Rassehundezucht = Die heilige Kuh? Fragen zur Rasseneugründung und gezielten Mischlingszucht

  • Angeregt durch eine Facebookgruppe, die sich mit der Zucht von Mixen, speziell für den Hundesport beschäftigt, wollte ich hier mal eine (hoffentlich konstruktive) Diskussion zu diesem Thema anregen.
    Gezielte Mischlingszucht wie z.B. das muntere 'gedoodle' und die damit einhergehenden, falschen Versprechungen und absurden Preise werden hier im Forum häufig - und meiner Meinung nach berechtigterweise - kritisiert.
    Trotzdem habe ich mir beim durchschauen, der Gruppe und beim Gedanken an neue Designer Rassen wie "Wäller" und "ELO" die Frage gestellt, warum gezielte Mischlingszucht bzw. Bestrebungen neue Rassen zu gründen, so extrem abwertend und negativ gesehen werden.
    Natürlich sehe ich die Problematik daran, zum Beispiel einen Wäller, also einen Mischling aus Aussie und Briard, als den perfekten Familienhund zu verkaufen (Minus und Minus ergibt Plus? Oder welcher Logik folgt da die Argumentation?) oder zu behaupten, dass ein Doodle (welcher Art auch immer) definitiv nicht haare und selbstverständlich immer bestens geeignet für Allergiker sei.
    Aber in Zeiten immer kleiner werdender Genpools und durch fragwürdige Richter- und Züchterentscheidungen übertypisierter Rassehunde (und nein, das soll kein Angriff auf durchdachte, verantwortungsvolle Rassehundzucht an sich sein), kann es doch durchaus sinnvoll sein, über den Tellerrand zu blicken und mit einem klaren Ziel vor Augen, auf eine neue Rasse (oder Verbesserung bestehender Rassen durch Fremdblut) hin zu arbeiten? Wie im Fall der Mitglieder der genannten Facebook Gruppe zum Beispiel den perfekten Hund für "den Hundesport" zu züchten. (Natürlich gibt es viele Arten von Hundesport, von denen jeder eigene Anforderungen mitbringt und somit auch eine andere Selektion verlangt, aber das soll jetzt nicht Thema sein hier.)
    Hunde wurden Jahrhunderte lang nach den Bedürfnissen der Menschen der Zeit selektiert (Hütehunde, Gesellschaftshunde, Gebrauchshunde, usw.). In der heutigen Zeit hat der Hund einen anderen Stellenwert als früher und Hundesport (um bei dem gleichen Beispiel zu bleiben) ist für viele Menschen eine intensive Freizeitbeschäftigung. Was spricht also hypothetisch dagegen, natürlich unter Berücksichtigung von Gesundheit und Wesen, einen Hund zu züchten, der sich explizit für Sportart XY eignet?

    Mir kommt es so vor, als werde alles, was außerhalb der FCI oder einiger weniger Dissidenzvereine geschieht, automatisch als unreflektierte Vermehrerei deklariert.
    Kommt es mir nur so vor oder ist die Rassehundezucht heutzutage mit und trotz ihrer Fehler die heilige Kuh der Hundeszene?


    Ich hätte gerne noch einiges mehr geschrieben zum Thema, allerdings verkrampfen sich meine Finger langsam vom Tippen am Handy.
    Der Titel und Text sind mit Absicht etwas provokativ gewählt. Ich hoffe auf eine rege und sachliche Diskussion und eine Antwort auf die Frage, warum Züchten außerhalb der (hauptsächlich von der FCI vorgegebenen) Rassenormen in Deutschland unter allen Umständen scheinbar absolut induskutabel schlecht zu sein scheint.

  • Hmh hmh.
    Der perfekte Sporthund. Joa..klingt toll. Mehr aber auch nicht (fuer mich persoenlich)
    1. nimmt der Sport - egal wie intensiv betrieben - nur einen geringen Teil des Lebens ein (und da der Hund ja eher nicht nur als Sportgeraet gehalten/angesehen werden soll, muss er mAn in den Alltag passen)
    2. wie ist denn der perfekte Hund fuer Sport A oder B, den es in den zig vorhandenen Rassen nicht gibt?
    3. wie soll da selektiert werden?
    4. wieso soll es ausgerechnet mit so einem Zuchtziel keinen kleinen Genpool geben?


    Ich hab kein Thema mit Zucht ausserhalb der FCI. Wenn es eben durchdacht gemacht wird. Es gibt auch genug Hunde, die so gezuechtet werden. X-er, nvbk-Belgier, Heideterrier, Altdeutsche Huetehunde, usw.
    Aber da steht halt ganz klar die Arbeitsleistung (und damit meine ich jetzt keinen Sport wie wir ihn so kennen) im Vordergrund - zumindest bei den ersten 3 genannten Rassen.

  • [...] warum gezielte Mischlingszucht bzw. Bestrebungen neue Rassen zu gründen, so extrem abwertend und negativ gesehen werden.

    Ist das denn überhaupt so? :ka: Den Eindruck hatte ich bisher gar nicht so, aber vielleicht bin ich ja bloß nicht in der Ecke des Internets unterwegs.


    Also klar, dass seltsame Werbeversprechen ("Doodle haart garantiert nicht", "Wäller ist ein super Familienhund", "Mops + Beagle ist voll gesund", usw.) kritisiert werden, finde ich gut und richtig. :gut:


    Aber ich hab' z.B. noch nie ernstzunehmende Kritik daran gesehen, dass bei Altdeutschen Hütehunden ja die Schläge untereinander gekreuzt werden. Oder jemand gezielt Gebrauchshundemischlinge (X-Herder und wie sie alle heißen, bin da überhaupt nicht im Thema :smile: ) züchtet. Oder jemand ein Problem mit Hounds für den Zughundesport hätte. Gibt's da echt Leute, die sowas kritisieren?

  • Und der Jäger jagd nicht den ganzen Tag und der Hütehund ist, wenn die Schafe im Stall sind, im Zwinger.
    In der entsprechenden Gruppe werden zB Whippets in gängige Sportrassen, wie den Border gekreuzt im Hinblick auf Flyball. (Ob diese Kreuzung jetzt sinnvoll ist, sei dahin gestellt)

  • Mein Problem damit ist, dass es immer nur "so eine Idee" von maximal 3 "Züchtern" ist. Es steht kein Plan dahinter.
    Border-Papillon. Border-Pudel. (Bei Border-Whippet gibt es wohl schon relativ viele - aber ob es da irgendwie gemeinsame Absichten gibt, weiß ich nicht.)
    In einer recht amerikanischen Gruppe wird das meist mit "ja, wir machen halt Sport, aber wir wollen das Anspruchsvolle des Borders nicht haben" gerechtfertigt. Das ist so ein bißchen wie "mal probieren, ob das was gescheites gibt".
    Für mich ist recht nebensächlich, ob jetzt ein gesunder, hübscher Border mit einem gesunden, hübschen Whippet "aus Sportgründen" verpaart wird, wenn ich mir so die vielen privaten Vermehrereien von allem möglichem ansehe. Andererseits ist es eben auch nur Vermehrerei, weil das übergeordnete Ziel fehlt.
    Bin da recht ratlos. Ich glaube aber nicht, dass man damit Border oder Whippets kaputt macht. Die gibt es ja weiterhin in allen möglichen Ausprägungen.
    Grüßle
    Silvia

  • in gängige Sportrassen, wie den Border gekreuzt

    Der Border ist für mich zum Beispiel keine gängige Sportrasse, sondern ein hochspezialisierter Hütehund.


    Die obengenannten Altdeutschen Kreuzungen finde ich ok, sie werden ja gezielt auf die vorgesehene echte Nutzung gezogen.

  • Ich finde es auch nicht unwichtig, ob so eine Mischung Sinn macht oder nicht.
    Ich frag nochmal: Was kann keine Rasse dieser Welt im Flyball, was eine neue Mischung aber kann? Wie wird da selektiert? Was soll der Whippet im Border verbessern, was dann auch im Alltag eine positive Auswirkung hat? Wieso soll dort dauerhaft ein grosser Genpool vorhanden sein?

  • Ich kenne die FB-Gruppe, die du meinst (denke ich).
    Davon mal abgesehen, dass da manche Mischungen echt furchtbar sind (und andere schon echt sehr interessant ...), ist das ja keine richtige "Zucht", sondern halt eher ... die Kreation eines "Endprodukts". Interessant auch, dass die Mischungen tatsächlich hauptsächlich für Flyball gezüchtet werden.


    In anderen Sportarten sehe ich das nicht so. Da scheint es irgendwie schon gute Rassen zu geben, da muss man nix mehr mixen ... bzw. kann man da wohl eh nicht mehr an Leistung "rausholen"?


    Im Zughundesport wird glaub ich ja auch viel gemixt oder? Zumindest sind die Hounds ja oft Mischungen? Aber da kenne ich mich nicht so aus.


    Ich persönlich habe absolut kein Problem damit, wenn man Hunde verpaart und ein sehr konkretes Ziel damit verfolgt und man diese Hunde dann am Ende auch tatsächlich für das gebrauchen kann, was man da so geplant hat.


    Sinnlos Rassen zusammenmixen macht da allerdings nicht so viel Sinn finde ich. Um wieder mehr Varianz und Gene in eine Rasse reinzubringen, fände ich Fremdeinkreuzungen auf jeden Fall auch in der Rassehundezucht sehr interessant. Dazu gabs ja auch mal zuletzt ein Thema hier.


    Ich denke schon, dass viele einfach zu sehr an ihren Rassen festhalten und so viel Angst vor "Veränderung" haben, dass sie lieber zugucken, wie die Rasse kaputt geht. Ich sehe in der Zukunft da noch so einige Probleme auf uns zukommen. Was man aktuell schon so an Baustellen hat, ist leider erschreckend.

  • Ich finde es auch nicht unwichtig, ob so eine Mischung Sinn macht oder nicht.
    Ich frag nochmal: Was kann keine Rasse dieser Welt im Flyball, was eine neue Mischung aber kann? Wie wird da selektiert? Was soll der Whippet im Border verbessern, was dann auch im Alltag eine positive Auswirkung hat? Wieso soll dort dauerhaft ein grosser Genpool vorhanden sein?


    Meine Vermutung ... kleine Hunde, die Strecke machen und triebig sind. Oft Mischungen aus BC/Whippet/Staffs/Terrier.


    Ich glaube um den "Alltag" geht es diesen Leuten eher nicht, hust ....

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