Hund Angst vor lauten Geräuschen, (Böller, Schüsse), nehmen

  • Hallo,


    ich habe eine 5 Jahre alte Golden Retriever Hündin. Diese hat extreme Angst bei lauten Geräuschen, vor allem bei Böllern oder Schüssen.

    Wenn wir unterwegs sind, sie frei herumläuft, und einen Knall hört, rennt sie sofort Richtung Haus. Wenn sie an der Leine ist, zieht sie auch sofort nach Hause und lässt sich durch nichts beruhigen.


    Wenn sie bereits zu Hause ist, und da etwas hört, verkriecht sie sich sofort auf mein Bett und sitzt da sehr konzentriert und zittert. (Das war an Silvester der Fall)


    Meine Frage jetzt: Kann man ihr diese Angst irgendwie nehmen und wie verhält man sich am besten, wenn der Hund so eine Angst hat?


    LG

  • Willkommen im Club. Ich weiß gar nicht, den wievielten Geräuschepaniker ich inzwischen habe.


    Ich kann Dir nur raten, nimm die Angst Deines Hundes ernst. Gesteh ihm zu, bei Knallern & Co. sofort zurück ins rettende Loch zu wollen, damit er Dir nicht in heilloser Panik durchgeht, sondern lernt, Dir zu vertrauen, dass er nicht in Panik alleine zurücklaufen muss, sondern von Dir unverzüglich zurückgebracht wird und sich evtl. sogar anleinen lässt.


    Mein Ziel war es immer, dass der Hund trotz Angst ansprechbar bleibt.


    Ich persönlich finde die Knallerei an Silvester auch furchtbar, und wenn meine Knaller-Schissbüxen irgendwann am Nachmittag nicht mehr raus woll(t)en, ist bzw. war das eben so.


    Dann können sie plötzlich 12 Stunden und länger einhalten - von mir aus.


    Wie oft bin ich sternförmig um die eigene Höhle gelaufen, d. h. ein paar Meter in die eine Richtung, oh, peng, zurück, noch ein Vorstoß in die andere Richtung, oh nein, da könnte es auch knallen, also wieder zurück, da gibt es auch noch einen 3. Weg, aber nein, da könnte ...


    Dieses Spiel ist Routine an den Tagen vor und nach Silvester für mich.


    Ich habe all meine Schissbüxen immer selber entscheiden lassen, wann, wie oft und wie weit sie bei gefährlichen Geräuschen laufen wollten, und kann ganz gut damit leben, weil mir - außer in der Anfangsphase - keiner wirklich kopflos davongelaufen ist.


    Mit Desensibilisierungs-CDs habe ich keine Erfahrung, weil ich finde, Angst und auch Panik gehören zum Leben dazu, bei Menschen wie bei Hunden, und sowohl Mensch als auch Hund sollten lernen, sich den Auslösern für diese Angst bzw. Panik so dosiert auszusetzen, dass es erträglich bleibt.


    Was sich in der Silvesternacht zugegebenermaßen als ziemlich schwierig erweist, das gebe ich zu.


    Schuss-Schisser können z. B. lernen, dass sich Jäger relativ langsam bewegen, man sich also vom Angstauslöser durch Einschlagen einer anderen Richtung entfernen kann.


    So geschehen heute morgen bei einer Entenjagd. Meine Border Collie-Schissbüx drehte zwar sofort um, ließ sich aber überreden, einen von der Wasserfläche schnell wegführenden Weg Richtung Wald einzuschlagen, so dass wir eine ganz normale, aber relativ angespannte Runde drehen konnten.


    Schissbüxi weiß auch, wenn es frühmorgens schon schießt, sind die im Laufe des Vormittages schon fertig. Fangen sie dagegen erst um die Mittagszeit an (Gesellschaftsjagden), geht man besser nicht mehr großartig raus.


    Caterina

  • Erstmal: Ja, es ist möglich, mit Hunden an einer Geräuschangst zu arbeiten. =)

    Die Frage nach dem wie kann man nicht so leicht beantworten, denn die richtet sich individuell nach dem Hund.

    Das wichtigste ist, dass Du Angst nicht durch ruhige und gelassene Zuwendung, die dein Hund angenehm findet, verstärken kannst.


    Mein Rüde hat Angst vor lauten plötzlichen Geräuschen. An Silvester bekommt er deswegen seit letztem Jahr Medikamente. Der Streß war für uns alle nicht mehr auszuhalten.

    Zum Thema Silvester findest Du hier jede Menge hilfreiche Tipps: Silvester 2019 - Der Angsthundethread

    Ich lebe in einer Nachbarschaft, in der es im Schnitt jeden Tag einmal abends laut knallt (Böller und div. andere Dinge) und füttere jeden Knall schön. Das heißt es knallt und für meinen Hund gibts eine Leckerlieparty. Mittlerweile läuft er, egal wo er ist, zu mir wenn es knallt und bekommt dafür Futter (draußen großzügig um mich herum verteilt).

    Er regt sich inzwischen auch weniger auf (früher aufspringen, bellen, kreiseln, Panik) und bellt meistens nicht mehr.


    Wichtig ist, dass Du die negative Emotion (Angst), die bei einem Knall aufkommt, durch eine positive Emotion (Erwartung von tollem Futter, Spiel, Knuddeln, was auch immer dein Hund annehmen kann/will) "ersetzt".


    Zuhause kannst Du deinem Hund durch den Aufbau einer Ruhe-/Sicherheitszone und/oder einem Thundeshirt helfen.

    https://trainieren-statt-domin…u-sicherheitsort-ruhezone

    https://trainieren-statt-domin…irt-ein-erfahrungsbericht

  • Ja, man kann an Geräuschangst arbeiten.

    Es dauert nur sehr lange und es erfordert großes Wissen um Gegenkonditionierung und da einen akribisch angepassten Aufbau. Damit es immer unterschwellig oder exakt schwellig bleibt. Longieren und Lutschtube haben sich schon als sehr hilfreich erwiesen.

    Aber es gibt leider mMn sehr wenig Trainer, die dazu eine wirklich gute Anleitung geben können - UND - es dauert eben. Geh mal von einem guten Jahr aus bei häufigem, kleinschrittigem und angepassten Training. Für 2020/2021 ist es jetzt schon zu spät.

  • Wenn wir unterwegs sind, sie frei herumläuft, und einen Knall hört, rennt sie sofort Richtung Haus. Wenn sie an der Leine ist, zieht sie auch sofort nach Hause und lässt sich durch nichts beruhigen.


    Wenn sie bereits zu Hause ist, und da etwas hört, verkriecht sie sich sofort auf mein Bett und sitzt da sehr konzentriert und zittert. (Das war an Silvester der Fall)

    Diese Geräuschephobie hatte mein Hund auch, und ich habe seine Angst und Panik ernst genommen und auch verschiedene Methoden ausprobiert, aber geholfen hat nur die Zeit.:nicken:

    Mit den Jahren ist er deutlich entspannter geworden, aber ganz verschwunden ist diese Phobie nicht.:no:

  • Wie die anderen schon geschrieben haben, ist eine Desensibilisierung durchaus in gewissem Grad möglich, das dauert aber und man muss planvoll vorgehen, um nicht am Ende das Falsche zu verstärken.


    Dann gibt's natürlich auch noch diverse Medikamente und Mittelchen, mit denen man einem Hund die Panik nehmen oder sie zumindest mindern kann. Angefangen von Dingen wie Adaptil, Tryptophan oder Zylkene, die man ausprobieren kann. Aber bei starker Panik dann durchaus auch sowas wie Sileo (das ist relativ neu auf dem Markt), Diazepam oder Pexion. Das sind dann schon keine Bonbons mehr und können ordentlich Nebenwirkungen haben (daher auch nicht frei erhältlich), aber es gibt schon einiges, um dem Hund zu helfen. Wichtig ist, dass der Hund dadurch NICHT einfach nur benommen wird, aber weiter Angst empfindet (und sie nur nicht mehr zeigen kann). Sondern es nimmt dem Hund tatsächlich dir Angst, enthemmt teilweise. Ist manchmal auch der einzige Weg, einen Fuß in die Tür zu bekommen, um den Hund überhaupt aufnahmefähig zu bekommen.


    Ich persönlich würde so eine starke Geräuschangst nicht einfach hinnehmen, da es die Lebensqualität des Hundes einfach massiv einschränkt. Und die meisten Hunde auch früher oder später anfangen, weiter Dinge falsch zu verknüpfen. Dann kommt die Angst vor der Dunkelheit, weil es da immer knallt, Angst vor Wind, weil es ein Gewitter ankündigen könnte etc. Zudem ist grad die Knallerei (wenn man nicht wirklich mitten in der Pampa wohnt) ja leider längst nicht mehr auf Silvester begrenzt sondern eigentlich ballern das ganze Jahr irgendwelche Idioten rum...


    Wie man genau vorgeht, muss man vom Hund und den Lebensumfeld abhängig machen. Es gibt TÄ, die auf Verhaltenstherapie spezialisiert sind, vielleicht findest du einen empfehlenswerten in der Nähe.

  • Ich hab lange an der Geräuschangst meiner Hündin versucht zu arbeiten. Problem ist, wir haben in der unmittelbaren Umgebung keinen Trainer, der das anständig aufbaut und Kurse anbietet. Mittlerweile kann ich mit ihr problemlos am Schießplatz vorbei, Gewitter ist kein Thema mehr, CD's mit Silvesterkrach sind ok und wir laufen 1x im Jahr mit dem Verein auf unser örtliches Folksfest (laute Musik, Gegröle, Fahrgeschäfte...). Das war nach dem 3-4. mal auch recht entspannt. Knallerbsen und andere kleine Silvesterkracher sind ihr zwar nicht komplett geheuer, aber da verfällt sie nicht in Panik.


    Man kann zum Training und in diesen Situationen, wie schon geschrieben wurde, auch Hilfmittel hernehmen. Es gibt Thundershirts (die durch die Enge eine gewisse Sicherheit bieten sollen), Bachblüten, Zylkene, Adaptil, Relaxodog....


    Trotz allem bleibt Silverster bei uns eine Ausnahme, es sind hauptsächlich die Raketen, die Nicki absolut in Panik versetzen. Das Schrille, wenn die hochgehen und die Lichter am Himmel, da dreht sie mir fast durch. Und das kann ich SO in dem Ausmaß einfach nicht unterm Jahr imitieren. Wir haben die letzten Silvester im Keller verbracht, Musik an, Fenster dicht gemacht. Wird es ganz schlimm, greife ich zu Sileo oder Eierlikör und das hilft ihr wirklich gut. Sileo hat den Vorteil, dass es im Gegensatz zu vielen anderen 'Lahmlegern' den Hund nicht nur körperlich platt macht, sondern er im Gesamten einfach entspannter wird. Denn wie Clover schon schreibt, gibt's da ein paar Medikamente, die den Hund nur bewegungsunfähig machen, er die Angst aber immer noch genauso empfindet... nur kann er nicht mehr flüchten.


    Sonst könnte man, grade zu Silvester, auch auf die Autobahn fahren (Bekannte von mir machen das jedes Jahr) oder eben an einen Ort, an dem nicht so viel geschossen wird.

  • Vielen Dank für die ganzen Antworten :)


    Die Zeit um Silvester herum ist ganz schlimm, aber vor Gewitter z.B. hat sie gar keine Angst, außer es donnert mal sehr sehr laut, dann erschrickt sie zwar kurz, aber das wars dann auch.


    Zu Silvester z.B. wenn sie sich dann aufs Bett verkriecht, soll man dann neben ihr sitzen und so tun als wäre nichts oder wie verhält man sich da am besten?

  • Vielen Dank für die ganzen Antworten :)


    Die Zeit um Silvester herum ist ganz schlimm, aber vor Gewitter z.B. hat sie gar keine Angst, außer es donnert mal sehr sehr laut, dann erschrickt sie zwar kurz, aber das wars dann auch.


    Zu Silvester z.B. wenn sie sich dann aufs Bett verkriecht, soll man dann neben ihr sitzen und so tun als wäre nichts oder wie verhält man sich da am besten?

    Ich lass meine Hunde entscheiden, was ihnen am liebsten ist. Die eine sucht Körperkontakt, die andere verkriecht sich in die letzte Ecke. Ich bin derweil einfach nur anwesend, biete Schutz und Sicherheit wenn die Hunde es brauchen, konzentriere mich aber ansonsten nicht permanent auf sie. Also ich rede jetzt nicht am laufenden Band beruhigend auf sie ein oder streichle sie übertrieben oder ungewollt.

  • Diego hat sich oft zu mir gesetzt und hat den Zitteraal gegeben, und entsprechend gehechelt.

    Ich habe ihn dann wortlos in den Arm genommen und gehalten, das beruhigte ihn etwas.

    Er hatte auch vor Gewitter Angst, und bei Sturm war es ihm im Haus unheimlich, wenn er draußen war machten im Sturm, Regen, Hagel und Schnee nichts aus.:smile:

    Das Wetter an sich war ihm meistens egal, es durfte nur keine Knallgeräusche machen.:nicken:

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