Wesensveränderung durch Kortison - Auswirkungen auf Training?

  • Ich weiß gar nicht, ob das besser ins Forum "Gesundheit" oder "Ausbildung und Erziehung" passt...

    hängt ja irgendwie mit beidem zusammen.


    Alma bekommt nun seit ca zwei Wochen Kortison, wir haben nur 3 Tage hoch dosiert und dann direkt mit dem Ausschleichen begonnen.

    Nun ist sie durch das Kortison extrem verfressen geworden.

    Sie bettelt (tut sie sonst nicht), sie sucht permanent, sie ist extrem gierig und nimmt die Leberwurst nicht mehr so vorsichtig vom Finger, wie geübt, sie schiebt richtig Hungerterror und ist dabei sehr nervig und vehement.


    Das hat nun eine gewisse Auswirkung auf das alltägliche Miteinander. zum Beispiel weil "freie" Ressourcen sonst nicht verteidigt werden, jetzt aber schon (das passiert z.B. wenn mein Freund Hundefutter hat und Bolle in dessen Nähe herum mäandert, dann schnappt sie ihn wohl weg - hab ich noch nicht gesehen, ist bei mir noch nicht passiert, ist aber auch für den Freund neu) aber das wird sich wieder in die Bahnen lenken lassen.


    Was mich ins Grübeln bringt: sie klebt draußen nur an mir. Ich mein, das Pendeln haben wir ja geübt und ich bestätige das zurückkommen eigentlich immer. Jetzt interessiert sie aber nichts im Wald außer meiner Leckerchen. Sie läuft 5 Meter vor und dreht sofort um "hi! gib mir was, ja?" ich lobe dann meist verbal zurückhaltend und schick sie wieder vor, aber sie pendelt und pendelt und pendelt und will einfach nur essen.


    Gut, das wird sich irgendwann wieder geben. Aber welche langfristigen Auswirkungen wird das jetzt haben?

    Wenn ich das jetzt durchgehend bestätige weil sie es so oft anbietet, wird das dann einfach verebben, wenn das Kortison raus ist?

    Glaubt ihr, es ist gewinnbringend, das jetzt ruhig ein wenig zu "überformen" weil es nach dem Absetzen dann eh abgeschwächt ist?

    Oder ist es eher so, dass ich sie jetzt zu einem Junkie erziehen würde, der gar nicht mehr selbstständig herumschnuffelt wenn ich sie jetzt weiter (und ab und zu mit Futter) bestätige?


    Ich empfinde es gerade gleichzeitig als gute Chance, diesen engeren Radius aufzubauen und als Gefahr, dass sie wird wie Bolle, der immer nur ans Futtern denkt und damit eigentlich "unfrei" ist.


    Was meint ihr?

  • Und wenn du minderwertigeres Futter gibst und es so ein bisschen abschwächst? Dann behält sie das Verhalten bei, baut aber nicht so die Kette auf

  • Spannende Idee...

    Und wenn du minderwertigeres Futter gibst und es so ein bisschen abschwächst? Dann behält sie das Verhalten bei, baut aber nicht so die Kette auf

    Sie findet gerade irgendwie nichts wirklich minderwertig. Es gibt nur "mag ich gar nicht" (Apfel, Möhre) oder "GIBGIBGIBGIBGIB!" (alles andere)


    Ich bestätige gerade ja überwiegend verbal und nur ab und zu mit Futter. Aber ich glaub, der Casinoeffekt verstärkt ihr Gegeiere möglicherweise auch.

    Ach, ich bin so hin und her gerissen, ob das jetzt ne richtig tolle Chance ist um Verhaltensketten zu etablieren, die ich gern sehe, von denen ich aber dann hoffe, dass sie sich abschwächen, wenn sie wieder ein Sättigungsgefühl hat.

    Oder ob das eben gar keinen Effekt auf später hat.

    Oder ob das einen so großen Effekt hat, dass sie für immer um mich herumkletten wird.

  • Ich muss sagen mir wäre es zu riskant, solche extremen Verhaltensketten find ich ...eher gruselig :fear:

    Und dazu im Alltag hinderlich, weil der Hund nicht mehr selbständige Entscheidungen trifft (und lernt sinnvolle Entscheidungen zu treffen), sondern nur noch abspult was einprogrammiert wurde.


    Entscheiden musst du das aber selbst. Ich kenn Alma ja nicht und kann deswegen auch nicht abschätzen wie sie reagieren wird, bzw wie die Auswirkungen sind.

  • Bei meinem (immer) sehr verfressenen Senior gibt es auch nur "mag ich nicht" oder "her damit". Selbst Diät-Trockenfutter macht ihn geil.

    Ich habe die Verfressenheit gezielt genutzt, um ihm neue Sachen beizubringen, die Leckerli bei einigen neuen Kommandos aber dann ausgeschlichen. V.a. bei den Kommandos, deren Ausführung i.d.R. kein Nachteil für ihn ist, wie z.B. der Seitenwechsel.

    Er führt sie trotzdem auch ohne Leckerli aus.


    Mein Junior ist nicht so verfressen, da finde ich es schwieriger. Dafür arbeitet er aber konzentrierter und bei einigen Dingen auch intrinsisch motivierter als der verfressene Senior. Nur wenn Junior nicht mag, dann bringen Leckerli wenig Erfolg.


    Weiß nicht, ob das Deine Frage beantwortet.

  • Wie hoch dosiert ist das Cortison denn? Bekommt sie Prednisolon? Wie schwer ist sie?

    Sie bekam bei 17kg Körpergewicht initial 10mg 2 x tgl für drei Tage. Inzwischen sind wir bei 1,25mg 2 x tgl.


    Eigentlich ist das ja keine richtige Verhaltenskette. Oder zumindest eine kurze.

    Wie gesagt, ich möchte das pendeln eh haben. Wir trainieren Rückblick und immer mal wieder rankommen schon lang und eigentlich läuft's gut. In sehr hoher Ablenkung (Feld) natürlich nicht so gut, wie in gut trainierter Umgebung (Wald).

    Aber ich war da schon fast zufrieden mit dem Trainingsstand (Radius ca 30m, Rückblick oder Rückpendeln alle 2, 3 Minuten oder so. Wobei dann ein "super! weiter" gereicht hat und sie ist weiter getrabt. Ab und zu kam mal ein Leckerchen geflogen oder sie wurde für einen Trick oder einige Meter Fuß laufen rangerufen und dann gab's Futterbelohnung.


    Es könnte eben in aufregenden Gegenden verlässlicher laufen.


    Jetzt klebt sie halt nuuuur noch an mir dran. Irgendwie muss ich damit ja umgehen.

    a) Weiter bestätigen? (ggf. die ultimative Chance, jetzt eine Schippe draufzulegen um den letzten Schliff reinzukriegen. Oder ggf. die Gefahr, dass sich das verhalten nach dem Absetzen nicht abschwächt)

    b) Nicht mehr bestätigen? (ggf. negative Auswirkungen auf vorherig erarbeiteten Trainingserfolg)

  • Okay, ich kann die Frage nun abschließend beantworten:


    ich habe weiter moderat und unterschiedlich bestätigt.

    Nun ist das Cortison ausgeschlichen und siehe da: es ist alles exakt wie vorher - also keine steile Lernkurve und kein Abhängigkeitsverhalten. Sobald der Hunger wieder etwas weniger drängt, ist der Futtergeier wieder leiser und Alma kann wieder vernünftig erkunden und den Spaziergang für sich nutzen, zeigt nicht mehr alle drei Sekunden die Orientierung zu mir, sondern vielleicht eher so alle 60 Sekunden (je aufregender die Gegend, desto mehr muss ich mich ins Gedächtnis rufen. Je langweiliger, desto enger die Taktung des selbstständigen Rückblicks)


    Also - Cortisonphasen haben hier scheinbar, zumindest wenn sie nur so kurz sind, keine nachhaltige Auswirkung auf den Trainingsstand. (Nein, man kann keine Regel daraus ableiten. Aber hier war's jetzt letztlich so)

  • Wir hatten mit Prednisolon auch unsere Verhaltensprobleme, die Fresswut war übelst. Hund hat sogar Papier gefressen, Boden geleckt, Jeans zerkaut.... es gab kaum was, das man nicht ausprobiert hatte vor lauter Hunger. (Mängel waren ausgeschlossen)

    Als das Kortisol ausgeschlichen war hatten wir bald wieder denselben Hund, nur die Fressgewohnheiten haben sich nicht ganz ohne Hilfe ausgeschlichen. Das war zwar schnell wieder gaaanz anders, aber in der Sache Anti-Giftködertraining gabs schon einen Rückschritt.


    Wenn ich mich recht erinnere hatte er aber insgesamt 9 Tage Prednisolon (aufbauende Dosierung) bevor wir begannen auszuschleichen -was fast genausolange dauerte-, da wir die anfänglichen Nebenwirkungen in Kauf genommen hätten und es erst graduell schlimmer wurde.

  • Ach den Thread habe ich ganz übersehen. Maverick hat vor 3 Jahren mehrere Monate Cortison bekommen und ich war recht happy damit :mute: Endlich ein Hund der zuverlässig und gerne frisst. Und er war viel offener und freundlicher, seine Ängste abgeschwächt. Das änderte sich nach dem ausschleichen wieder. Wobei wir uns in der Zeit Aufmerksamkeit erarbeitet haben und das auch erhalten konnten.


    Er bekommt jetzt so alle 3 - 4 Monate wegen seinem Nacken eine Cortisonspritze, da sind die Auswirkungen aber nicht extrem. Er frisst halt fein auf, das ist ja auch schön .

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