Hund kommuniziert nicht mit mir?

  • Hallo!

    Ich habe vor 6 Monaten einen Bullterrier-Mischling aus dem Tierheim adoptiert. Er war da etwas über ein Jahr alt, kastriert und seit 4 Monaten im Tierheim: Die Vorbesitzer hatten ihn abgegeben, weil er in den Kinderwagen sprang, als sie mit dem Neugeborenen aus dem Krankenhaus zurückkamen (zweites Kind). Mehr weiß ich tatsächlich zu seiner Vorgeschichte nicht. (Weitere Vermutungen sind allerdings: Haus mit Garten und kaum Fremdeindrücke, er reagiert auf Alles, hat keine Frusttoleranz und kaum Impulskontrolle - lernt aber schnell).


    Dieses Forum konnte mir schon bei einigen Missverständnissen und Unklarheiten helfen, aber hierzu habe ich irgendwie nicht richtig was finden können. Und zwar bin ich manchmal echt ratlos, was Karl von mir möchte. Unser Tagesablauf sieht wie folgt aus: 7 Uhr lösen, danach Frühstück für ihn und ca. um 9 große Runde (45-60min), Nachmittags gegen 16 Uhr nochmal ne Runde (Länge mache ich abhängig von Karls Tagesform) und Abends vorm Schlafen lösen. Dazwischen bin ich momentan aufgrund der Pandemie viel Zuhause, er soll aber in seiner Box liegen und ruhen (klappt so semi, aber immer besser). Oder ich bin mal für maximal 4 Stunden aus dem Haus (das klappt richtig gut!).
    Jetzt zu meinem "Problem".

    Es gibt diese Tage, da versteh ich ihn einfach nicht. Da steht er permanent von seinem Platz auf und stellt sich dann irgendwohin. Und da steht er dann... regungslos. Manchmal guckt er mich dabei an... Ist schon passiert, dass ich gearbeitet habe, plötzlich ein komisches Gefühl hatte und als ich mich umgeblickt habe, stand er da ein paar Meter von mir entfernt und hat mich angeguckt. Es gab auch schon ein paar Nächte, in denen ich gehört habe (leichter Schlaf), dass er alle paar Stunden aufgestanden ist, an mein Bett kam, gecheckt hat, ob ich schlafe und dann wieder in seine Box zurück ist. Und jetzt hat er heute zum zweiten mal in die Wohnung gemacht. Beim ersten Mal war ich in einem online-seminar und habe nicht mitbekommen, dass Karl anscheinend relativ lange vor der Wohnungstür saß, um mir mitzuteilen, dass er auf Toilette muss. Er hatte Durchfall und ich habe es erst mitbekommen, als ich gehört habe, wie er sich im Flur erleichtert hat. Natürlich habe ich nicht geschimpft, sondern bin direkt mit ihm raus und habe einfach alles sauber gemacht. Mich wunderte jedoch, wieso er sich nicht bemerkbar gemacht hat... und heute war ich quasi "live" dabei, wie er in seiner Box schlief, aufstand und mitten ins Wohnzimmer pullerte. Er hat überhaupt nicht versucht, mir zu sagen, dass er Pipi muss. Auch diesmal habe ich einfach alles weggeputzt und war mit ihm kurz unten. Sollte ich ihn schimpfen? Kann ich mit ihm üben, mit mir zu kommunizieren? Was ist da los? Ist dieses regungslos Rumstehen seine Art, mir was mitzuteilen? Sein Verhalten nach den Maleuren war beide Male übrigens ziemlich vielsagend, er hat sich vor mir weggeduckt und versucht, zu verstecken. Auch als ich ihm einfach das Halsband anlegen wollte, hat er sich kaum von mir berühren lassen.. Obwohl ich nicht mal wütend war oder laut oä.


    Ich weiß nicht, ob ich das gut erklären konnte, aber vielleicht kommt es ja jemandem von euch bekannt vor und ihr habt ein paar Ratschläge für mich parat!

    Liebe Grüße

  • Kannst Du ein bisschen näher beschreiben, wie eure Spaziergänge verlaufen? Wie spielen sich Situationen ab, in denen ihr miteinander kommunizieren "müsst"? Wie ritualisierst Du z.B. Kommandos? Oder Suchspiele u.ä.? Wie stellst Du da bisher Klarheit her, wenn Du mit ihm arbeitest und er durch Dich lernt?


    Mein Eindruck aufgrund Deiner Beschreibung ist - mal ungeachtet der Vorgeschichte des Hundes und irgendwelchen Vorprägungen, die natürlich manche hartnäckige Verhaltensauffälligkeit erzeugt haben könnten, gegen die Du unter Umständen nachhaltig leider nichts oder wenig ausrichten kannst ... gehen wir also davon jetzt einfach mal nicht aus, dann würde ich sagen, Du bist Deinem Hund auf die ein oder andere Weise ein Rätsel. :-) Ich sehe in Deiner Beschreibung einen Hund vor mir, der versucht, sich aus dem, was er an oder bei Dir beobachtet, einen Reim zu machen. Vielleicht gehört zu seinem Vorleben die Grunderfahrung, dass er mit nichts, was er hundsprachlich auszudrücken versuchte, durchkam. So dass er's komplett einstellte, weil's einfach nie Erfolg hatte, seine Menschen nie angemessen oder vielleicht auch einfach gar nie reagierten. Es gab da für ihn, sollte das so gewesen sein, keine produktiven Lernerfahrungen.

    Das heißt, möglicherweise geht's darum, mit einfachen Aktions-Reaktions-Ketten zwischen euch beiden den Verstehensweg langsam erst wieder aufzubauen. Das könnte mit ganz harmlosen unambitionierten Tricksereien beginnen. Keine Ahnung, Pfote geben für ein Leckerli oder so. Ich würde diese kommunikativen Aufbauversuche jedenfalls eher abseits eines Arbeitsmodus' spielerisch angehen.


    Das wäre so mein erster Interpretationszugriff nach Deiner Beschreibung. Ich gespannt, was von anderen noch an Erfahrungsberichten oder Ideen eintrudelt. :-)

  • Es gibt diese Tage, da versteh ich ihn einfach nicht. Da steht er permanent von seinem Platz auf und stellt sich dann irgendwohin. Und da steht er dann... regungslos. Manchmal guckt er mich dabei an... Ist schon passiert, dass ich gearbeitet habe, plötzlich ein komisches Gefühl hatte und als ich mich umgeblickt habe, stand er da ein paar Meter von mir entfernt und hat mich angeguckt. Es gab auch schon ein paar Nächte, in denen ich gehört habe (leichter Schlaf), dass er alle paar Stunden aufgestanden ist, an mein Bett kam, gecheckt hat, ob ich schlafe und dann wieder in seine Box zurück ist

    Ist ja erstmal nicht tragisch, oder? Er ist ja auch erst sechs Monate bei dir und kann dich vielleicht noch nicht genau einschätzen. Lass ihn doch stehen und gucken. Vertrauen andere Verhaltensweisen kannst du dann ja ganz behutsam aufbauen, wie LPaxx das wunderbar beschrieben hat.

    Mich wunderte jedoch, wieso er sich nicht bemerkbar gemacht hat... und heute war ich quasi "live" dabei, wie er in seiner Box schlief, aufstand und mitten ins Wohnzimmer pullerte.

    Ist ja erstmal nicht ungewöhnlich. Viele Hunde melden ihr Leben lang nicht, wenn sie mal rausmüssen. Ich finde deine Gassizeiten etwas unglücklich. Zwischen 9 und 16 Uhr ist ja schon eine sehr lange Zeit. Hat er in der Zwischenzeit keine Möglichkeit sich zu lösen? Würde nicht zuviel reininterpretieren, wenn das bei absoluten Ausnahmen bleibt. Passiert halt. Wenn es regelmäßig auftritt würde ich erstmal zum Tierarzt gehen um eine Krankheit auszuschließen. (Blasenentzündung o.Ä.)

    Sein Verhalten nach den Maleuren war beide Male übrigens ziemlich vielsagend, er hat sich vor mir weggeduckt und versucht, zu verstecken. Auch als ich ihm einfach das Halsband anlegen wollte, hat er sich kaum von mir berühren lassen.

    Joa, spricht für mich jetzt in erster Linie nicht wirklich für die Vorbesitzer. Vielleicht wurde der Hund dort sehr grob und hart behandelt. Die wahren Abgabegründe kennt man dann ja doch eher selten. Würde auch das fehlende Vertrauen zu dir in Ansätzen erklären.

  • Wenn mein Hund dringend raus muss, starrt er mich auch nur an. Das macht er so hypnotisch, dass ich davon sogar aufwache.


    Erst wenn ich ihn anspreche (Musst du raus?) fängt er an, aufgeregt rumzuhüpfen und zur Tür zu laufen.


    Noch NIE hat er sich durch winseln oder kratzen mitgeteilt. Und der hat keine geheimnisvolle Vorgeschichte.


    Was passiert denn, wenn du deinen ansprichst, wenn er starrt?


    Abgesehen davon kenne ich ein "ins Leere starren" von alten, dementen Hunden, aber das wird es ja nicht sein. Ist er denn sonst normal im Verhalten?

  • Hey du!

    Also, unsere Spaziergänge laufen eigentlich immer gleich ab: Wir arbeiten ab meinem Signal "jetzt gehen wir Gassi" miteinander. D.h. ich mach uns fertig, wobei er ruhig im Flur warten soll. Ich verlasse zu erst die Wohnung, er darf auf Kommando folgen. Treppenhaus bei Fuß und auf der Straße, nachdem ich die Lage gecheckt habe "Lauf", damit er sich seine Plätze fürs Lösen suchen kann. Danach erstmal wieder Bei Fuß. (Das klingt hier jetzt so locker flockig erzählt, aber so ist das natürlich nicht. Wir müssen noch viel üben und es gibt vieele Belohnungen :D ). Wir haben dann so 2-3 Routen. Da er sehr wetterfühlig ist, entscheide ich meistens danach, wie wir laufen. Aber im Wesentlichen ist es immer eine gewisse Strecke Stadt, wo er sich viel konzentrieren muss, bis zu einer Stelle, wo ich ihm mehr Freiraum geben kann (zB eingezäunte kleine Wiese oder am Bahndamm mit Schleppleine dann) und wir spielerischer unterwegs sind. Ich trickse dann mit ihm (zB Slalom in den Beinen laufen, über Dinge springen, um Bäume laufen usw) oder lass ihn auch mal was erschnüffeln. Dann gehts wieder konzentriert bei Fuß nachhause.

    Die Löserunden haben diese klare Struktur nicht. Also klar, prinzipiell gelten dieselben Regeln: an der Straße Sitz und ich gehe zuerst durch Türen, aber er hat an der Leine viel mehr Freiraum.


    Wenn das Wetter ganz schlecht ist, dann gehe ich nur etwa 20 Min mit ihm und mache hier Zuhause Übungen mit ihm. Also genau, was du beschrieben hast, Pfötchen geben, auf die Seite legen usw.

    Ich versuche auch die Beschäftigung mit ihm klar zu umgrenzen, also, wenn ich mit den Übungen aufhöre und am Ende jeder Gassirunde sage ich zB auch "Schluss"

  • npnp123 Huhu, also mir wurde hier im Forum empfohlen, dass ich die Mittagslöserunde, die ich zu Anfang noch hatte, streichen soll. Tatsächlich ist er seitdem auch nochmal viel ruhiger geworden.

  • Wenn ich ihn anspreche, dann kommt er zu mir und will gestreichelt werden. Generell ist es schon so, dass ich ihn 24/7 streicheln könnte, wenn es nach ihm ginge und da ich eben diese dauernde Bettelei unterbinden wollte, habe ich auf das Rumgestehe und Gestarre bis heute auch nicht so viel gegeben und ihn ignoriert. Nur, nachdem er mir halt das zweite mal in die Wohnung gemacht hat, frage ich mich eben, ob ich es mit ignorieren richtig angehe :ka:

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