hab dadurch ganz viele versch. Hunde kennengelernt. Da waren z. T. auch solche "Autisten" ( :ops: ) dabei, Hunde aus ausländischen Tierheimen, Tötungsstationen (ohne Menschenbezug aufgewachsen) - trotzdem denke ich, dass man da immer noch was machen kann.
    Vielleicht könntest du, statt Gassi zu "gehen", irgendwo in ein eingezäuntes Grundstück gehen und erstmal nur versuchen, dich irgendwie interessant zu machen? Sie erstmal vielleicht nur den Auslauf erkundigen lassen.. und wenn ihnen dann irgendwann langweilig wird, anfangen, dich interessant zu machen. Leckerli im Gras verteilen und die dann selber mit Begeisterung wieder finden, oder Löcher buddeln, wo dann Kekse drin sind, ne Spur aus Käsestücken legen, und du sitzt dann am Ende mit ner Handvoll, die es dann zu erreichen gilt (in der Hand verstecken oder in Zeitungspapier), oder mit nem Ball oder Handtuch spielen.. halt ein bissle rumspinnen :D .. und recht beiläufig jegliche Aufmerksamkeit positiv bestärken.
    Und wenn dann nur einer der beiden aufmerksam wird, dich intensiv mit ihm beschäftigen, da du ja nicht auf beide achten "musst" und durch das eingezäunte Gebiet die Möglichkeit hättest, doch erstmal nur mit einem der beiden zu arbeiten. Viell. wird der andere dabei ja auch neugierig.
    Also das würde ich glaub ich erstmal so machen... rein gefühlsmäßig, bin wie gesagt nicht so erfahren..


    und egal wie du es angehst, ich würde es halt auf jeden Fall mit der Besitzerin abstimmen.. dass sie sich viell. ähnlich beschäftigt.


    PS: was meinst du damit, dass sie "freundlich, fast schon aufdringlich" sind?

  • Zitat

    was hab ich zu verlieren???


    Mal anders herum gefragt: Was haben die Hunde zu gewinnen?
    Sie haben einander, sie brauchen Dich nicht zum Bespaßen, offensichtlich fehlt ihnen auch nichts? Was möchtest Du denn erreichen und warum?

  • Zitat

    Mal anders herum gefragt: Was haben die Hunde zu gewinnen?
    Sie haben einander, sie brauchen Dich nicht zum Bespaßen, offensichtlich fehlt ihnen auch nichts? Was möchtest Du denn erreichen und warum?


    Ich möchte erstmal für mich erreichen, dass die Hunde nicht mehr wie zwei Ochsen an der Leine ziehen...die wiegen nämlich beide um die 30 Kg und haben ordentlich Kraft...wirklich angenehm finde ich es nicht wenn sich 60 Kg Hund kontinuierlich gegen die Leine stemmen!
    Weiterhin würde ich insbesondere der Hündin (die hat mit ihren 8 Jahren nämlich noch richtig Power) gern irgendwann ermöglichen können zumindest in übersichtlichem, wildarmen Gebiet ohne Leine zu laufen. Ich stell mir ein Hundeleben nur an der Leine schon sehr frustrierend vor und ihrem Bewegungsbedürfnis wird somit auch nicht richtig Rechnung getragen.
    Je besser ein Hund erzogen ist, desto mehr Freiheiten kann er genießen...und zumindest einige Freiheiten würde ich den beiden auch gerne gönnen!


    Livvy: Mit "fast aufdringlich" meinte ich die jagdhundtypische Distanzlosigkeit. Die haben mich schon beim ersten mal begrüßt als wären wir alte Freunde... ;)

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