Allgemein: Hunde über- statt unterfordert?

  • Aktuell gibt es wieder mehrere Themen im Forum, die mich fragen lassen, ob das wirklich niemandem auffällt, wie sehr einige Hunde bis zur Bewusstlosigkeit bespaßt werden.


    Was ich meine ist bspw. das Nutzer X beschreibt, wie er mit seinem Hund zweieinhalb Stunden am Tag rausgeht, dazu noch zwei-drei mal die Woche Agility macht und sich dann wundert, warum der Hund so aktiv sei und allerlei Unfug anstelle. Ich würd mal meinen, der Hund hat dann in der Wohnung einfach nichts zu tun und langweilt sich, weshalb er sich Beschäftigungen sucht. Stattdessen wird ihm unterstellt, noch zu wenig mit dem Hund zu tun :irre:


    Oder wie sie alle mit ihren Hunden in die Welpenspielgruppe rennen. Klar, die Prägezeit ist schon wichtig. Aber daß sich viele völlig leistungshungrige und aktive Hunde heranziehen, die sie eigentlich gar nicht wollen, merken sie dann erst, wenn sie ihn schon haben.
    Das ist die Zeit, wo dem Hund unbedingt zu Hundesport geraten wird... Das mag hin und wieder sehr nützlich sein, gerade bei speziellen Rassen - keine Frage. Die meiste Zeit frag ich mich aber eher, wie man früher nur mit seinen Hunden zurecht gekommen ist, als es weder Sprühhalsbänder noch Hundeschulen, Welpenspielgruppen und Hundesport gab :irre: Das müssen ja supergrausame Zeiten gewesen sein.


    Wir jedenfalls hatten bisher mehrere (meiner Meinung nach glückliche) unauffällige Hunde. Unauffällig in dem Sinne, daß sie weder Couch-Potatoes noch Marathon-Läufer waren, sondern eben Hunde. Das obige Beispiel (was hier gerade im Forum zu lesen ist) von zweieinhalb Stunden am Tag + Agility ist da ja noch nichtmal die Spitze.


    Klar, jetzt werden welche kommen mit "Ach, Du hältst deine Hunde wohl nur im Zwinger" und dergleichen. Wenn's an die eigene Erziehung geht, sind einige natürlich gekränkt ;)


    Aber überlegt mal, ob es wirklich sein muß, den Hund rund um die Uhr zu bespaßen, nur damit er dann totmüde im Körbchen liegt und euch auch ja nichts weiter abverlangt, außer täglich ausgebrannt zu werden.


    Ein Hund ist mehr als nur ein Lebewesen, das mit Sport betäubt werden muß :zensur:

  • Bin auch absolut der deiner Meinung. Der Trend zur Dauerbespaßung und Unterforderung als Wurzel allen Übels ist nicht schön.
    Ich habe manchmal ein schlechtes Gewissen, weil ich entgegen der gängigen Meinung was nötig wäre, null Hundesport mache und auch nicht jeden Tag irgendwas "Kopfmäßiges". Aber inzwischen ist mir das wurscht, mein Hund ist ausgeglichen und zufrieden.
    Meiner Meinung nach ist das fast wichtigste beim Junghund darauf zu achten, dass er zur Ruhe kommen kann, damit leben kann, wenn er keine Aufmerksamkeit bekommt und seine 16-18 Stunden Schlaf am Tag bekommt.
    Natürlich sind dennoch die Rassebedürfnisse und die der einzelnen Hunde unterschiedlich.

  • hallo sreel,


    ich denke, dass ist ein gutes thema für einen thread.


    mein hund ist erst 9 monate, und wir hatten die letzten drei monate ziemlichen stress und trauer in der familie. hiess z.Bsp. dass er mit mir alle paar tage an einem anderen ort bleiben und übernachten musste, und natürlich dadurch auch verschiedenste situationen, leute und umgebungen beim gassi hatte. was ja nicht schlecht ist, dass er vieles kennenlernt....aber er wurde immer nervöser und gestresster, weil auch unsere stimmung sehr angespannt war in der familie. wenn wir dann zuhause bei mir waren, sind wir weiter in die huschu, und im freilauf noch ganz viele hunde treffen, damit er sich "austoben" kann, und im garten dauerbeschäftigung mit ballschmeissen etc. irgendwie ging das ganze aber nach hinten los, weil er immer unsicherer und nervöser geworden ist, ich hatte wirklich das gefühl, er kann das alles nicht mehr verarbeiten. abends ist er dann oft richtig zusammengeklappt, während er tagsüber kaum ruhe gefunden hat, konnte nicht mehr still liegen...


    dank meiner neuen hundetrainerin hab ich seit einem monat das "programm" runtergefahren, gassi-runden verkürzt, ruhige spiele gemacht und geh einfach sehr oft in relativ ablenkungsfreien umgebungen mit ihm spazieren. und es geht ihm besser, er ist viel ruhiger und ausgeglichener. ich weiss jetzt nicht, wie das dann wird, wenn er älter ist, freu mich da auf die erfahrungen von anderen hh, aber ich stimme dir in meinem fall zu, da war zum momentanen zeitpunkt weniger - mehr.


    grüsse

  • ja, du hast schon recht - viele begehen diesen fehler und ziehen sich selbst hunde ran, die dauer-bespaßt werden wollen.
    aber wenn du mal aufmerksam durch das forum liest, wirst du auch feststellen, dass eben davon abgeraten und sogar gewarnt wird!


    mit meinem hund mache ich zur zeit so gut wie gar nichts.
    und unter der woche kommt er eben auf nichtmal ne stunde auslauf täglich.
    auslauf in dem sinne, wie viele das hier meinen.
    er kommt raus und ist auch draußen (hof und garten), aber derzeit stecke cih voll im weihnachtsgeschäft und da gibt es die großen runden nur am we.
    alle zwei wochen schaffe ich es mal auf den hupla zu fahren - da mache ich dann schutzdienst mit ihm.
    mehr geht einfach zur zeit nicht.
    dafür gibt es dann am we radfahren usw.
    und es wird auch wieder besser, wenn diese zeit rum ist.
    aber meinem hund macht das nicht wirklich was aus.
    er hat gelernt, dass er auch mal mit weniger auskommen kann und muss.
    früher war das auch anders-da habe ich täglich mit ihm sehr viel gemacht.
    tja und irgendwann verlangt der hund ein pensum.

  • Zitat

    Die meiste Zeit frag ich mich aber eher, wie man früher nur mit seinen Hunden zurecht gekommen ist, als es weder Sprühhalsbänder noch Hundeschulen, Welpenspielgruppen und Hundesport gab :irre: Das müssen ja supergrausame Zeiten gewesen sein.


    ganz einfach: damals hatte jeder hund noch seine aufgabe :^^:


    es hielt niemand einen hund, um mit ihm einen hindernisparcour zu laufen oder ihn im rosa plüschtäschchen umher zu tragen - hunde mussten arbeiten, jagen, hüten, schützen, wachen etc.


    ich spiele für meinen hund nicht 24/7 den clown, aber 2 stunden frische luft am tag sind bei uns auch das minimum (bis auf wenige ausnahmetage). die gestalten sich ja nicht so, dass der hund bis zum gehtnichtmehr gepusht wird, aber ich find es einfach unerlässlich, dass wuffelchen wenigstens diese zeit am tag etwas andres sehen, etwas andres riechen, hören usw. kann.


    genau so, wie ich es wichtig finde, den hund unter artgenossen zu bringen, gerade im welpen-/junghundealter. was dabei herauskommt, wenn dies nicht geschieht, wird ja in diversen fernsehsendungen eindrucksvoll demonstriert. es muss nicht zwangsläufig eine welpenschule sein, aber wenn diese gut gestaltet ist, bietet sie doch oft eine gute möglichkeit, den hund kontrolliert den umgang mit anderen erlernen zu lassen. zudem können auch die HH während dieser stunden erfahrungen austauschen, erhalten tipps vom trainer und nicht zuletzt das zusammensein macht spaß!


    aber klar, die beschäftigung und bespaßung des hundes ist eine gradwanderung, und leider glaube ich auch, dass viel zu wenig leute darüber bescheid wissen, dass ein hibbeliger hund nicht unterfordert, sondern auch überfordert sein kann...

  • Hallo


    Grundsätzlich stimmt davon schon einiges, nur darf man auch hier nicht vergessen, dass auch Hunde sehr unterschiedlich sind. Es gibt Hunde die mit normaler Beschäftigung wahrhaftig unterfordert sind und mehr brauchen um glücklich zu sein. Wir erleben dies im Moment im eigenen Rudel.


    Gruss
    Sabine

  • Hi,


    ansich stimme ich dir auch zu. Aber man darf nicht vergessen das es auch Hunde gibt die ein solches Programm mögen und trotzdem nicht zu Dauernervern werden die das gleiche Programm auch täglich fodern.
    Wieviel und was ein Hudn am Tag amchen will ist sicher von Hund zu
    Hund völlig unterschiedlich und gerade die Rassen, sie sich gerne bespaßen lassen und viel fordern sollte man, gerade in der Jugend, nicht zu viel machen lassen und sie lehren auch mal zu ruhen und auch sich selbst sinnvoll zu beschäftigen.


    Bei meinem Champ (Bullymix), den ich mit 8 Monaten bekam habe ich schon nach wenigen Wochen angefangen ein recht straffes Programm zu fahren weil er viel nachzuholen hatte und nur unfug anstellte wenn er nicht genug ausgelastet war. Er ging bis zu 4 Stunden am Tag spazieren (im Schniit 2 bis 4 Stunden) und jeden Tag übte ich mit ihm UO und allerlei Tricks. Wir machten jeden Tag eine kurze Autofahrt um ihn dran zu gewöhnen und übten fast täglich das alleine sein.
    Inzwischen gehen wir ähnlich viel Spazieren, fahren Fahrrad und jeden Tag wird eine Runde zur Übungsrunde gemacht in der wir sämtliche kommandos durchgehen und neue Dinge üben. Einmal die Woche gehen wir für 2 Stunden zum Agility und auch daheim üben wir Tricks und er bekommt ab und an mal einen gefüllten kong oder ähnliches zur Beschäftigung.
    Er ist dadurch aber weder zu einem Hund mutiert der genau dieses Programm täglich fodert noch zu einem der abends totmüde ins Körbchen fällt.
    Er ist ausgeglichen, in der Wohnung ruhig aber nicht komaartig, zeigt immer wieviel Spaß ihm die Übungen machen und er ist auch zufrieden wenn er mal nen Tag nur 3 mal kurz raus gelassen wird und ihn keiner bespaßt.
    Wenns mir mal nicht gut geht kann er also auch genauso gut einfach einen Tag mit mir auf dem Sofa verbringen ohne zu nerven.


    Meinen anderen Hund würde ich mit einem solchen Programm fix und fertig machen und er würde das alles fordern auch wenns mal zeitlich nicht passt. Ihm musste ich von klein auf an Ruhe gewöhnen aber für Champ ist genaus das richtig und deshalb kann man deine Aussage nicht pauschalisieren. Jeder Hund ist anders und der Besitzer hat die Aufgabe auf ihn einzigehen und sich so zu kümmern wie es der Hund braucht.

  • Wieviel "Spass" ist denn nun richtig, das frage ich mich ständig. Braucht sich das schlechte Gewissen nicht melden das ich andauernd habe?? Ist es Ok. wenn ein Junghund die wichtigsten Regeln kennt und mehr nicht??? Wäre toll wenn mal einer den Druck runter schrauben könnte, den ich meine ständig haben zu müssen. Eigentlich wollten wir ja auch nur einen Hund der mit uns unser Leben teilt, nicht unbedingt eine Sportskanone .


    LG Dagmar

  • Das Problem bei Rassen, die zur Arbeit gezüchtet wurden, besteht darin, dass die Besitzer meistens eine passende Beschäftigung mit Dauerbespaßung verwechseln.


    Nahliegendes Beispiel für mich: Border Collie
    Viele Besitzer denken, man muss ständig und möglichst abwechslungsreich was mit dem Hund machen.


    Und genau dafür ist der Border Collie überhaupt nicht gemacht. Sein Arbeitsgebiet ist klar definiert. Dauernder Wechsel seiner Aufgabe ist ihm eigentlich fremd und darauf wird er nicht gezüchtet. Und schon gar nicht den ganzen Tag. Das macht ihn kirre. Und viele schlaue Geister, die den aufgedrehten Hund sehen, raten dann dazu noch mehr zu machen... Ein Teufelskreis ohne Ende mit dem Hund als Leidtragenden.


    Ich mache mit meinen BCs nicht mehr und nicht weniger als mit meinem Spitzmix. Nur ist die Art der Beschäftigung eine andere. Es ist Arbeit.


    Viele Grüße
    Corinna

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