Hunde, die ständig "Opfer" sind?

  • Hallo! Aus aktuellem Anlass...


    Eine Freundin hat seit einem Jahr eine ca. 6-8 Jahre alte Labrador Hündin, Jenny, aus dem Tierschutz.


    Sie wurde wohl als Wurfmaschine missbraucht, hatte geschätzt mind. Ca. 13 oder mehr Würfe, ist gesundheitlich schwer bedient - bewegt sich nur im Schneckentempo und keine langen Strecken, hat Rückenprobleme, HD, ED, schlecht verheilte Brüche, schlechte Zähne und die Zitzen hängen ihr fast bis zum Boden.


    Sie ist eine unheimlich duldsame, devote Hündin, zu den Kindern und Katzen meiner Freundin absolut freundlich. Allerdings geht es ihr dort auch wirklich gut, die ganze Familie nimmt sehr stark Rücksicht auf die Hündin, hat gaaanz viel Geduld und kümmert sich rührend um sie, ohne sich aber auf der Nase rumtanzen zu lassen, also Erziehung im Alltag findet, soweit möglich schon statt.


    Draussen ist sie zwar nicht per se verunsichert oder zeigt Angst. Es ist eher so, dass sie ganz schnell in eine Haltung geht, die zeigt: ich bin gar nicht da. Bei Hundebegegnungen legt sie sich sofort auf den Boden und ist keinen Meter von dort weg zu bewegen bis der Hund außer Sichtweite ist. Man könnte mit der Hündin wohl machen, was man will, sie würde alles still über sich ergehen lassen, hat sich quasi selbst aufgegeben.


    Jetzt ist es aber so, dass Jenny schon mehrmals von fremden Hunden gebissen würde, die entweder unangeleint auf die Hündin drauf gingen oder angeleint zuerst beschnüffelten und sie dann, als ob ein Schalter umgelegt worden wäre, anfielen.


    Meine Freundin ist jedesmal fix und fertig und macht sich Vorwürfe, weil sie die ohnehin schon geschundene Hündin nicht beschützen konnte.


    Meine Frage: gibt es Hunde, die jedes Mal das "Opfer" sind, denen andere Hunde quasi automatisch nichts Gutes wollen? Hat jemand Erfahrung mit einem Hund, dem es ähnlich ergeht? Hat jemand Ideen, wie man die Situation verbessern kann?


    Meine Freundin hat inzwischen den vierten Trainer durch, alle sagten, da kann man nichts machen, der Hund ist sowas von in Ordnung, den Charakter kann man eben nicht ändern.

  • Ja, es sind oft die besonders devoten, die dann noch mal eins drauf kriegen. Ich hab die Erfahrung auch gemacht - von beiden Seiten her. Meine unverträglichen Hunde gingen und gehen mit Vorliebe auf solche los und meine devote Hündin wurde auch gewürfelt, wenns nicht schnell genug zu verhindern war. Am besten alle Fremdhundekontakte rechtzeitig unterbinden.

  • Meine Hündin ist auch so ein ständiges Opfer. Sie wurde leider auch schon gebissen und einige Male konnte ich noch grade so Schlimmeres verhindern. Mittlerweile habe ich gelernt Fremdhunde rigoros abzublocken. Klappt das nicht, nehme ich Elli auf den Arm. Mit einem Labrador ist das natürlich schwierig :/

    Ich bin auch der Meinung, es liegt daran, dass meine Hündin deutlich Angst zeigt. Zusätzlich quietscht sie, sollte ein anderer Hund es schaffen sie zu berühren, das triggert dann den Jagdtrieb. Also ja die ständigen Opfer gibt es leider :verzweifelt:

  • Ja, es gibt so Hunde. Viele Hunde, die da draußen herumlaufen sind ja nicht gerade die Meister in Kommunikation. Sie kommen mit dem Lumpi von Familie Müller, der sich auch irgendwie so durchwurschtelt bei der Begegnung, einigermaßen klar. Aber bei Hunden, die sich ganz, ganz anders benehmen, brennen dann die Sicherungen durch. Die meisten Hundehalter bringen ihren Hunden ja auch nicht bei, dass sie sie in der Hundebegegnung lenken können. Heißt, die Hunde lernen, dass sie selber entscheiden was man tut. Und so extrovertierte Exemplare, die eine gewisse genetische Neigung zu Aggressionverhalten in Konfliktsituationen drin haben, gehen dann eben nach vorne. Da muss man als Hundehalter eben massiv gegen vorgehen. Am besten ist es also gar keinen Fremdhund mehr an die Hündin ranzulassen und nur ausgewählte Hundekontakte zu pflegen.

  • Meine Freundin lässt fremde Hunde gar nicht mehr an Jenny ran, da macht sie also alles richtig. Bei nicht angeleinten Hunden wird's kompliziert, das letzte Mal wurde Jenny sogar von einem Hund gezwickt (beide HH haben sofort reagiert um schlimmeres zu verhindern) den sie kennt und der ihr an und für sich wohlgesonnen ist und sonst keinerlei Anzeichen von Unverträglichkeit zeigt

  • Ich denke es wäre super schwierig dieser Hündin zu einem stärkeren Charakter zu verhelfen, aber ganz unmöglich finde ich es nicht.


    Sie müsste positive Erfahrungen machen in denen sie merkt, dass sie andere Hunde steuern kann und sich auch wehren kann. Gleichzeitig braucht sie da die Unterstützung des Menschen, aber auch die Möglichkeit sich selbst auszuprobieren. Dafür sind Hunde mit einem astreinen Sozialverhalten als Übungspartner nötig.

    Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass man kleinste Signale kennen lernt und dementsprechend den anderen Hund weg nimmt.

    Schwieriger ist dann, dass es natürlich keine negativen Situationen mit anderen Hunden mehr geben sollte. Unkontrollierte Begegnungen müssten verhindert werden, damit sich diese schlechten Erlebnisse nicht noch weiter auf die Hündin auswirken.


    Abgesehen von den Hundekontakten gibt es auch andere Möglichkeiten das Selbstbewusstsein zu stärken. Z.B. beim Zergeln gewinnen lassen, selbst Lösungen finden zu lassen, um Aufgaben zu meistern usw.

  • Oh, ein Thread für Luna! Ich hab hier auch so ein Opfer sitzen...:schweig: Ich bekam sie erst mit 6, vor 3 Jahren, und zu dem Zeitpunkt hatte sie bereits eine tiefsitzende Abneigung gegen Hundebegegnungen. Sie wurde schon etwas entspannter, aber Hundekontakt draußen unterbinde ich bei ihr auch fast komplett. Sie kommt dann kurz an die Leine. Dann ist sie total entspannt und will gar nix vom anderen Hund, weil sie weiß, dass sie in meiner Nähe nicht bedrängt wird.

    Besonders schlimm war es anfangs, weil ich sie zwar als kastriert übernommen hatte, sie aber in Wahrheit mit einem Ovarrest-Syndrom dauerläufig war. Sie wurde also auf allen Ebenen bedrängt, die man sich vorstellen kann, ich hatte alle Hände voll zu tun. Und natürlich konnte ich sie nicht immer so abschirmen, wie ich es gerne gehabt hätte.

    Und wie AnjaNeleTeam sagt, negative Erfahrungen hauen dann sehr schnell eine Kerbe rein. Neulich hatte ich eine unschöne Begegnung mit drei freilaufenden Jack Russels, die gesammelt mit Vollgas auf Luna los sind, nachdem sie bei Jack nicht angelandet waren. Luna war längst an der Leine und klemmte an meinem Bein wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Der Besitzer stand telefonierend im Wald, hat sich zwar dann entschuldigt, aber er musste die Scherben dieser Begegnung ja nicht aufklauben. Sowas wirft einen um Welten zurück. :fear:


    Ich gehe gern mit anderen Hunden Gassi, die respektvoll und ruhig sind. Da wird sich dann nach dem Begrüßen ignoriert und höchstens mal gemeinsam an einem Grasbüschel geschnuppert... das ist genau richtig für Luna, von sowas profitiert sie dann auch, es sind unaufgeregte, positive Kontakte, bei denen ich auch nicht meine Finger im Spiel haben muss. Von meinem Zweithund profitiert sie auch, denn der respektiert sie nicht nur total, sondern scheint ihr im Moment auch sowas wie Spielverhalten nahe zu bringen. Es ist echt nett anzusehen, wie die alte Jungfer mit zunehmend kleiner werdendem Fragezeichen über dem Kopf auf Jacks Spielangebote eingeht. :herzen1:

    Aber Hundebegegnungen werden immer ein heißes Eisen bleiben, nicht zuletzt, weil sich sowas im Fahrwasser eines zweiten Hundes auch mal umdrehen kann. Mit "die klären das unter sich"-Attitüde hätte ich hier bald mindestens einen notorischen Mobber, und das wäre dann erstmal nicht Jack...

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