Mein Hund hat einen anderen gebissen. Bloß ein dummer Unfall oder muss ich mir Sorgen machen?

  • Ich habe seit 6 Monaten einen Mischling aus Rumänien, sein Name ist Henry und er ist wohl ca. 3 Jahre alt.

    6 Monate ist noch keine Zeit! Du kennst den Hund noch gar nicht wirklich und er ist gerade mal erst dabei sein Reiseköfferchen auszupacken. Tierschutzhunde backen in der Regel am Anfang erst mal kleine Brötchen. Das ist wahrscheinlich auch einer der Gründe, warum sich bei der Beschreibung oft verschätzt wird, das muss nicht mal böswillig sein.

    Wenn er evtl. auch noch jünger ist als 3, wird er sich dementsprechend noch mehr verändern. Da kann noch einiges kommen und da würde ich mich dann auch drauf gefasst machen, wenn es jetzt schon nach recht kurzer Zeit einen so ernsten Vorfall gab.

    Dann muss man sich halt überlegen, inwieweit man sich da anpassen kann. Es gibt Hunde, die einfach niemals geeignet sind für solche Sachen wie Hundewiesen und denen man auch sonst nicht gut oder gar keinen Freilauf geben kann. Dann wäre zumindest ein Garten natürlich schon sinnvoll.

    Stelle mir das Leben mit einem Hund, mit dem ich nicht allein Gassi gehen kann, sehr anstrengend vor. Was machst du denn, wenn deine beiden Bekannten krank oder verhindert sind? Wenn dein Hund Durchfall hat? Und dann läuft auf der anderen Straße eine Omi mit einem pöbelnden Kleinsthund und deinem platzt der Kragen?

  • Da hast du dir eine nette Aufgabe ins Haus geholt. :streichel: Mein Vorschlag wäre auch, ein Trainer der euch beide einschätzt und dann weiter überlegen. Mit Kindern, wechselnden Betreuungspersonen, nur Wohnung- dass kann schwierig werden.


    Wie schon geschrieben, noch lässt er Fremde rein. Er ist noch nicht lange da. Ich habe nur Tierschutzhunde bisher gehabt und diese brauchen immer ein halbes, eher ein Jahr, bis sie angekommen sind. Bis dahin sind sie noch gemäßigt unterwegs, interessant wirds danach. :hust: Der vorletzte war auch ein netter Plüsch.

    Angekommen mit etwas über einem Jahr, extra auf nicht groß und plüschig geachtet weil Herdenschutzhund zwar toll aber eigentlich nicht ins Leben passt. Er war nur so 60cm groß, plüschig ja aber dass sollte save sein.. naja.. :pfeif: sehr unsicher anfangs, sein Jahr gebraucht um anzukommen, aufgrund der Umweltunsicherheit viel Führung gebraucht aber was sich nach und nach immer mehr raus kristallisierte.. es liegt und beobachtet gern. Es agiert sehr selbstständig wenn man den Finger nicht drauf hat.. es meldet alles komische und es versucht im Zweifel dieses auch zu vertreiben. Und arbeitet auf große Distanz. So ganz anders als meine Schäferhundmixe.. :fear: :D


    Naja, ganz spannend wurde es mit etwa 3 Jahren, da wurde der Herr erwachsen. Zum Glück nimmt er mich als obersten Herdenschützer ernst, daher ist er völlig unproblematisch wenn ich in der Nähe bin. Aber ich muss ihn immer dicht bei mir haben. Seine Unsicherheit potenziert dass alles natürlich noch. Nervenstärke hat er von seinen zur Hälfte Vorfahren eher nicht abbekommen.


    Interessant ist es wenn wir mit Freund oder Freundin zusammen spazieren gehen. Die wollen ihn immer gern an der Leine führen weil er so gemütlich unterwegs ist und nicht zieht. Kommt jemand, passiert folgendes.. Herr Gemütlich wird aufmerksam.. er guckt unauffällig kurz zum Ende der Leine, was natürlich arglos weiter daher schlendert. Also geht er in Spannung und ist bereit den potenziellen Feind mit den Zähnen weg zu treiben wenn er zu dicht kommt. In dem Moment übernehme ich immer unauffällig die Leine und räuspere mich kurz. Herr Gemütlich ist wieder gemütlich und die arglosen Freunde gucken kurz verdutzt warum ich die Leine gekapert habe. |) Dass würde sowas von schief gehen, deswegen geht hier niemand außer mir mit ihm. Außer ich bin dabei. Es darf auch jeder ins Haus- wenn ich dabei bin. Ohne meine Anwesenheit nur 3 Leute. Kinder ganz schwierig. Bekannte kein Problem. Fremde Kinder die komisch sind.. in Gegenwart von Kindern hat er immer Maulkorb drauf und ist immer dicht bei mir- angeleint. Wie gesagt, hier ist auch ein Teilproblem die Unsicherheit, dass in Kombination mit dem Schutzverhalten ist explosiv und es ist machbar mit so einem Hund zu leben aber wenn Kinder geplant sind, dann würde ich darüber intensiv nachdenken.


    Kinder sind schnell die Schafe, die es zu beschützen gilt- wenn fremde Kinder zu Besuch kommen und es Zoff gibt, nicht unbedingt prickelnd. Es erfordert Managment und Umsicht im täglichen Alltag und meiner Meinung nach, sollte so ein Hund zumindest ein großes Grundstück haben, wo er ein bisschen liegen und wachen kann. Seriöse Tierschutzorganisation vermitteln die Herdenschützer auch nur in solche Hände. Ländlich, mit grossem Grundstück. Lasst euch gemeinsam ansehen und dann entscheide für Henry. =)

  • Soooo viele, die in Österreich vermitteln dürfen, gibt es eh nimmer.

    Eben. Und man könnte auch sehen, wie der Hund beworben wurde (bzw. als welcher Rassemix) oder ob es Nova Klappe die Dritte ist.

    Selbst wenn - egal. Solche Geschichte passieren ja auch tatsächlich


    Das Tierheim, aus dem meine Galgos sind, haut Mastin Espanols als "Mischling" raus, mit 700 Herzchen auf Facebook und Social Media Texten, dass einem das Erbrechen kommt.


    Kangal auf der Hundewiese und der wuschelige, kleinbleibende Rumänenmix, der doch 70cm hoch wird. Das ist jetzt nix das so extremen Seltenheitswert hat, dass es nicht der Rede wert is. Ich hab selber aktuell mindestens 3 so "Huch, doch nicht, was ich gesucht oder versprochen gekriegt hab" im entfernten Umfeld.

  • Die meisten HH hier halten ihre HSH genauso wie es ideal für den Hund ist - Hof und Vieh zum Bewachen. Ich kann vielleicht mit einem Bericht zur Haltung von HSH im "städtischen" Umfeld was beitragen, ob es dir hilft musst du schauen.


    Das ist Sara. Sie kommt aus einer Owtscharkarettung und ist mittlerweile ausgewachsen.


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    Sara ist, innerhalb der Familie, eine ganz bezaubernde Maus und auf den 1. Blick der ideale Hund. Genügsam, zurückhaltend, immer für eine Krauleinheit zu haben.


    Auf den 2. Blick sieht man aber, dass sie kontrolliert. Ihre augenscheinliche Trägheit kaschiert, dass sie immer sehr genau weiß wo jeder sich aufhält. Kommt ihr etwas komisch vor, tapst sie dahin und legt sich in die Nähe, bedrängt einen (was gerne Mal als kuscheln interpretiert wird) und begrenzt räumlich.


    Das Gartentor ist grundsätzlich abgeschlossen. Nicht, weil Besuch unerwünscht ist, sondern um zu verhindern dass jemand unbedarftes einfach so ihr Revier betritt. Man muss Besuch reinbitten und ihr vorstellen, sonst werden knapp 60 kg Hund sehr ungemütlich.


    Die Kinder haben bei ihr absolute Narrenfreiheit. Nicht weil sie Kinder so sehr liebt, sondern weil sie sie absolut nicht ernstnimmt. Trotzdem ist sie niemals alleine mit den Lütten, und es wird auch sichergestellt dass die Kiddies sie nicht über Gebühr strapazieren. Wir regeln also, bevor sie regeln will.


    Außerhalb ihres Reviers (Haus und Garten) wird sie von meinem Onkel oder mir geführt. Meine Tante toleriert sie aus reiner Höflichkeit bei Pipirunden, im Ernstfall würde Sara sie aber im Regen stehen lassen. Bis sie halbwegs gesittet mit meiner Tante mitgegangen ist ohne sie quer über den Acker zu ziehen, hat's aber gute zwei Jahre gedauert.


    Hunde dürfen bis auf 10 Meter herankommen. Näher, und sie fängt an zu drohen. Bei ihr ist drohen ein leichtes zurücklegen der Ohren, mehr kommt da nicht. Noch näher, und sie fängt an sich vor uns aufbauen zu wollen. Noch noch näher, und sie würde gerne den anderen Hund töten. Sie bellt nicht, sie knurrt nicht, bei ihr geht die gesamte Eskalation von Null auf Hundert absolut still vonstatten. Andere Hunde sind einfach unnötig. Will sie nicht, braucht sie nicht.

    Menschen interessieren sie draußen nicht. Man kann sie anbrüllen, nach ihr treten, Böller neben sie werfen (alles schon passiert) - solange wir dabei sind und regeln, bleibt sie cool.


    Sie kann kein Sitz, kein Platz, keine Tricks. Spielen ist bei ihr Mal 5 Minuten mit uns Fußball spielen, danach geht's aber wieder an den Wachposten. Sie weiß aber dass sie sich auf uns verlassen kann, dass wir wissen was wir tun, und dass wir alles im Griff haben. Deswegen ist das Zusammenleben mit ihr auch sehr friedlich.


    Auf sowas muss man aber Bock haben, und Fingerspitzengefühl, und die richtige Einstellung gepaart mit realistischer Erwartungshaltung an den Typ Hund. Und: sichern. Sichern sichern sichern. Wir sind das erste Jahr nur mit Maulkorb, stabilem Ledergeschirr, Halsband und doppelt angeleint rausgegangen. Damit wir sicherer waren (was der Hund auch spürt) und um die Umwelt vor ihr zu sichern, bis wir wussten, was bei ihr geht und nicht geht.


    Hol dir einen Trainer, stabile Ausrüstung, und lass dir zeigen wie man so einen Hund hält, damit er einen nicht umwirft. Und dann brauchst du Zeit, um die Sprache deines Hundes zu lernen, und auch an deiner Einstellung zum Hund zu arbeiten. HSH sind wundervoll, wenn man mit ihrer Art kann. Wenn dich diese Beschreibung aber abschreckt, dann denke über eine Abgabe nach. Das Wesen eines Hundes wird man nämlich trotz Training nicht verändern.

  • Ich kenne solche Geschichten leider auch zu Genüge. Hab ja aktuell auch so einen Fall hier sitzen. Jetzt nicht so extrem, aber Schäferhund aus Ungarn, wurde an eine Hundeanfängerin mit kleiner Wohnung ohne Garten vermittelt, obwohl er so ängstlich auf Menschen reagiert, dass sie wochenlang nicht mit ihm rausgehen konnte und sich die Wohnung vollkacken ließ. Die Orga blieb stumm. Die Besitzerin selbst war jetzt auch nicht soo motiviert sich schnell Hilfe zu suchen, weil sie im Hinterkopf nur den Gedanken hatte, dass sie ihn sowieso wieder weggibt.


    Selbst wenn die Story nicht stimmen sollte, vielleicht hilft das Geschriebene ja trotzdem irgendwem :ka:

  • Uns wollten zwei Auslandsorganisationen Herdenschützer andrehen ohne auch nur den geringsten Hinweis was wir da bekommen hätten. Zum Glück kenne ich mich ja etwas aus und hab von daher gleich ab gewunken. Nicht aus zu denken wenn jemand keine Ahnung und Erfahrung hat und nur den kuscheligen Bären sieht. Die waren aber wenigstens schon vor Ort.

  • Ist dir eigentlich klar was für ein unvorstellbares Glück du hattest? :thinking_face:

    Es hätte statt einem großen Husky auch die Mama mit den 2 kleinen Kindern und dem Maltesermädchen sein können. Wo dann die Kinder beim Kampf mitten rum rennen, helfen wollen und vielleicht ausserdem verletzt werden.


    Dann wirst du deines Lebens nicht mehr froh dann stehst du überspitzt gesagt mit einem Bein im Knast

  • Den Hinweis mit der Kommunikation finde ich noch sehr wichtig. Dass ist hier auch so. Viel unaufgeregter, leiser und unauffälliger als bei anderen Hunden. Daher ist eben dass angespannt sein für außenstehende- noch dazu hundeunerfahrene- schwer zu sehen. Ich hab da auch ein bisschen gebraucht um zu verstehen, dass es jetzt kurz vor Explosion ist und nicht nur "ist bisschen angespannt". Dieses in kleinen Nuancen kommunizieren ist aber auch dass, was es mit fremden Hunden so schwierig macht. Viele Hunde können kaum sauber kommunizieren und diese kleinen Signale werden gern komplett übersehen und dann würde es knallen. Ist natürlich für den Hund der die Signale aussendet auch eine blöde Spirale. Er warnt, er kommuniziert und der Gegenpart ignoriert und überschreitet die Toleranzgrenze- irgendwann wird sich die Kommunikation gespart.

  • Am Eingang stehen und jeden der rein will bitten zu warten. Hund ranrufen, anleinen, fertig. Der Andere darf rein und man selbst geht. Bei Dunkelheit Leuchtzeug an sich selbst und Hund.

    Und was machst, wenn derjenige sich nix sagen läßt? Oder sein leinenloser Hund voller Vorfreude an Dir vorbei in den Auslauf sprintet?? man kann einfach net so blöd denken, wie es manchmal kommt!

    Der Hund nutzt wohl Wiener Hundezonen, wenn ich es richtig interpretiere. Oh, da kann so viel blöd laufen, man könnte Romanbände schreiben.

    (Nutze sowas mit meinem angstaggressiven Dauermaulkorbträger,unter der Voraussetzung: keine Hunde und Männer, die er nicht kennt. Das ist ein 19kg Hund ohne richtig ernste Motivation. Und das ist schon Spießroutenlauf, manchmal arschknapp und durchaus grenzwertig, dass ich ihn ableine. )


    Der standardmäßige meist ca. 1,10m hohe Zaun ist ein Witz, aber bauliche Auflage der Stadt, soll

    explizit nicht halbwegs übersprungsicher sein, um das Landschaftsbild nicht zu stören und optisch zu den üblichen öffentlichen Kinderspielplatz- und Parkabzäunungen passen.

  • Daher ist eben dass angespannt sein für außenstehende- noch dazu hundeunerfahrene- schwer zu sehen. Ich hab da auch ein bisschen gebraucht um zu verstehen, dass es jetzt kurz vor Explosion ist und nicht nur "ist bisschen angespannt". Dieses in kleinen Nuancen kommunizieren ist aber auch dass, was es mit fremden Hunden so schwierig macht

    Bei dem Hund um den es hier geht ist zumindest der Vorteil, dass man bei ihm eine Bürste sehen könnte und er noch Rute und Ohren hat. Wenn man jetzt (wo er noch jung und ausdrucksfreudiger ist) schonmal gründlich draufschaut wie welcher Gemütszustand aussieht, hat man für später Anhaltspunkte.


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