Hallo und guten Morgen!
Vorab, der Text wird etwas länger, da ich die Situation gerne als Ganzes umschreiben möchte, damit man sich ein besseres Bild machen kann.
Ich lebe jetzt seit anderthalb Jahren mit meiner Schäferhund-Entlebucher Sennenhund-Mix-Dame Jolanda zusammen. Jolanda ist jetzt fast 4 Jahre alt und sehr isoliert aufgewachsen, sprich, sie sollte mit anderen Hunden zusammen ein Grundstück bewachen und war Tag und Nacht an der Kette ohne jeglichen Menschenkontakt.
Mit 1,5 Jahren wurde sie dann total unterernährt und mit verfilztem Fell sowie einigen Bissnarben beschlagnahmt und kam ins Tierheim.Ich habe davor lange überlegt, ob ich mir wirklich wieder einen Hund holen soll, da wir hier in der Nachbarschaft und auch direkt bei mir im Haus so einige Hundehalter haben (spontan fallen mir mindestens fünf an der Zahl ein) , die ihre Schoßhündchen zu regelrechten Kläffern erzogen haben. Diese Hunde keifen grundsätzlich andere Hunde an, vor allem solche, die größer sind als sie selbst, einige sind auch so, dass sie nahezu alles ankläffen, was sich bewegt und werden dann auch noch von ihren Haltern unwissentlich
verstärkt (streicheln, gut zureden im Sinne von "Ach Charliiiiie... du bist doch so ein guter Junge.. warum regst du dich denn so auf, hm? Hier hast du einen Keks, dann kannst du nicht so viel bellen!" oder eben das gute alte Hochnehmen.
Mein erster eigener Hund war ein kastrierter Labradorrüde aus zweiter Hand, der diese kleinen Monster mit wirklich stoischer Ruhe ertragen und sie keines Blickes gewürdigt hat. Also suchte ich mir gezielt wieder einen Hund, der sowas, ich sage mal, ebenso "wegstecken" kann und nicht auf dieses Theater mit einsteigt. Mir wurde dann eben im Tierheim Jolanda empfohlen, sie sei ganz toll verträglich in der Hundegruppe (wovon ich mich mehrfach selbst überzeugen konnte) und würde andere Hunde beim Spaziergang auch weitgehend ignorieren. ich ging dann mehrmals mit ihr Gassi, fast 4 Wochen lang, und es war tatsächlich so, dass sie andere Hunde auf dem Spaziergang komplett ignorierte. Mittlerweile denke ich, das lag einfach daran, dass sie nicht wirklich viel kannte und mit den ganzen Außenreizen so beschäftigt / überfordert war, dass sie gar keine Zeit hatte, zu überlegen, ob sie den entgegenkommenden Hund nun doof finden soll oder nicht.
Ich nahm sie also zu mir und bereits am ersten Tag begegnete uns einer der kleinen Nachbarskläffer, der natürlich ein riesen Hupkonzert veranstaltete, als wir im Treppenhaus auf ihn trafen. Die Situation war richtig ungünstig, ich ging am Aufzug vorbei, der gegenüber meiner Wohnungstür ist und in dem Moment öffnet sich der Aufzug und Hund samt Herrchen kommen raus, der Hund natürlich mit gespannter Leine vorausziehend.
Jolanda stieg voll darauf ein, schoß richtig mit Pfeffer nach vorne, ehe ich überhaupt verstanden hatte, was da vor sich geht, stellte eine Bürste, bellte, fletschte und gebärdete sich, als hinge ihr Leben davon ab. Ich führte sie dann flott an der abgewandten Seite vorbei und suchte mir noch am selben Tag eine Hundeschule für Begegnungstraining. Wir haben hier sehr, sehr viel "Zeigen und Benennen" geübt und es hat wirklich super geklappt. Sie ist ein intelligenter Hund, der genau weiß, was man von ihm möchte und zudem extrem fixiert ist auf Futter. Sie würde dafür glaube ich nahezu ALLES tun. ;-) Ich fand die Methode auch toll, weil man eben über positive Verstärkung und nicht mit Strafe arbeitet.
Das Problem an der Sache ist nun, dass mir unsere Nachbarshunde jeglichen Fortschritt wieder "kaputt machen", denn wir haben hier einfach unweigerlich allein schon beim Gang durchs Treppenhaus (der nicht vermeidbar ist, wenn man die Wohnung verlassen möchte) und durch die Wohnanlage (der ebenfalls nicht vermeidbar ist ) immer so viele "spontane" Hundebegegnungen, dass sie jedesmal wieder extrem hochfährt und ich muss sozusagen wieder von vorn anfangen mit dem Training.
Haben wir z.B. in der Hundeschule einen Abstand von 1 Meter erarbeitet, in dem sie ruhig bleiben kann, dann rastet sie nach so einer schlechten Hundebegegnung wieder auf große Entfernung aus. Ich habe nahezu alles versucht, um diesen Begegnungen zu entgehen, aber was soll ich sagen, das meiste sind eben Rentner, die eh den halben Tag draußen rumgurken oder eben im Treppenhaus mit den Hunden rumlungern und dort Schwätzchen halten. -.- Und irgendwann MUSS ich eben dort vorbei und kann natürlich schlecht sagen "Reden Sie doch bitte woanders weiter, jetzt komm ich mit meinem Hund!"
Ich habe auch schon aktiv versucht, diese Leute anzusprechen und vorzuschlagen, mal gemeinsam Gassi zu gehen, erstmal mit großem Abstand und diesen dann verringern, damit die Hunde sich aneinander gewöhnen können. Die Leute sind aber so verbohrt und uneinsichtig, oder es ist ihnen schlichtweg egal, jedenfalls hatte keiner Interesse an sowas, ich wurde vielmehr noch belächelt und es kamen Kommentare wie "Mein Hund war schon immer so, ich hab mich daran gewöhnt.", oder auch "Ist doch nicht MEIN Problem, Wenn Sie ihren Hund nicht im Griff haben. Meiner bellt nur, weil er Angst vor Ihrem hat!"
Mir ist inzwischen klar, dass ich bei solchen Begegnungen einfach nur noch Managament betreiben kann, aber ich weiß eben nicht, wie. Ablenken ist auf geringem Abstand natürlich nicht mehr möglich, ich habe nun aber auch schon mehrfach in der Hundeschule gehört, dass man einen Hund weder blocken, noch Zurückdrängen oder mit Zischlauten, schimpfen, nassspritzen etc. korrigieren soll, da er dann in so einer Situation angeblich das Vertrauen in den Halter verliert, weil der Halter ihn "bedrängt", nicht ernst nimmt und die Situation damit noch schlimmer macht. Das hat mich zugegebenermaßen stark verunsichert, denn ich dachte immer, ich soll dem Hund ja mitteilen, dass sein Verhalten nicht erwünscht ist und fände es irgendwie fehl am Platz, wenn sie hochgeht wie ein Atompilz und ich nur doof danebenstehe und es ignoriere?!
Die Frage ist halt, WAS soll ich stattdessen tun? Es gibt ja im Grunde nicht mehr viel, was da übrig bleibt, um Jolanda zu sagen, sie soll aufhören mit dem Theater, denn ignorieren finde ich persönlich irgendwie sinnlos?
Generell ist sie übrigens verträglich mit Artgenossen, wir haben hier einige gute Bekannte (hauptsächlich Gassibekanntschaften vom Tierheim), mit denen wir regelmäßig laufen gehen, sie geht auch ansonsten an der Leine an anderen Hunden, die nicht fixieren oder Terror machen vorbei, schaut vielleicht mal kurz rüber und das wars, sie liebt meine Katzen und ist auch gegenüber Menschen null aggressiv.
Ich hoffe sehr, dass mir jemand einen Ratschlag hat!