Hallo,
ich bin neu im Forum und habe unsere Hündin bereits hier kurz beschrieben:
Wir haben sie über die Hundetrainerin vermittelt bekommen. Die Vorgeschichte steht auch im Vorstellungs-Thread. Unsere einzige Bedingung, die wir an einen neuen Hund gestellt haben, war, dass er Bus und Zug fahren können muss, da wir beide kein Auto fahren und alles mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erledigen (Ausflüge, Urlaub, Einkaufen, Arbeiten, Arztbesuche, …). Uns wurde das für die Hündin zugesichert.
Nun rastet die Hündin aber komplett aus, wenn sie andere Hunde sieht und nicht hin darf. Die öffentlichen Verkehrsmittel und Bahnhöfe sind voller Hunde. Das heißt, wir haben jetzt schon 2,5 Monate lang überhaupt nichts mehr gemeinsam unternommen, sagen unseren Urlaub ab, wissen nicht wie wir sie zum Tierarzt bekommen oder mal einen Ausflug machen können…
Die Hundebegegnungen sind zudem für uns Alle extrem anstrengend. Die Entfernung zum Hund ist sehr groß, wenn sie bereits ausrastet (, was nachvollziehbar ist bei einem Windhund). Wir begegnen auf jedem Spaziergang vielen Hunden, da hier sehr viele wohnen. Da wir wie gesagt nicht Auto fahren können, lässt sich das auch nicht anders einrichten.
Ich bekomme sie kaum gehalten, Fahrradfahren ist mir mittlerweile zu gefährlich. Ich ertrage aus eigener psychischer Problematik ganz schlecht ihre heftigen Gefühle. Ich kenne Panikattacken selbst sehr gut, sehe die bei der Hündin und halte das dann einfach nicht aus. Insgesamt habe ich nach vielen gesunden Jahren zum ersten Mal wieder richtige gesundheitliche Probleme.
Eigentlich bin ich sehr erfahren mit Hundeerziehung. Aber im Moment gehe ich kaum noch mit ihr vor die Tür. Mein Freund übernimmt sie fast komplett, hat aber noch nie einen Hund erzogen und diese Hündin wächst ihm gewaltig über den Kopf.
Die Hundetrainerin hatte bisher erst zweimal Zeit für einen Termin. Den nächsten Termin haben wir in ein paar Wochen. Die andere Hundeschule ist komplett voll und sonst gibt es hier keine, die für uns erreichbar ist.
Das heißt, wir sind komplett auf uns alleine gestellt mit der Situation. Wir lesen und gucken Videos, in der Hoffnung etwas hilfreiches zu finden. Aber fast alle Methoden passen nicht zu unserer Hündin, weil es bei ihr immer so eine Gradwanderung zwischen Unsicherheit und Frust ist. Die Gefühle wechseln sehr schnell bei ihr. Überhaupt sind wir viel zu langsam für sie in den Reaktionen. Ihr Radius / Radar ist riesig. Dinge, an denen sie vorbei ist, bleiben noch lange ein genau so großes Thema wie Dinge, die vor ihr liegen. Sie vergisst nie etwas und ist sehr hartnäckig (Jagdhund-Qualitäten, denke ich). Wenn wir uns zwischen sie und den Hund stellen oder sie am Geschirr wegtragen, schnappt sie nach uns. Also Raum einschränken ohne dass sie sich bedrängt fühlt oder den Frust nicht aushält, ist extrem schwierig.
Uns wurde von der Hundetrainerin beigebracht einen Wanderstock quer zu stellen, wenn sie nach vorne laufen will. Sie soll an der kurzen Leine hinter uns bleiben und uns das Regeln überlassen. Sie darf an dem Stock nicht vorbei. Bei meinem Freund hat das ein paar Tage funktioniert und dann nicht mehr. Vermutlich macht er etwas falsch. Er sagt auch, ihm fehlt ein Trainer. Ich bekomme das mit dem Stock nicht gut hin. Ich weiß, dass sie nicht geschlagen wird und dass es egal ist, was andere Leute über uns denken. Aber irgendwie kann ich die Methode trotzdem nicht gut überzeugt anwenden. Außerdem ist der Raum hinter uns genau so ein Problem. Wenn sie sich umdreht, ist das ja ihr Vorne. Das klar und überzeugend mit dem Stock zu regeln ist nahezu unmöglich. Langfristig soll das Ziel sein, dass wir das rein mit Körpersprache schaffen. Im Moment sind sowohl wir als auch noch die Hündin ziemlich „behindert“ mit Körpersprache-Kommunikation. Daher der Stock, habe ich verstanden.
Wir haben schon mehrmals überlegt, ob wir sie abgeben müssen. Aber wir sehen, dass wir ihr gut tun und sie sehr gerne bei uns ist. Außer das mit den Hunden lernt sie prima. Das mit den Hunden wird halt überhaupt nicht besser. Es würde uns auch das Herz brechen. Und wer schafft das mit ihr sonst? Sie kann ja auch gar nichts dafür. Und ich verstehe ihre Gefühle so gut.
Aber wir können eigentlich nicht mehr. Wir sind dauerhaft gestresst und können nichts in der Freizeit unternehmen, das uns wieder entspannt.
Trotzdem kommt aufgeben nicht in Frage. Auch wenn wir denken, dass es die falsche Entscheidung war, sie zu nehmen. Uns haben einfach wichtige Informationen gefehlt. Jetzt ist sie aber bei uns und wir wollen das mit ihr schaffen, ohne uns kaputt zu machen natürlich.
Oft habe ich ein so schlechtes Gewissen, weil mir der frühere Hund so fehlt und wenn ich Gedanken habe, die Hündin abzugeben und wenn es mir schwer fällt in manchen Situationen sie zu mögen.
Irgendwie kommt es mir wie eine Kindbett-Depression oder wie ein Baby-Blues vor, halt nur mit Hund.
Vermutlich hat die Hündin es auch nicht leicht mit uns.
Ich habe schon viel im Internet gegoogelt, finde aber keine Berichte von anderen Menschen mit solchen Gedanken.
Bin ich die Einzige?
Oder kann das hier jemand nachvollziehen?
Wird es irgendwann besser?
Was könnte man noch versuchen mit den Hundebegegnungen?
Ich habe über Clicker-Einsatz gelesen. Bisher clicker ich mit ihr Kunststück zuhause. Ist das dann ein Problem, weil der Clicker quasi schon „besetzt“ ist? Und ist das überhaupt realistisch bei ihrem enorm weiten Radar?
Ich bin sehr froh über aufmunternde Worte, auch über realistische, über Erfahrungen Anderer und über Ideen.
Vielen Dank und viele Grüße!