Herdenschutzhunde an der Herde und technischer Herdenschutz

  • Hey,


    ich finde das Thema sehr interessant. Leider kann ich mir nicht alle Videos ansehen, da ich grade Klausurenphase habe... Deshalb frag ich einfach mal ganz frech, auch wenn es vielleicht in den Videos erwähnt wird :pfeif:


    Wie ist das eigentlich mit Herdenschutzhunden und Hütehunden? Lassen die Herdenschutzhunde zu, dass die Hütehunde die Herde treiben? Also sind die HSH auch etwas für Wanderschäfer? Ich stelle mir die Frage inbesondere für Regionen wie die Nordheide, wo die Schäfer ja mit ihren Hütehunden und der Herde durchwandern. In der Nordheide ist auch echt was los, grade zur Blüte und die Wanderschäfer mit ihren Schnucken werden ja gezielt von den Besuchern angesteuert und sind quasi ein richtige Attraktion. Sind HSH da überhaupt machbar?

  • Wie ist das eigentlich mit Herdenschutzhunden und Hütehunden? Lassen die Herdenschutzhunde zu, dass die Hütehunde die Herde treiben?

    Wenn sie da richtig rangeführt wurden, ja.
    Hütehunde werden ja auch in der Koppel-Schäferei benötigt.
    Es gibt Schäfer, die die HSH quasi mittreiben lassen und es gibt Schäfer, die die HSH derweil im Auto parken oder anleinen. So, wie es am besten passt.


    Also sind die HSH auch etwas für Wanderschäfer?

    Grundsätzlich ja - da gibts auch bereits ein paar (oder Paar? :lol: ), viele sinds noch nicht, von.
    HSH sind ja immer auch "Hirtenhunde", d. h. sie SIND durchaus lenkbar vom Hirten.
    Ein Heideschäfer hat den HSH angeleint dabei - die Touris verhalten sich da nicht immer so, wie sie es sollten.

    Sind HSH da überhaupt machbar?

    Mit Einschränkungen und erheblichem Mehraufwand für den Schäfer.


    Hier ist ein Wanderschäfer in der Uckermark, der die HSH dabei hat - das ist allerdings nicht grad eine Tourihochburg:
    Dem Wolf Paroli bieten - Uckermark TV

  • Ich habe mal nachgelesen, welche Rassen sich als HSH eignen (und war überrascht, dass auch Berner Sennenhunde und Bernadiner dazu gehören) und auch erfahren, dass aber dennoch nicht jeder Hund dieser Rassen als Arbeitshund einzusetzen ist.
    Neben starker Territorialität und großer Eigenständigkeit muss es doch noch weitere Eigenschaften geben, oder?
    Wie findet man heraus, ob der individuelle Hund der Arbeit an der Herde gewachsen ist?
    Muss ein HSH schon als Welpe bei der Herde aufwachsen?

  • Ich habe mal nachgelesen, welche Rassen sich als HSH eignen (und war überrascht, dass auch Berner Sennenhunde und Bernadiner dazu gehören) und auch erfahren, dass aber dennoch nicht jeder Hund dieser Rassen als Arbeitshund einzusetzen ist.

    Bernhadiner und Sennenhunde seh ich da jetzt nicht so in der Position des klassischen Herdenschutzhundes, es mag sein, dass das früher mal anders war, ich weiss es nicht.
    Wären diese Rassen heute noch geeignet, hätten sich die Schweizer wohl eher da umgesehen, als sich Patous und Maremmani zu holen, denk ich mal.


    Wie bei allen anderen Rassen auch gibt es natürlich immer Individuen dazwischen, die sich für den geplanten Einsatz nicht eignen.
    Manchmal eignen sie sich grundsätzlich nicht - z. B. erhöhtes Aggressionspotential, der HSH an sich arbeitet ja eher defensiv, deshalb ist das ein ziemlich absolutes Ausschlusskriterium und manchmal eignen sie sich für die Bedingungen in einem speziellen Betrieb nicht so gut, kommen dafür aber z. B. mit einer anderen Tierart oder anderen Betriebsbedingungen gut klar.


    Es gibt auch HSH-Rassen, die zwischenzeitlich auf andere Einsatzzwecke gezüchtet/vermehrt worden sind.
    Bei Kaukasen und Kangals gibt es Zuchten, die für Militär-Arbeit eingesetzt werden, das sind Hunde, die man im Herdenschutz nicht brauchen kann.
    Und viele HSH-Rassen sind Opfer der Listen, weil sie als Ersatz herangezogen werden.


    Man muss also schon genau hinschauen, wo man Hunde herholt, die man im Herdenschutz einsetzen will.
    Meine Mc`s stammen aus einer Schäferei in NIedersachsen, ihre Eltern hatten sich bereits im Herdenschutz bewährt und hatten auch die Arbeitstauglichkeitsprüfung abgelegt.

    Neben starker Territorialität und großer Eigenständigkeit muss es doch noch weitere Eigenschaften geben, oder?

    Wenn man Territorium z. B. bei ziehenden Herden als "wabernde Aura" um die Herde bezeichnet, ja, dann spielt auch Territorial-Verhalten eine Rolle. Hinterm Zaun ist es klarer definiert. Wichtiger, um das richtig funktionierende Schutzverhalten zu bekommen, ist aber die Bindung an die Herde. Beide Tierarten gehen ja im Grunde eine Symbiose miteinander ein - die Hunde bekommen einen Sozialverband und die Herde Schutz. Auch in akuten Schutzsituationen "arbeiten" beide Tierarten nach durchlaufener Integration zusammen - so, wie ich es bei meinen Rindern beschrieben habe, die sich, wenn die Hunde agieren müssen, in der Mitte der Fläche aufhalten.
    Die Bindung an die Herde müssen die Hunde in der Regel aktiv erarbeiten - auch das gehört zu den Fähigkeiten, über die ein HSH verfügen muss.
    Das wirkliche Schutzverhalten der HSH zeichnet sich im Gegensatz zum reinen Territorial-Verhalten dadurch aus, dass sie Situationen eben immer aus Herdenschutz-Sicht bewerten.
    Der klassische Vorgarten DSH wird IMMER bellen, wenn wer vorbeigeht.
    Das macht der gut in die Herde integrierte HSH irgendwann nicht mehr, weil er das als harmlos für die Herde bewertet.


    Bis diese Symbiose wirklich läuft und die Zusammenarbeit klappt, können bis zu drei Jahren vergehen.


    Wie findet man heraus, ob der individuelle Hund der Arbeit an der Herde gewachsen ist?

    Ob ein Hund gute Voraussetzungen mitbringt, sieht man verhältnismäßig rasch, genau wie grosse Mängel, z. B. im Wesen.

    Muss ein HSH schon als Welpe bei der Herde aufwachsen?

    Jein. :lol:


    Es geht beides - wenn man ein Händchen dafür hat.


    Ich bin kürzlich mit der Nase auf eine Kangalin gestupst worden, die recht frisch aus der Türkei gekommen ist und im TH saß. Die Beschreibungen klangen gut - ich hätte es gewagt, weil sie gute Voraussetzungen mitgebracht hat.
    Ich glaube immer noch, dass sie hergekommen wäre und "Endlich!" gesagt hätte.
    Aber das TH wollte nicht so Recht.


    LG, Chris

  • Das finde ich schade. Wenn die Kangaline wirklich gute Voraussetzungen mitbringt und sozusagen frisch aus dem Ursprungsland eingereist ist, dann wird sie es schwer haben, sich in ein normales Familienleben einzufinden. Eine eigene Herde und zwei nette Kerle, die sie anleiten, wäre da schon passender gewesen.
    Man hört das ja öfter, dass Tierheime Hunde auf keinen Fall an Menschen vermitteln wollen, bei denen sie eine wirkliche Aufgabe haben dürfen. Jäger, IPO-Sportler, Rinderhalter scheinen ja gleich raus zu sein. Schade für die Hunde.

  • Ich bin kürzlich mit der Nase auf eine Kangalin gestupst worden, die recht frisch aus der Türkei gekommen ist und im TH saß. Die Beschreibungen klangen gut - ich hätte es gewagt, weil sie gute Voraussetzungen mitgebracht hat.
    Ich glaube immer noch, dass sie hergekommen wäre und "Endlich!" gesagt hätte.
    Aber das TH wollte nicht so Recht.

    Und sie hockt immer noch im Tierheim ... null Vermittlungschance hier in Hessen. Achman ... :verzweifelt:

  • können HSH eigentlich gut mit anderen Hunden wie Border Collie oder Altdeutschen Hütehunden zusammen arbeiten?

  • Man hört das ja öfter, dass Tierheime Hunde auf keinen Fall an Menschen vermitteln wollen, bei denen sie eine wirkliche Aufgabe haben dürfen. Jäger, IPO-Sportler, Rinderhalter scheinen ja gleich raus zu sein. Schade für die Hunde.

    Es gibt da tatsächlich auch TH, die zumindest in Bezug auf HSH schon umdenken.
    Aber die Vorurteile sind oft eben auch riesig, grad, was den Nutztierbereich angeht.
    Ich kann das Nicht-in-Arbeit-vermitteln bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen - man hat vom normalen TS-Hund eben andere Vostellungen einer geglückten Vermittlung.
    Sie haben immerhin drüber nachgedacht - das ist schon viel für die vermutlich erste Anfrage dieser Art.


    Und sie hockt immer noch im Tierheim ... null Vermittlungschance hier in Hessen. Achman ...

    Ja, das dürfte sehr schwierig werden.
    Grad, wo sie gut zu wissen scheint, wo ihr Platz in dieser Welt ist - da braucht es einen Halter, der sich wirklich mit diesen Hunden auskennt.

    können HSH eigentlich gut mit anderen Hunden wie Border Collie oder Altdeutschen Hütehunden zusammen arbeiten?

    Sie können sich gemeinsam - jeder in seinem Aufgabenbereich - um die Herde "kümmern". Hier kann man das ja in Teilen z. B. sehen in dem Video:


    Hier ist ein Wanderschäfer in der Uckermark, der die HSH dabei hat - das ist allerdings nicht grad eine Tourihochburg:
    Dem Wolf Paroli bieten - Uckermark TV

    Man sieht das auf Bildern und Videos z. B. auch oft so, dass die Schäfer die Herde für Behandlungen zusammentreiben und einpferchen und da stehen die HSH dann mit der Herde im Pferch und latschen auch durch den Behandlungsstand, während die Hütehunde die Herde zusammenhalten und in den Treibgang treiben.


    Oder auch auf den Alpen-Videos, die hier schon im Thread sind, sind ja meist behirtete Herden mit Hütehunden und HSH zu sehen.


    Wenn grad nix los ist, agieren die Hunde auch ganz normal miteinander.


    LG, Chris

  • Das finde ich schade. Wenn die Kangaline wirklich gute Voraussetzungen mitbringt und sozusagen frisch aus dem Ursprungsland eingereist ist, dann wird sie es schwer haben, sich in ein normales Familienleben einzufinden. Eine eigene Herde und zwei nette Kerle, die sie anleiten, wäre da schon passender gewesen.
    Man hört das ja öfter, dass Tierheime Hunde auf keinen Fall an Menschen vermitteln wollen, bei denen sie eine wirkliche Aufgabe haben dürfen. Jäger, IPO-Sportler, Rinderhalter scheinen ja gleich raus zu sein. Schade für die Hunde.

    Was die Vorraussetzungen und Das Risiko betrifft, war das Tierheim wohl anderer Meinung und haben von diesem „Wagnis“ Abstand genommen.


    ja, man hört ja öfters, dass Tierheime nicht jedem ihren Wunschhund vermitteln. Was dann die Betroffenen und Dunstkreis daraus entnehmen ist ihre Sache. wer daraus Pauschalurteile bilden möchte, kann dies gerne tun, das lässt sich nicht vermeiden. ;)

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